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# taz.de -- Protest gegen Weidel-Besuch: Nebelkerzen gegen Trillerpfeifen
> Am Samstag spricht AfD-Chefin Alice Weidel in der baden-württembergischen
> Mittelstadt. Dort wird sie von rund 1.500 Demonstranten ausgebremst.
Bild: Alice Weidel bekommt den Gegenwind der demokratischen Zivilgesellschaft z…
taz | BRETTEN Am Schluss hat Alice Weidel dann doch nach Bretten gefunden.
[1][Auf X, ehemals Twitter, hatte sie zuvor irrtümlich verkündet], am
Samstagabend im 25 Kilometer entfernten Karlsruhe aufzutreten. Als sie dann
im dunkelblauen Hosenanzug und weißen Sneakern mit halbstündiger Verspätung
in einer spröden Mehrzweckhalle in der baden-württembergischen Mittelstadt
auf die Bühne tritt, ist die Begeisterung bei den 400 Parteigängern groß.
Draußen stehen noch einmal so viele, die es nicht mehr in die volle Halle
geschafft haben. Sie stehen, nur von Barrieren getrennt, den etwa 1.500
Demonstrierenden gegenüber, die ihnen „Ganz Bretten hasst die AfD“
entgegenrufen.
Die SPD hatte mit einem breiten Bündnis zur Mahnwache gegen rechts
aufgerufen, die dann ziemlich laut ausfällt. Während Weidels Rede bilden
die Sprechchöre und Trillerpfeifen von draußen gut vernehmbar bis in die
Halle die Kulisse. Über die Demonstranten sagt Weidel verächtlich:
Deutschland marschiere wieder im Gleichschritt. „Alle dort auf der Straße
sind verhext von einer üblen Medienkampagne.“
Es ist einer der ersten Auftritte Weidels seit [2][dem Potsdamer Treffen]
von unter anderem AfD-Mitgliedern mit dem Rechtsextremisten Martin Sellner.
Und in dieser Wagenburgstimmung braucht es nicht viel, um die eigenen
Anhänger in der Halle in Begeisterung zu versetzen. Sie liefert ein
Destillat ihrer Bundestagsrede aus der vergangenen Woche, wiederholt unter
großem Applaus den Satz, die Ampelregierung hasse Deutschland, und
vergleicht die Recherchemethoden der Investigativreporter von Correctiv
erneut mit der Stasi.
Ungewohnt ist Weidels gönnerhaftes Bekenntnis zur Einwanderung. „Jeder, der
sich positiv in die Gesellschaft einbringt, ist selbstverständlich
willkommen“, sagt sie. Auch Menschen mit deutschem Pass und
Migrationshintergrund würden unter unkontrollierter Einwanderung leiden.
Applaus erhält sie dafür keinen in der Halle. Offenbar versteht auch ihr
Publikum ihre Bemerkungen als bloße politische Nebelkerzen, die von den
Remigrationsfantasien der Partei ablenken und den Diskussionen über ein
Parteiverbot kein neues Futter geben sollen.
## Weidels Logik: Staat nein, Subventionen ja
Genauer hinhören sollten die vielen Rentner und mutmaßlichen
Sozialleistungsempfänger in der Halle beim Wirtschaftsprogramm der
AfD-Vorsitzenden. Unternehmenssteuern müssten gesenkt werden und
Spitzenverdiener geringer belastet. „Indem der Bürger in Grund und Boden
besteuert wird, macht man ihn zu einem Vasallen“, sagt sie. „Wir brauchen
weniger Staat.“ Ein merkwürdiger Kontrapunkt gegenüber ihrer scharfen
Kritik, [3][die staatlichen Dieselsubventionen] bei Bauern trotz der
Proteste zu kürzen.
Elke Müller, 75, sitzt still im Publikum. Sie hatte sich früh angestellt,
um Alice Weidel zum ersten Mal zu hören. Ukraine-Geflüchtete durften bei
ihr kostenlos wohnen, sie kenne auch andere Flüchtlingsfamilien. Die
frühere OP-Schwester klagt über ihre geringe Rente nach 45 Jahren Arbeit
und dass angeblich so viel Steuergelder ins Ausland gehen. Auch dass
Ukraine-Geflüchtete Geld bekommen, ohne dafür arbeiten zu müssen, findet
sie ungerecht.
Deshalb wählt sie schon lange AfD und ist auch seit zwei Jahren
Parteimitglied. Sie zeigt ihren Mitgliedsausweis. Sie wisse nicht, warum
die Leute da draußen Angst vor der AfD hätten, sagt Müller. Beim Potsdamer
Treffen seien doch auch CDU-Mitglieder dabei gewesen. Alice Weidel habe ihr
gefallen, sagt sie. Was wird für sie denn besser, wenn Alice Weidel einmal
regieren sollte? Elke Müller antwortet entschieden: „Ich will doch nicht,
dass die AfD regiert. Die sollen nur der Regierung Feuer machen“.
4 Feb 2024
## LINKS
[1] https://twitter.com/i/broadcasts/1OwGWYpBAQpxQ
[2] /Rechtes-Geheimtreffen-in-Potsdam/!5985429
[3] /Subventionen-fuer-Agrardiesel/!5977769
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