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# taz.de -- Militärjet in Russland: Ein Absturz und viele offene Fragen
> Russland wirft der Ukraine vor, einen Militärjet auf russischem Gebiet
> abgeschossen zu haben. Angeblich 65 ukrainische Kriegsgefangene seien
> tot.
Bild: Ein in den sozialen Medien kursierendes Video soll den Absturz zeigen
KYJIW taz | Im westrussischen Gebiet Belgorod ist am Mittwoch eine
russische Militärmaschine mit angeblich 65 ukrainischen Kriegsgefangenen am
Bord abgestürzt. [1][In sozialen Medien kursierten Videos], die den Absturz
zeigen sollen: Über verschneiter Landschaft geht ein großes Flugzeug schräg
zu Boden, bis wenige Sekunden später am Horizont ein Feuerball und
schwarzer Rauch zu sehen ist. Der Absturz soll sich gegen 11 Uhr Ortszeit
ereignet haben.
In dem seit fast zwei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg gegen die
Ukraine ist der Absturz nun ein Thema beim Kampf um die Deutungshoheit.
Denn was auch immer passiert ist, unabhängig überprüfen lässt es sich
nicht. Einig sind sich beiden Seiten nur darin, dass ein Flugzeug
abgestürzt ist. Dabei soll es sich um einen Militärtransporter vom Typ
Iljuschin-76 handeln. Der Flugzeugtyp mit vier Triebwerken kann je nach
Version zwischen 40 und 60 Tonnen Last bewegen. Es wird auch zum Transport
von Luftlandetruppen eingesetzt.
Zunächst meldete sich der Gouverneur der russischen Region Belgorod
Wjatscheslaw Gladkow am Mittwoch im Onlinedienst Telegram zu Wort: „Alle
Personen an Bord wurden getötet.“ Ermittler und Rettungsdienste seien vor
Ort. Mehreren russischen Medien zufolge stürzte die Maschine in der Nähe
des Ortes Jablonowo ab, 45 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.
Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, an Bord der Maschine
hätten sich neben 65 ukrainischen Kriegsgefangenen noch sechs
Besatzungsmitglieder sowie drei Begleiter an Bord der Maschine. Nur drei
Stunden nach dem Absturz wollte der Duma-Vorsitzende Wjatscheslaw Wolodin
schon sicher sein, dass die Maschine „von drei Raketen eines in Deutschland
hergestellten Patriot- oder Iris-T-Flugabwehrsystems abgeschossen“ worden
sei, und sprach von einem ukrainischen Terrorakt. Beweise dafür fehlen.
## Ukraine vermutet Raketen an Bord
Kurz vor dem Absturz hatte Gouverneur Gladkow auf seinem Telegram-Kanal
erklärt, es sei Raketenalarm ausgelöst worden. Er rief Bewohner der Region
auf, Schutzräume aufzusuchen. Das könnte auch einen irrtümlichen Abschuss
durch die russische Luftverteidigung möglich erscheinen lassen.
Das angesehene ukrainische Nachrichtenportal Ukraijnska Prawda berichtete
unter Berufung auf ihre Quellen beim ukrainischen Militär, dass das
Flugzeug S-300-Raketen befördert habe. Die Ukraijnska Prawda hatte zunächst
auch berichtet, dass die ukrainischen Streitkräfte das Flugzeug
abgeschossen hätten. Die Information wurde jedoch später zurückgezogen.
Bei S-300 handelt es sich um ein in der Sowjetzeit entwickeltes System von
Boden-Luft-Raketen, die das russische Militär in großer Zahl besitzt. Die
Raketen können auch auf Ziele am Boden umprogrammiert werden, sind dann
aber nicht sehr genau. Wegen ihrer hohen Geschwindigkeit sind sie kaum
abzufangen.
Dass S-300 nach Belgorod gebracht werden, ist durchaus schlüssig. Russland
beschießt aus der Region Belgorod nämlich regelmäßig ukrainisches Gebiet
mit S-300 Raketen.
## Sieben ukrainische Abschüsse seit Dezember
Die ukrainische Regierung äußert sich in der Regel nicht zu
Militäreinsätzen auf russischem Gebiet. Am Nachmittag bestätigte ein
Sprecher des ukrainischen Militärgeheimdienstes, dass für Mittwoch ein
Gefangenenaustausch geplant gewesen war.
Ein Abschuss durch die Ukraine würde sich allerdings in eine Reihe
einordnen. Seit Anfang Dezember 2023 sind es mindestens sieben gewesen. So
hatte [2][Armeechef Walerij Saluschnyj] am 15. Januar bestätigt, dass die
Ukraine ein wertvolles russisches Radarüberwachungsflugzeug Berijew A-50
und einen fliegenden Kommandoposten vom Typ Iljuschin Il-22 in rund 100
Kilometer Entfernung von ukrainisch kontrolliertem Gebiet zerstört hat. Das
russische Militär dürfte also wissen, dass es in Frontnähe gefährlich ist.
Es wäre nicht das erste mal, dass Russland versucht, die Ukraine für den
Tod von Kriegsgefangenen verantwortlich zu machen: So hatte es im Juli 2022
behauptet, dass mehr als 50 ukrainische Kriegsgefangene im russisch
besetzten Ort Oleniwka durch [3][eine ukrainische Himars-Rakete] getötet
worden seien. Fotos deuteten jedoch darauf hin, dass innerhalb der Baracke
ein Brandsatz mit hoher Temperatur gezündet worden war.
24 Jan 2024
## LINKS
[1] https://twitter.com/CITeam_en/status/1750089033768960199
[2] /Ukrainische-Armee/!5882843
[3] /Waffenlieferungen-an-die-Ukraine/!5871364
## AUTOREN
Marco Zschieck
## TAGS
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