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# taz.de -- Fachkräftemangel in Kitas: Entlastung gegen Burnout
> Gegen die anhaltende Krise fordert Verdi einen Entlastungstarifvertrag.
> Eine Befragung der Beschäftigten soll den Anfang machen.
Bild: Die Warnung ist nicht neu, die Idee eines Entlastungstarifvertrages schon
Berlin taz | Keine Bildung, sondern nur noch Aufbewahrung der Kinder –
unter den derzeitigen Umständen können Erzieher:innen oft nicht mehr
leisten. Seit Jahren warnen Kitabeschäftigte auf Demos, Protestaktionen und
in Brandbriefen vor einem Zusammenbruch des Kita-Systems. Doch geändert hat
sich bislang wenig. Nun will die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit
einem Entlastungstarifvertrag die Arbeitsbedingungen deutlich verbessern.
„Die Beschäftigten stehen kollektiv vorm Burn-out“, sagt
Verdi-Gewerkschaftssekretärin Tina Böhm. Schon seit vielen Jahren würden
[1][Kitas weit über ihrer Belastungsgrenze] arbeiten. Mit dem Tarifvertrag
will Verdi Probleme angehen, die Beschäftigte immer wieder äußern. Etwa
eine deutliche Verbesserung des Personalschlüssels, zum Beispiel durch die
Anrechnungen von Vor- und Nachbereitungen.
Viele Aufgaben, die zum Arbeitsalltag gehören, sind keine direkte
Kinderbetreuung. Trotzdem wird diese Arbeitszeit im Personalschlüssel als
Betreuungszeit mit eingerechnet, erklärt Böhm. Dazu gehören Fortbildungen,
Urlaub oder auch Elterngespräche.
Konkrete Forderungen will Verdi jedoch erst nach einer
Beschäftigtenbefragung entwickeln. Dabei fokussiert sich die Gewerkschaft
zunächst nur auf die 7.600 Beschäftigten der fünf Berliner
Kita-Eigenbetriebe. Das entspricht rund einem Fünftel aller
Erzieher:innen, der Großteil ist bei freien Trägern angestellt. Dort
sind die Probleme ähnlich. Da es sich beim Entlastungstarifvertrag im
Kitabereich um ein Pilotprojekt handelt, will Verdi zunächst mit den
staatlichen Kitas anfangen. „Uns ist bewusst, dass es keine leichten
Verhandlungen werden“, sagt Böhm. Mit dem Land Berlin habe die Gewerkschaft
aber einen direkten Ansprechpartner.
## Entlastungstarifverträge im Trend
Grund für die prekäre Situation ist vor allem ein erheblicher Mangel an
Fachkräften. Laut einer Ende November erschienenen Studie der Bertelsmann
Stiftung fehlen allein in Berlin knapp 20.000 Erzieher:innen.
Dementsprechend leidet die Qualität der Betreuung: Laut Studie werden mehr
als drei Viertel der Kitakinder in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel
nicht den kindgerechten Empfehlungen entsprechen.
Das ist belastend für Kinder und Erzieher:innen. „Viele Kolleginnen und
Kollegen haben der Branche längst den Rücken gekehrt“, sagt Böhm. Der
Exodus verstärkt die Belastung für die verbliebenen Erzieher:innen, eine
hohe Fluktuation in den Einrichtungen ist die Folge. Laut einer Umfrage des
Trägerverbands Kita Stimme bleibt ein Fünftel der Beschäftigten nicht
länger als ein Jahr in einer Einrichtung.
Während ein Entlastungstarifvertrag im Kitabereich eine Premiere wäre,
haben die [2][Pfleger:innen an der Charité, den Vivantes Kliniken] und
zuletzt im Januar am Jüdischen Krankenhaus bereits erfolgreich
Entlastungstarifverträge erkämpft.
Auch die Bildungsgewerkschaft GEW verfolgt den Verdi-Vorstoß mit Interesse:
„Ein ähnliches Projekt hat die GEW mit dem Tarifvertrag Gesundheitsschutz
bereits für Lehrkräfte gestartet“, sagt Sprecher Markus Hanisch. Er hoffe,
dass beide Gewerkschaften in Zukunft genügend Druck aufbauen können, um den
Tarifvertrag erfolgreich abzuschließen.
15 Feb 2024
## LINKS
[1] /Krise-in-den-Kitas/!5969612
[2] /Entlastung-fuer-Krankenhauspflegekraefte/!5847246
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
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