# taz.de -- KMK muss sich neu aufstellen: Abgang zweier Schwergewichte | |
> Mit Ties Rabe und Alexander Lorz treten die dienstältesten | |
> Bildungsminister ab. Das hat auch Folgen für KMK, die neue | |
> Koordinator:innen sucht. | |
Bild: Ties Rabe nach seinem Rücktritt im Hamburger Rathaus | |
Ties Rabe und Alexander Lorz hatten sicherlich sehr unterschiedliche | |
Vorstellungen von guter Schulpolitik: Rabe, der vor seinem überraschenden | |
Rücktritt am Montag knapp 13 Jahre lang Schulsenator in Hamburg war, setzte | |
beispielsweise konsequent auf datenbasierte Ressourcenverteilung und | |
förderte Gemeinschaftsschulen, die in Hamburg Stadtteilschulen heißen. | |
Mittlerweile gehen nach der Grundschule in etwa genauso viele | |
Schüler:innen dorthin wie auf das Gymnasium. Auch wenn Rabe den 2010 | |
getroffenen „Schulfrieden“ verwaltete, der das Gymnasium unangetastet ließ, | |
war die Handschrift des Sozialdemokraten in seiner Politik meist deutlich | |
zu sehen. | |
In Hessen hingegen, wo Alexander Lorz fast zehn Jahre Kultusminister war, | |
ist die „Einheitsschule“ auch heute eher geduldet denn gepusht. Das | |
mehrgliedrige Schulsystem hat Lorz, der im zweiten Kabinett von | |
Ministerpräsident Boris Rhein nun das Finanzministerium übernimmt, immer | |
verteidigt. „Eltern sollen auch zukünftig über die richtige Schule für ihre | |
Kinder entscheiden können“, ist eine seiner Grundüberzeugungen. Unter Lorz | |
hat Hessen als erstes Bundesland das Schulfach „Digitale Welt“ eingeführt … | |
ein „[1][digitales Hessen]“ war dem CDU-Politiker ein großes Anliegen, auch | |
in der Bildung. | |
## Geeint in der Beratung | |
So unterschiedlich die beiden auf Schule blickten, so geeint traten sie in | |
den vergangenen Jahren im Rahmen der Kultusministerkonferenz (KMK) auf. Und | |
ihre Stimme hatte deutlich mehr Gewicht als die ihrer Kolleg:innen. Als | |
langjährige Koordinatoren für die SPD- und Unionsgeführten Länder sprachen | |
Rabe und Lorz für das Gros der Bundesländer und saßen dem oder der | |
aktuellen KMK-Vorsitzenden immer zur Seite. | |
Das aktuelle Geschehen kommentierten sie dann oft deutlich schärfer. Vor | |
allem, wenn es darum ging, den Bund in die Schranken zu weisen oder sie an | |
finanzkräftige Wahlversprechen (zuletzt Startchancenprogramm oder | |
Digitalpakt II) zu erinnern. | |
Besonders sichtbar wurde ihr Einfluss unter den jüngsten KMK-Präsidentinnen | |
aus Berlin, Astrid-Sabine Busse (SPD) und Katharina Günther-Wünsch (CDU), | |
als die Zusammenarbeit mit Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger | |
(FDP) alles andere als glücklich lief: „Der Bund hat allerdings eine | |
gewisse Leidenschaft dafür, Programme anzuschieben und dann, wenn das | |
öffentliche Interesse nachlässt, zu sagen: ‚Macht ihr mal weiter, liebe | |
Länder!‘“, ätzte Lorz einmal im vergangenen Sommer, als er ein klares | |
Bekenntnis zur Fortführung des Digitalpaktes vermisste. | |
Auch Rabe fand: „Wenn sich herausstellt, dass Zusagen der Bundesregierung | |
nur eine Legislaturperiode lang halten, dann muss man über bestimmte Dinge | |
auch noch einmal verstärkt nachdenken“. Eine Kritik, die durchaus als | |
Drohung zu verstehen war. | |
## Wer kann Rabe und Lorz ersetzen? | |
Die [2][neue KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (SPD)] muss nun | |
ohne Rabe und Lorz auskommen. „Für die KMK ist es ein herber Verlust, an | |
einem Tag beide Koordinatoren von A- und B-Seite zu verlieren“, teilte | |
Streichert-Clivot in einer Stellungnahme mit. Rabe und Lorz hätten über ein | |
Jahrzehnt im Amt „die Geschicke der KMK entscheidend mitgeprägt“. Für die | |
die anstehenden Verhandlungen mit dem Bund, für die Streichert-Clivot im | |
taz-Interview gerade einen „anstrengenden Lauf bis zum Sommer“ | |
prognostiziert hat, braucht die KMK also dringend neue Koordinator:innen. | |
Zu möglichen Nachfolger:innen wollen sich die Länder zum jetzigen | |
Zeitpunkt noch nicht äußern. Als erfahrene Minister:innen kommen auf | |
B-Seite Christian Piwarz (CDU) aus Sachsen und Karin Prien aus | |
Schleswig-Holstein (CDU) in Frage – wobei Piwarz wegen der anstehenden | |
schwierigen Landtagswahl im Herbst wohl ausscheiden dürfte. Bei der A-Seite | |
ist neben der KMK-Präsidentin Streichert-Clivot lediglich Stefanie Hubig | |
(SPD) aus Rheinland-Pfalz länger als drei Jahre im Amt. | |
Noch ist offen, wann sich die Länder in der Frage beraten. Ende des Monats | |
will die KMK aber letzte Details zum geplanten [3][„Startchancen-Programm“] | |
für Brennpunktschulen nachverhandeln. Spätestens dann könnte die neue | |
Präsidentin zwei erfahrene Verhandlerinnen benötigen. | |
16 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Digitales-Schulfach-in-Hessen/!5893762 | |
[2] /SPD-Politikerin-ueber-Bildung-und-Kultur/!5982364 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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