| # taz.de -- Politischer Aschermittwoch der CDU: Friedrich Merz, leicht gemäßi… | |
| > Beim Politischen Aschermittwoch wird oft kräftig zugelangt. In Apolda | |
| > aber spricht der CDU-Chef mit angezogener Handbremse – und warnt vor der | |
| > AfD. | |
| Bild: Plötzlich fast milde im Auftritt: CDU-Chef Friedrich Merz am Mittwochabe… | |
| Apolda taz | Zunächst scheint am Mittwochabend alles so, wie es auch vor | |
| vier Jahren war, als CDU-Chef Friedrich Merz schon einmal in Apolda zu Gast | |
| war, als Hauptact beim „größten Politischen Aschermittwoch | |
| Ostdeutschlands“, wie man in der Thüringer CDU stolz sagt. In der Halle der | |
| Vereinsbrauerei Apolda am Topfmarkt, die 1.200 Menschen fasst, ist es schon | |
| zu Beginn zu warm, die Leute sitzen dicht gedrängt auf Bierbänken, die | |
| Bedienung schleppt erst Bier in Glaskrügen heran, dann Teller mit | |
| Sahnehering und Salzkartoffeln, dann wieder Bier. Auf der Bühne sorgt eine | |
| Kapelle vor den Reden für Stimmung. | |
| Doch wer jetzt – wie beim Politischen Aschermittwoch üblich – Auftritte | |
| voller Polemik, [1][mit mancher Zote] und viel Witz erwartet, wird | |
| enttäuscht. Der Politische Aschermittwoch der CDU im Thüringer Apolda ist | |
| ein Abend mit angezogener Handbremse. Und Humor? Auf den wartet man | |
| vergeblich. | |
| Das mag daran liegen, dass Friedrich Merz vor vier Jahren noch um den | |
| Parteivorsitz kämpfte und manche Christdemokrat*innen in | |
| Ostdeutschland ihn für den Retter ihrer geschundenen CDU-Seele hielten – | |
| und das Ganze heute nüchterner sehen. Dass Mike Mohring, damals noch | |
| Landeschef der Thüringer CDU, ein schmissigerer Redner ist als sein | |
| Nachfolger Mario Voigt. | |
| Aber die Zeiten waren eben auch andere: Im Bund regierte noch die Große | |
| Koalition unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel, der Angriff Russlands auf die | |
| gesamte Ukraine war noch weit weg und die CDU lag mit der AfD in Thüringen | |
| noch etwa gleichauf, allerdings weit hinter der Linkspartei mit Bodo | |
| Ramelow an der Spitze – auch wenn gerade der FDP-Politiker Thomas Kemmerich | |
| mit Stimmen von AfD und CDU zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, was | |
| in Thüringen eine Regierungskrise auslöste. | |
| ## Kurswechsel im Umgang mit der AfD | |
| Jetzt steht hier im September eine Landtagswahl an und in den Umfragen | |
| liegt die AfD mit deutlichem Abstand vorn, trotz oder gerade wegen ihres | |
| [2][Frontmanns Björn Höcke], der vom Verfassungsschutz im Land als erwiesen | |
| rechtsextrem eingestuft wurde. | |
| Natürlich kommt auch der aktuelle Abend nicht ohne Kritik an der Ampel, | |
| Polemik gegen die Grünen, ohne Attacken gegen das Gendern, vermeintliche | |
| Essensvorschriften und das Bürgergeld aus. „Den größten Fachkräftemangel | |
| haben wir auf der deutschen Regierungsbank“, etwa ruft Merz in den Saal. | |
| Dann ätzt er, dass das Bürgergeld „subventionierte Arbeitslosigkeit“ sei | |
| und viele Einwanderer „gar nicht wollen, dass sie integriert werden“. Doch | |
| insgesamt überwiegt beim CDU-Chef diesmal ein etwas zurückhaltender, | |
| manchmal fast beschwörender Ton. | |
| Deutlich warnt er vor einem Wahlsieg der AfD. „Es wäre eine Schande für | |
| Thüringen, aber es wäre vor allem eine Schande für Deutschland.“ Die AfD | |
| stehe nicht nur für wirtschaftlichen, sondern auch für moralischen | |
| Niedergang. Die CDU, so Merz weiter, werde es nicht zulassen, dass | |
| „Nationalismus, Antisemitismus und Chauvinismus in diesem Land wieder | |
| salonfähig werden.“ | |
| Er betonte, seine Partei habe über den Jahreswechsel [3][ihre Strategie im | |
| Umgang mit der AfD] korrigiert: „Bis dahin waren viele von uns der Meinung, | |
| dass mit Ignorieren und Kleinreden irgendwann das Problem wieder | |
| verschwunden ist.“ Zudem warnt Merz, auch ganz direkt sein Publikum im | |
| Saal, vor einer Denkzettelwahl: „Diese Wahl wird ziemlich endgültig sein | |
| und dann ist für fünf Jahre das Schicksal für dieses Bundesland | |
| entschieden.“ | |
| ## Merz schwört auf einen Zweikampf | |
| Wie schon Landeschef und CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt, der vor ihm eine | |
| Wahlkampfrede gehalten hat, wie sie in den kommenden Monaten wohl häufiger | |
| zu hören sein wird, schwört Merz sein Publikum auf einen Zweikampf ein: | |
| zwischen AfD-Mann Höcke und eben Voigt. „Wir werden alles tun, dass Mario | |
| Voigt auf Platz eins liegt“, ruft Merz in den Saal. Die CDU will Bodo | |
| Ramelow von der Linkspartei auf eine Nebenrolle reduzieren – dabei ist der | |
| immerhin Ministerpräsident. Doch sein Name fällt an diesem Abend nicht. | |
| Das Ziel dahinter: Wer Höcke verhindern will, muss Voigt wählen. So will | |
| die CDU all jene hinter sich versammeln, die die Demokratie verteidigen – | |
| und die AfD auf Platz eins verhindern wollen. In den Umfragen hat sich die | |
| CDU inzwischen vor die Linke geschoben, was allerdings weniger an den | |
| Christdemokrat*innen als am Bündnis Sahra Wagenknecht liegen könnte, | |
| das der Linken Wähler*innen abspenstig macht. | |
| Der Applaus für Merz ist freundlich, frenetisch wie noch vor vier Jahren | |
| ist er nicht. Einmal kommen sogar zaghafte Buhrufe auf: Als der CDU-Chef | |
| nach der nächsten Bundestagswahl eine Koalition mit den Grünen nicht | |
| ausschließt. Dafür, das scheinen hier viele zu denken, habe man ihn doch | |
| ganz sicher nicht zum Parteichef gemacht. | |
| 15 Feb 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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