| # taz.de -- Kongress Arbeit und Gesundheit: Ausgeliefert auf dem Rad | |
| > Die Arbeitsbedingungen bei den Lieferdiensten sind weiterhin schlecht. | |
| > Ein Diskussionsveranstaltung sucht nach Lösungen. | |
| Bild: Werden gedrängt auch bei gefährlichen Wetterlagen zu fahren: Rider:inne… | |
| Der Investment-Hype um Lieferdienste wie Getir, Wolt und Lieferando in | |
| Berlin mag vorbei sein, doch die Arbeitsbedingungen in der Branche sind | |
| immer noch mies. „Ich habe viele Rider gesehen, die nach einer Verletzung | |
| einfach weitergefahren sind“, berichtet [1][Wolt-Mitarbeiter] Muhammad | |
| Bhatti. Viele hätten Angst, in der Probezeit ihren Job zu verlieren, auf | |
| den sie angewiesen sind. | |
| Die Frage, wie sich die Arbeitsbedingungen in der Branche verbessern | |
| lassen, diskutierte Bhatti zusammen mit anderen Teilnehmer:innen am | |
| Dienstagnachmittag auf dem Panel „Ausliefern first, Gesundheit second?“. | |
| Die Diskussionsveranstaltung fand im Rahmen des Kongresses „Armut und | |
| Gesundheit“ an der FU statt. | |
| Robert Rath, Direktor des Landesamtes für Arbeitsschutz, betonte, dass | |
| seine Behörde in den letzten Jahren einige Erfolge erzielen konnte. | |
| Besonders in der Hochphase vor zwei Jahren, [2][als fast jeden Monat ein | |
| neuer Anbieter auf den Markt drängte], hatte die Behörde viel | |
| Aufklärungsarbeit leisten müssen. So sei es keine Selbstverständlichkeit | |
| gewesen, dass das Fahrrad ein Arbeitsmittel sei, dessen Sicherheit der | |
| Arbeitgeber gewährleisten muss. | |
| Bei den „Hubs“ genannten Verteilstationen von Online-Supermärkten wie | |
| Getir, Flink oder Gorillas hat die Behörde die Kontrolldichte stark erhöht. | |
| Bei Mängeln wie versperrten Notausgängen, Stolpergefahr oder ungeprüften | |
| Elektrogeräten wurden viele Hubs zeitweise dichtgemacht. „Am Ende der | |
| Pandemie hatten wir das Gefühl, die Szene ein wenig kontrolliert zu haben“, | |
| sagt Rath. | |
| ## Gute Arbeit in weiter Ferne | |
| Der Weg zu flächendeckend sicheren und guten Arbeitsbedingungen in der | |
| Branche ist trotzdem noch lang, dass zeigen nicht nur Bhattis | |
| [3][Erfahrungen bei Wolt]. Insbesondere migrantische Beschäftigte sind | |
| nicht ausreichend über ihre Rechte im Krankheits- oder Kündigungsfall | |
| informiert. Prekäre Beschäftigung, die selten über die Probezeit | |
| hinausgeht, und Aufenthaltsgenehmigungen, die bei Jobverlust auslaufen, tun | |
| ihr Übriges, günstige Bedingungen für Ausbeutung zu schaffen. | |
| Rider und Lieferando-Betriebsrat Eric Reimer will daher mit der von ihm | |
| entwickelten App Courier Orange Rider:innen ermutigen. In 12 | |
| verschiedenen Sprachen können diese sich über ihre Rechte informieren. So | |
| setzt Lieferando Fahrer:innen häufig unter Druck, bei gefährlichen | |
| Wetterlagen trotzdem zu arbeiten. „Wir dürfen bei schlechtem Wetter | |
| pausieren, aber Lieferando will das nicht“, erklärt Reimer. So lädt die App | |
| Wetterwarnungen vom Deutschen Wetterdienst und klärt über die Rechtslage | |
| auf. | |
| Letztendlich führe aber kein Weg an Betriebsräten vorbei, sagt Veit Groß | |
| von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die Lieferdienste | |
| versuchten immer wieder, die Gründung von Betriebsräten zu verhindern – | |
| bislang gibt es nur einen bei Lieferando. „Da wird versucht, elementares | |
| deutsches Arbeitsrecht zu umgehen“, kritisiert Groß. | |
| 6 Mar 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jonas Wahmkow | |
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