# taz.de -- Meduza-Auswahl 18. – 24. Januar: Ein russischer Spion in Estland? | |
> Die Universität in Tartu entlässt einen Professor, der der Spionage | |
> beschuldigt wird. Was ist am Vorwurf dran? Texte aus dem Exil. | |
Bild: Wjatscheslaw Morosow, Professor an der Universiät in Tartu wurde entlass… | |
Das [1][russisch]- und [2][englischsprachige] Portal Meduza zählt zu den | |
wichtigsten unabhängigen russischen Medien. [3][Im Januar 2023 wurde Meduza | |
in Russland komplett verboten]. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme | |
gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter | |
[4][taz.de/meduza] immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber | |
Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der [5][taz Panter Stiftung] | |
gefördert. | |
In der Woche vom 18. bis zum 24. Januar 2024 berichtete Meduza unter | |
anderem über folgende Themen: | |
Wie Moskau die LGBT-Bewegung als extremistisch einstufte | |
Der Oberste Gerichtshof in Russland hat die internationale LGBT-Bewegung | |
Ende 2023 als extremistisch zu eingestuft. Von welchen „Argumenten“ sie | |
sich dabei leiten ließ, untersucht Meduza [6][in diesem Beitrag] | |
(russischer Text). | |
Im Urteil des Gerichts heißt es, dass die „internationale LGBT-Bewegung“ in | |
den 1960er Jahren in den USA „als Teil einer Politik der Geburtenkontrolle“ | |
entstanden sei. 1984 sei sie auf dem Gebiet Russlands aufgetaucht, aufgrund | |
„außenpolitischer Einflüsse“, so das Gericht. Warum spricht das Gericht | |
immer wieder von einer „sozialen Bewegung“? Weil nur diese Form es dem | |
Obersten Gerichtshof ermöglicht, das Fehlen einer leitenden Person zu | |
ignorieren. Es handle sich, so das Gericht, um eine internationale | |
Bewegung, die durch „bestimmte Sitten, Gebräuche und Traditionen“ sowie | |
soziale und politische Ziele geeint ist. | |
Und „extremistisch“ sei die Bewegung, weil sie für Folgendes stehe: | |
Veränderung der Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung Russlands, | |
Aufstachelung zu sozialem und religiösem Unfrieden, Propagieren der | |
Überlegenheit oder Unterlegenheit einer Person aufgrund ihrer sozialen, | |
rassischen, nationalen, religiösen oder sprachlichen Zugehörigkeit. | |
## Alltag an der russisch-ukrainischen Grenze | |
Seit Ende Dezember 2023 wird die russische Grenzstadt Belgorod regelmäßig | |
von ukrainischen Streitkräften beschossen, um auf russische Angriffe auf | |
ukrainische Städte zu reagieren. Die unabhängige [7][russische | |
Journalistenkooperative Bereg] sprach mit Grenzbewohner*innen, Meduza | |
hat [8][Auszüge davon ins Englische übersetzt]. | |
„Wir kommen ursprünglich aus Kasachstan – erst seit November 2021 wohnen | |
wir in Belgorod. Am Anfang hatten wir keine Angst, aber seit dem 29. | |
Dezember ist es furchtbar! Mein Mann ging auf den Balkon – und direkt über | |
uns am Himmel waren Blitze zu sehen“, erzählt beispielsweise Polina (43). | |
„Ich habe Fragen an die Führung des Landes – ich hatte sie [als der Krieg | |
begann], und ich habe sie immer noch. Ich hoffe, dass dieses Jahr alles zu | |
Ende geht. Es ist mir eigentlich egal, wie es ausgeht. Hauptsache, es ist | |
endlich vorbei“, äußert sich Dmitri (36). | |
„Generell interessiere ich mich überhaupt nicht für Politik. Deshalb kam | |
[der Beginn des Ukraine-Kriegs] für mich wie ein Schock. Viele Leute um | |
mich herum sagten, es sei vorhersehbar gewesen, aber ich fragte mich: | |
Warum? Mir wurde schnell klar, dass es nicht gut ausgehen würde. Der | |
Beschuss von Belgorod und Schebekino war für mich keine Überraschung. Von | |
