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# taz.de -- Erschöpfte Verantwortungsträger: Führungsgeile unter sich
> Deutschlands Spitzenpersonal ist zunehmend schlapp. Verantwortung macht
> aber halt auch müde – und sollte im Job vielleicht nur vorübergehend
> sein.
Bild: Zum Gähnen verführt: Löwe in London
Deutschlands erschöpfte Chefs“ spricht mich [1][die Schlagzeile auf
SpiegelOnline] an. Fast zwei Dritteln des hiesigen Führungspersonals, so
eine Studie, gehe aktuell der Saft aus. Mich hat niemand befragt, aber das
Ergebnis überrascht mich nicht, in meiner journalistischen Laufbahn war ich
selbst ein paar mal Chef.
Die letzte Episode endete mit Schwindel und Schweißausbruch in der
überhitzten U-Bahn, als ich schon wieder die Handynummer eines Lobbyisten
auf meinem Handy aufblitzen sah, dem einer unserer Artikel nicht gefallen
hatte. Zum Glück war die U-Bahn voll, ich konnte nicht umfallen, und ich
fiel nicht in Ohnmacht, weil ich eine Flasche Wasser dabei hatte, von der
ich, wie aus dem [2][Antipanikattackenlehrbuc]h mir kleine Schlucke
einflößte.
So kam ich dann doch noch rechtzeitig zum Schulevent der Tochter – es sind
ja immer die vielen Hochzeiten, auf denen man tanzen will, die einen
killen.
Die Angelegenheit berührt und betrifft mich auf mehreren Ebenen. Zum einen
natürlich als Haushaltspartner einer Führungskraft – was davon durch die
Autorisierung geht, ist hier ab und an nachzulesen. Dann führe ich selbst
einen Haushalt, in diesem Winter des Missvergnügens ein erschöpfendes
Business. Ich habe Kinder, die bei der Grießbrei- und Lasagneversorgung
sich auf mich verlassen, die ein Recht haben auf Erziehung, trage also
inhouse Personalverantwortung.
## Respekt für Führung
Weil das so ist, habe ich Führungsaufgaben im Betrieb immer als Amt
verstanden. Ein Amt ist etwas, das nicht anzustreben, aber zu akzeptieren
ist („Das Amt muss zum Mann kommen“; Winfried Kretschmann u. v. a.). Da
meine Führungsposition als Elternteil nie ganz enden wird, konnte ich mir
Führung beruflich immer nur als Projekt vorstellen, als Übergang oder mit
einer zu realisierenden Aufgabe, klar definiert und zeitlich begrenzt.
Vom Charakter her lehne ich Führung eher ab. Ich möchte nicht geführt
werden; zumindest, solange meine körperlich-geistige Verfassung das nicht
unumgänglich macht. Wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, darüber lässt sich
natürlich streiten. Meine Frau sagt, ich sei renitent–beratungsunwillig,
ich sehe mich in einer antiautoritär-anarchistischen Tradition. Weil das
alles so ist, bin ich solidarisch mit denen, die Führungsaufgaben
übernehmen oder sagen wir besser, ich habe Respekt vor ihnen, nicht
zuletzt, weil mir meine U-Bahn-Episode ja vorgeführt hat, wo die Sache
enden kann beziehungsweise dann schleunigst enden sollte.
[3][„Die Macht reibt den auf, der sie nicht hat“, lautet ein berühmtes
Zitat, das dem italienischen Politiker und Oberzyniker Giulio Andreotti
zugeschrieben wird]; und es gehört zu den unumgänglichen Lektionen des
Lebens, dass für manche Menschen nichts befriedigender ist, als andere
herumzukommandieren.
Dass man auf der Führungsebene verschärft mit solchen Menschen zu tun hat,
ist, soweit ich höre, der Hauptgrund für viele, sie baldmöglichst wieder zu
verlassen. Weswegen die Führunsgeilen dann unter sich sind – möglicherweise
ja der Grund für ihre Erschöpfung.
Zum Schluss: Johanna von Koczian ist mit 90 Jahren gestorben. Von ihr
[4][wird der Schlager bleiben, der dieser Kolumne den Titel gibt.] Wer sie
als Schauspielerin würdigen will, schaue sich zum Beispiel den Tatort
„Gegenspieler“ aus dem Jahr 1987 an, Drehbuch Ulf Miehe, Kommissar Helmut
Fischer. Lohnt sich, sage ich mal als ehemalige Führungskraft.
18 Feb 2024
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/karriere/deutschland-zwei-drittel-der-fuehrungskraef…
[2] /Ratgeber-zum-Umgang-mit-der-Angst/!5870205
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Giulio_Andreotti
[4] https://www.youtube.com/watch?v=vA7HFQlwdZY
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
Kolumne Das bisschen Haushalt
Führungspositionen
Burnout
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