# taz.de -- Krieg in Nahost: Israel stürmt Klinik in Chan Junis | |
> Israels Armee ist in ein Krankenhaus eingedrungen, in dem Geiseln | |
> festgehalten worden sein sollen. Etliche NGOs warnen derweil vor einer | |
> „Hungersnot“. | |
Bild: Diese Patienten mussten das Nasser-Krankenhaus räumen und kamen am Donne… | |
BERLIN taz | Wieder rückt im Gazastreifen ein Krankenhaus in den Fokus der | |
Aufmerksamkeit: Israels Armee hat am Donnerstag das Nasser-Hospital in der | |
Stadt Chan Junis gestürmt. „Wir haben glaubwürdige Informationen, dass die | |
Hamas Geiseln im Nasser-Krankenhaus festgehalten hat“, [1][teilte] | |
Armeesprecher Daniel Hagari mit. | |
Die Informationen sind unabhängig kaum überprüfbar. Hagari nannte als | |
konkrete Quelle Aussagen von freigelassenen israelischen Geiseln und | |
fügte hinzu, dass vielleicht auch Leichen von getöteten Geiseln in dem | |
Krankenhaus lagerten. Es handele sich um eine begrenzte Aktion und die | |
Armee werde sicherstellen, dass das Nasser-Krankenhaus „seine wichtige | |
Funktion“ weiter ausüben kann. | |
Der Nasser Medical Complex ist eines von sechs Krankenhäusern in Südgaza, | |
die noch teilweise in Betrieb sind. Ein Großteil der Bevölkerung ist in dem | |
Gebiet auf engem Raum zusammengetrieben worden. Auch im Nasser-Krankenhaus | |
hatten sich nach UN-Angaben zuletzt rund 10.000 Schutzsuchende aufgehalten. | |
Am Mittwoch forderte Israel sie auf, das Krankenhaus zu verlassen. | |
Das von der Hamas geführte Gesundheitsministerium in Gaza gab an, die | |
israelische Armee habe auf dem Komplex auch Zelte von Binnenvertriebenen | |
und Krankenwagen angegriffen. Zudem seien Gräber innerhalb des Komplexes | |
zerstört worden. | |
Besonders in Chan Junis halten die schweren Kämpfe zwischen israelischen | |
Truppen und Hamas-Verbänden an, während das nur wenige Kilometer entfernte | |
Rafah aus der Luft bombardiert wird. In Rafah sollen sich Teile der Hamas | |
verschanzt haben, gleichzeitig haben sich weit mehr als eine Million | |
Menschen in die Stadt geflüchtet, um den Kämpfen zu entfliehen. | |
Unklar ist, ob Israel tatsächlich mit Bodentruppen auf Rafah vorrücken wird | |
oder ob die angekündigte Rafah-Offensive zunächst nur den Druck auf die | |
Hamas erhöhen soll, einem Abkommen zuzustimmen. Im Gespräch ist ein Deal, | |
der die Übergabe aller toten und lebendigen israelischen Geiseln im | |
Gegenzug zu einer mehrwöchigen Feuerpause und der Freilassung | |
palästinensischer Gefangener vorsieht. | |
Warnung vor selten ausgerufener „Hungersnot“ | |
Mit drastischen Worten hat der UN-Nothilfe-Beauftragte Martin Griffiths vor | |
Angriffen auf Rafah gewarnt. „Ich befürchte ein Gemetzel von Menschen in | |
Gaza“, teilte er mit. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung sei in Rafah | |
„zusammengepfercht“ und blicke „dem Tod ins Auge“. Griffiths, der früh… | |
UN-Jemen-Beauftragter war, betonte, dass die israelischen Angriffe in ihrer | |
„Intensität, Brutalität und Tragweite beispiellos“ seien. Er [2][warnte], | |
dass die Folgen eines Angriffs massiv sein würden, da humanitäre | |
Organisationen derzeit kaum helfen könnten. | |
16 Hilfsorganisationen erklärten in diesem Zusammenhang am Donnerstag: | |
„Aufgrund von Gewalt, Unsicherheit und Zugangsbeschränkungen ist die | |
Möglichkeit, humanitäre Hilfe zu leisten, deutlich zurückgegangen. Die | |
Belagerung des Gazastreifens ist einer der Hauptfaktoren, die die Lieferung | |
von Hilfsgütern behindern.“ Nach dem humanitären Völkerrecht seien die | |
Konfliktparteien verpflichtet, einen raschen und ungehinderten Zugang zur | |
Hilfe zu ermöglichen. | |
Weiter heißt es in der Erklärung, die unter anderem vom International | |
Rescue Committee (IRC) und Save the Children unterzeichnet wurde: „Die | |
einzige Möglichkeit, eine Hungersnot zu vermeiden, besteht darin, die | |
Verschlechterung der Gesundheits- und Ernährungssituation und die steigende | |
Morbidität zu stoppen, indem die Gesundheitsversorgung, die | |
Wasserversorgung und die sanitären Einrichtungen, die Fischerei und die | |
landwirtschaftlichen Flächen sowie die Märkte wiederhergestellt werden.“ | |
Eine wirkliche Hungersnot wird im Gegensatz zu einer Hungerkrise nur | |
äußerst selten von den Vereinten Nationen erklärt. | |
Bundesregierung gegen Verkleinerung Gazas | |
Aus IDF-Kreisen verlautete derweil, dass die Armee nicht in Rafah kämpfen | |
werde, solange die Stadt voller Menschen sei. Gleichzeitig ist | |
unwahrscheinlich, dass zeitnah Zeltstädte für die Palästinenser*innen | |
errichtet werden, wie es Israel einem Bericht zufolge Ägypten vorgeschlagen | |
habe. Ägypten würde sich damit dem Vorwurf aussetzen, die israelische | |
Offensive zu ermöglichen. Israel argumentiert, ein Angriff auf Rafah sei | |
notwendig, um die Hamas weiter zu schwächen. | |
Unterdessen mahnte auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock | |
(Grüne) bei ihrem Israelbesuch am Mittwoch und Donnerstag den Schutz von | |
Zivilist*innen an. Sicherheits- und Schutzkorridore seien nicht genug, | |
es brauche auch sichere Orte, an denen Menschen medizinisch versorgt werden | |
könnten. Die Grünen-Politikerin betonte, es fehlten Narkosemittel, selbst | |
Kinder müssten ohne Betäubung operiert werden. | |
Während Baerbock am Donnerstag auch Angehörige von Geiseln traf, teilte ihr | |
Ministerium in Berlin mit: „Es braucht eine neue Feuerpause. Der | |
katarisch-ägyptische Vorschlag zur Verknüpfung von Feuerpause und | |
Geiselfreilassung, ist eine Chance, die es zu ergreifen gilt.“ Weiter hieß | |
es, Gazas Territorium dürfe nicht verkleinert werden – auch nicht durch die | |
Einrichtung von Pufferzonen zwischen Gaza und Israel. | |
15 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://x.com/IDF/status/1758071158946038180?s=20 | |
[2] https://x.com/UN_News_Centre/status/1757868323675533481?s=20 | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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