# taz.de -- Abgas von Lkw und Bussen: EU-Staaten für strengere CO2-Regeln | |
> Der europäische Kompromiss stand bis zuletzt auf der Kippe, weil die | |
> Bundesregierung einen Rückzieher machen wollte. Grund war eine Blockade | |
> der FDP. | |
Bild: Reisebus auf regennnasser Autobahn: Flottengrenzwerte regeln, wie viel kl… | |
Brüssel dpa | Eine Mehrheit der EU-Staaten hat nach einer Einigung | |
innerhalb der Bundesregierung in letzter Minute Pläne für strengere | |
CO2-Vorgaben für Lastwagen und Busse gebilligt. Das teilte die belgische | |
EU-Ratspräsidentschaft am Freitag mit. Das Vorhaben stand überraschend auf | |
der Kippe, weil sich die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP erst im | |
letzten Augenblick auf eine Zustimmung zu den neuen Regeln geeinigt hatte. | |
Mit den sogenannten Flottengrenzwerten ist geregelt, wie viel | |
klimaschädliches CO2 die Fahrzeuge künftig ausstoßen dürfen. Die | |
CO2-Emissionen von Reisebussen und Lkw sollen der Einigung zufolge bis 2040 | |
um 90 Prozent sinken – verglichen mit 2019. Der nun unter den EU-Staaten | |
abgestimmten Einigung muss auch das Plenum des Europaparlaments noch | |
zustimmen. | |
Der Entscheidung war – erneut – ein Koalitionsstreit in Berlin | |
vorausgegangen. Eigentlich hatten sich Unterhändler in Brüssel am 18. | |
Januar bereits grundsätzlich auf das Vorhaben geeinigt und in Brüssel war | |
man davon ausgegangen, dass die deutsche Regierungskoalition aus SPD, | |
Grünen und FDP den Plänen für die neuen CO2-Emissionsnormen zustimmt. | |
Danach sprachen sich allerdings die Teilnehmer eines FDP-Europaparteitags | |
strikt gegen Flottengrenzwerte aus und das FDP-geführte Verkehrsministerium | |
legte unter anderem unter Verweis eine fehlende Regelung für synthetische | |
Kraftstoffe ein Veto gegen die geplante Zustimmung der Bundesregierung ein. | |
Dieses wurde erst zurückgezogen, nachdem sich das Bundeskanzleramt | |
eingeschaltet hatte. Zudem drängte unter anderem auch der Verband der | |
Automobilindustrie auf verlässliche Entscheidungen. | |
## Auto-Branche lobt Einigung | |
Die deutsche Automobilindustrie begrüße grundsätzlich, dass EU-Rat und | |
EU-Parlament hinsichtlich der CO2-Flottenregulierung für schwere | |
Nutzfahrzeuge zu einer Einigung gekommen seien, hieß es. „Sie setzt einen | |
klaren Zeitplan, um die Implementierung emissionsfreier Lösungen auf dem | |
europäischen Markt voranzutreiben. Verlässlichkeit ist für die Unternehmen | |
der deutschen Automobilindustrie von großer Bedeutung.“ | |
Nach Angaben aus Regierungskreisen soll es aber eine Ergänzung geben. | |
Demnach soll eine verbindliche Regulierung eingefügt werden, um Lastwagen, | |
die nachweislich nur mit E-Fuels betankt werden können, unbefristet | |
zuzulassen. | |
Der Interessensverband eFuel Alliance teilte mit: „Nun haben wir einen | |
weiteren, letztlich zu nichts verpflichtenden Erwägungsgrund und müssen | |
darauf hoffen, dass die EU-Kommission diesen Ball aufgreift und weitere | |
Vorschläge zur Einbeziehung erneuerbarer Kraftstoffe vorlegt.“ Einen | |
ähnlichen Kompromiss gab es bereits beim Streit um das Verbrenner-Aus. | |
Ein Sprecher von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte am | |
Freitag, die geplante Verordnung über die CO2-Flottengrenzwerte mache keine | |
Vorgaben für bestimmte Antriebsarten. „Die Regelung schaut allein auf den | |
Auspuff der Fahrzeuge und priorisiert keine Kraftstoffoption.“ In dieser | |
Hinsicht sei sie schon immer offen gegenüber jeder Technologie, die kein | |
CO2 am Auspuff verursache. Es gebe in hohem Maße Spielraum für E-Fuels und | |
Biokraftstoffe. | |
Die Flottengrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge sind nicht das einzige | |
EU-Vorhaben, bei dem es in der Koalition auf den letzten Metern Streit gab. | |
[1][Auch beim EU-Lieferkettengesetz gibt] und beim [2][Gesetz um künstliche | |
Intelligenz] gab es wegen Bedenken der FDP Unsicherheit, über die deutsche | |
Position. Weil sich die deutsche Regierung – auch schon unter Angela Merkel | |
– oft nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnte, wird eine | |
Enthaltung in Brüssel auch als „German Vote“ bezeichnet. | |
Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Isabel | |
Cademartori sieht in der deutschen Zustimmung für neue CO2-Vorgaben ein | |
wichtiges Signal. „Die Einigung bringt nun die dringend benötigte | |
Sicherheit für die Industrie durch klare Rahmenbedingungen“, sagte sie. | |
9 Feb 2024 | |
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