| # taz.de -- Von Las Vegas nach Apolda: Tage wie im Flug | |
| > Unsere Autorin startete die Woche gedanklich im Jet von Taylor Swift. Mit | |
| > dem Flieger von Friedrich Merz landet sie dann unsanft in der politischen | |
| > Realität. | |
| Bild: Wichtigstes Foto der Woche: Taylor Swift küsst Travis Kelce | |
| Eigentlich hat diese Woche doch nur eins interessiert: Der Superbowl. Vor | |
| zwei Wochen noch hätte ich höchstens vage sagen können, dass das | |
| irgendetwas mit Sport und den USA zu tun hat, jetzt bin ich zwar immer noch | |
| keine Superbowl-Expertin, aber ich weiß immerhin, wann und wo er dieses | |
| Jahr stattfand. Schuld daran ist Leonie Gubela. Meine Kollegin hat kürzlich | |
| [1][in einem hintergründigen Text für die wochentaz] das Phänomen Taylor | |
| Swift auseinandergenommen und sich selbst als Swiftie geoutet. | |
| Praktisch zeitgleich erklärten die US-Republikaner Superstar Taylor Swift | |
| zu ihrer Hauptfeindin. Denn: Sie könnte ja beim Superbowl am 11. Februar in | |
| Las Vegas [2][ihre Unterstützung für den Präsidentschaftskandidaten der | |
| Demokraten Joe Biden erklären]. Zu dessen Wahl hatte sie schon 2020 | |
| aufgerufen und damit einige ihrer Millionen Fans mobilisiert. Swift flog | |
| dann zwar mit ihrem Privatjet zum Football-Endspiel, machte die | |
| Befürchtungen der Republikaner aber nicht wahr. Brauchte sie auch gar nicht | |
| mehr. Schließlich war ihre Unterstützung für Biden mittlerweile in allen | |
| Medien durchexerziert worden. | |
| Wahlhilfe erhielt Biden außerdem noch von ganz unerwarteter Seite: vom | |
| russischen Präsidenten Wladimir Putin. Aber der Reihe nach: Am vergangenen | |
| Wochenende, kurz vorm Superbowl, erklärte Donald Trump auf einer | |
| Wahlkampfveranstaltung in South Carolina, [3][als Präsident würde er | |
| säumige Nato-Partner nicht vor Russland schützen] und Russland sogar „dazu | |
| ermutigen“, diese anzugreifen – so zumindest wurde seine Aussage | |
| interpretiert, Russland solle tun, „was auch immer zur Hölle sie wollen“. | |
| Putin zeigte sich davon unbeeindruckt. Stattdessen erklärte er in einem | |
| Interview sogar, er wünsche sich Biden als Sieger bei der | |
| US-Präsidentschaftswahl am 5. November. Denn der sei „erfahrener“ und | |
| „vorhersehbar“ – anders als Trump. Putin, selbst 71 Jahre alt, verteidigte | |
| den 81 Jahre alten Biden auch noch gegen die immer wiederkehrende Kritik, | |
| er sei alt und vergesslich. Trump ist übrigens 77. | |
| ## Söders Griff in die Mottenkiste | |
| Auch in Deutschland ist ja Wahlkampf, zwar noch nicht offiziell, und | |
| gewählt wird auch nur in ein paar Bundesländern, aber die Politischen | |
| Aschermittwoche von Ost bis Süd wurden bereits ausgiebig für Wahlkampfreden | |
| und Gegnerbashing genutzt. In Passau arbeitete sich CSU-Chef Markus Söder | |
| an den Grünen ab. Die machten „so viel Mist, eigentlich müssten sie selbst | |
| unter die Düngeverordnung fallen“, sagte er. Das finde ich sogar ganz | |
| witzig, auch wenn mir politisch gehaltvollere Grünen-Witze lieber sind. | |
| Dann griff Söder sehr tief in die Mottenkiste, als er Umweltministerin | |
| Steffi Lemke als Musterbeispiel für den Versuch der Grünen bezeichnete, die | |
| Freiheit der Fleißigen durch immer neue Auflagen einzuschränken. Sie sei | |
| eine „grüne Margot Honecker“ – langjährige Ministerin für Volksbildung… | |
| DDR. Schließlich warf er noch ein wenig Klassenhass mit ein, als er | |
| behauptete, sein Hund Molly habe im Gegensatz zum SPD-Generalsekretär Kevin | |
| Kühnert und der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang eine Ausbildung (zum | |
| Schutzhund). Tatsächlich haben beide Abitur, aber das Studium abgebrochen. | |
| Kurz zuvor hatten die Grünen wegen aggressiver Proteste und Blockaden ihren | |
| Politischen Aschermittwoch [4][im baden-württembergischen Biberach absagen | |
| müssen]. Fast zeitgleich mit Söders Rede wurde dann Ricarda Lang nach ihrem | |
| Auftritt in Schorndorf in der Nähe von Stuttgart von einem Mob verfolgt, | |
| der ihr „Hau ab“- und „Pfui“ hinterherrief. Sie musste von der Polizei | |
| geschützt werden. | |
| Da fragt man sich schon, wessen Freiheit der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz | |
| meint, die er bei seinem Auftritt am selben Abend im thüringischen Apolda | |
| so hochhielt. Wobei, man weiß es ja: Er meint die seine und die | |
| seinesgleichen. Die sogenannte Mittelschicht, die mit Privatjets zu | |
| Hochzeiten auf Sylt anreist. Oder sich zum Superbowl in Las Vegas jetten | |
| lässt. So wie Taylor Swift und über 500 weitere Mittelschichtler. Aber wenn | |
| wir uns alle nur noch ein bisschen mehr anstrengen, dann schaffen wir das | |
| auch. Ganz bald. | |
| 16 Feb 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Das-Phaenomen-Taylor-Swift/!5987807 | |
| [2] /Vor-dem-Super-Bowl/!5988595 | |
| [3] /Donald-Trump/!5988907 | |
| [4] /Juergen-Trittin-ueber-Proteste-in-Biberach/!5992495 | |
| ## AUTOREN | |
| Johanna Treblin | |
| ## TAGS | |
| Superbowl | |
| Friedrich Merz | |
| Kolumne Der rote Faden | |
| Donald Trump | |
| Bündnis 90/Die Grünen | |
| Taylor Swift | |
| Markus Söder | |
| Kolumne Die eine Frage | |
| Nato | |
| US-Wahl 2024 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Partei als Feindbild: Sind die Grünen giftig? | |
| Viele erklären die Ökopartei derzeit zum Hauptfeind. Dabei ist sie doch die | |
| einzige, die auf das Ende der „Normalität“ ernsthaft reagieren will. | |
| Europa, die USA und der Krieg: Ja zur Atombombe | |
| Wenn Trump wieder US-Präsident wird, könnte er Nato-Partner hängen lassen. | |
| Europa muss deshalb eigene Außenpolitik betreiben. | |
| Agentin-Verschwörung um Taylor Swift: Was angeblich jeder weiß | |
| Das Trump-Volk fürchtet Taylor Swift. Der Megastar soll in geheimer Mission | |
| für Präsident Biden unterwegs sein. Ist da vielleicht was dran? |