Beginn an trauere ich über das, was passiert – egal welche Seite | |
bombardiert wird“, erzählt Marina (35). | |
## Proteste für baschkirischen Aktivisten in Russland | |
„Freiheit für Fail Alsinow!“, schreien die Demonstrant*innen. Die | |
Verfolgung eines baschkirischen Aktivisten löste im östlichen Teil des | |
europäischen Russlands Mitte Januar einige der größten Proteste seit Beginn | |
des russischen Angriffskrieges aus. Der Grund der Demonstration war jedoch | |
nicht der Krieg, sondern die Forderungen Fail Alsinow, ein Anführer der | |
baschkirischen Nationalistenbewegung und prominenter lokaler Aktivist, | |
freizulassen. | |
Meduza [9][fasst die Lage in der Republik Baschkortostan zusammen] | |
(englischer Text). Seit Februar 2022 sind Alsinows politische Weggefährten | |
zunehmend kremlkritischer geworden. Ende letzten Jahres nutzte die | |
Staatsführung von Baschkortostan eine Äußerung Alsinows bei einer | |
Umweltdemonstration, um ihn vor Gericht zu bringen, wo er in der dritten | |
Januarwoche zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Der Originaltext, | |
den Meduza ins Englische übersetzt hat, stammt [10][aus dem russischen | |
unabhängigen Magazin Verstka], das einen Korrespondenten zum Gerichtstermin | |
schickte. | |
## Professor im Dienst des Geheimdienstes? | |
Was über den Professor der Universität Tartu bekannt ist, der derzeit der | |
Spionage für Russland beschuldigt wird, [11][schreibt Meduza in diesem | |
Beitrag] (englischer Text) auf. Ursprünglich erschien der Artikel bei dem | |
[12][unabhängigen St. Petersburger Medium Bumaga]. Er behandelt die | |
Erklärung der estnischen Sicherheitsbehörden für die Verhaftung | |
Wjatscheslaw Morosows und fasst die Reaktionen seiner Kollegen zusammen. | |
Morosow wurde Anfang Januar in Estland festgenommen. Zwei Wochen später | |
wurde er von der Universität Tartu entlassen. Die Leiterin des estnischen | |
Sicherheitsdienstes (ISS), Margo Palloson, erklärte gegenüber Journalisten, | |
dass Morosow den russischen Sicherheitsdiensten unterstellt gewesen sein | |
könnte, da er „regelmäßig“ nach Russland reiste. Laut Palloson „sollte… | |
Menschen ernsthaft überlegen, wie oft sie nach Russland reisen müssen, da | |
ein ernsthaftes Risiko besteht, vom russischen Geheimdienst unter Druck | |
gesetzt zu werden“. | |
Morosows Kollegen bleiben skeptisch gegenüber den Anschuldigungen. „Die | |
Universität Tartu hat Morosow aufgrund einer Verhaftung entlassen, noch vor | |
dem Prozess und noch bevor seine Schuld erwiesen ist. Die Universität hat | |
bewiesen, dass ihr sowjetisches Erbe in der Praxis stärker ist als ihr | |
europäisches“, so der St. Petersburger Historiker Ivan Kurilla, der Morosow | |
seit 25 Jahren kennen soll. | |
24 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://meduza.io/ | |
[2] https://meduza.io/en | |
[3] /Russische-Medien-im-Exil/!5911767 | |
[4] /Unser-Fenster-nach-Russland/!t5916992 | |
[5] /!v=4269299f-23bb-40f2-a4ea-2b1b1ae40192/ | |
[6] https://meduza.io/feature/2024/01/22/bezuslovno-priznanie-dvizheniya-lgbt-e… | |
[7] https://bereg.io/feature/2024/01/11/ya-lozhilas-spat-i-ponimala-chto-mogu-u… | |
[8] https://meduza.io/en/feature/2024/01/17/on-the-verge-of-a-nervous-breakdown | |
[9] https://meduza.io/en/feature/2024/01/19/freedom-for-fail-alsynov | |
[10] https://verstka.media/tisyachi-lydey-vishli-na-samiy-massoviy-protest-v-ro… | |
[11] https://meduza.io/en/feature/2024/01/19/well-known-in-his-field | |
[12] https://paperpaper.ru/pochemu-estoniya-podozrevaet-vyacheslav/ | |
## AUTOREN | |
Gemma Teres Arilla | |
Tigran Petrosyan | |
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