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# taz.de -- Neues Rap-Album von Danny Brown: Der Geläuterte
> US-Rapper Danny Brown macht auf seinem neuen Album „Quaranta“ die
> Kehrtwendung zum Soulbrother. Er blickt jetzt tief in sich hinein.
Bild: Spirituell unterwegs: Rapper Danny Brown
„Quaranta“ heißt das neue Album des US-Rappers Danny Brown. Warum er für
den Albumtitel ausgerechnet eine Zahl ins Italienische übertragen hat, –
„quaranta“ bedeutet auf Italienisch vierzig, erklärt sich ganz einfach: 40
war das Alter, in dem der gebürtige Detroiter Künstler anfing, die Musik
für sein aktuelles Werk aufzunehmen. Damals, 2021, war Danny Brown, wie die
meisten Menschen auf der Welt, im Corona-bedingten Lockdown. Eine Art
Quarantäne, also fast ein Homonym zum Albumtitel.
Sein für einen Rapper fortgeschrittenes Alter war immer das
Alleinstellungsmerkmal des heute 42-Jährigen. Schon Browns Debütalbum „XXX�…
(2011) war eine ebenfalls weniger unterschwellige Anspielung auf sein
Alter, damals noch 30. Obwohl er laut eigener Aussage seit Teenagertagen
rappt, veröffentlichte Brown seinen ersten Tonträger im Vergleich zur
Konkurrenz reichlich spät.
Danny Brown fühlt sich schon immer wie [1][der alte Mann in den
Kinderparadiesen und Jugendzimmern des HipHop]: „Es ging mir nicht um ein
Alleinstellungsmerkmal. In der Zeit, als mein Debüt rauskam, haben viele
Rapper:Innen über ihr Alter gelogen und sich jünger gemacht, als sie es
in Wirklichkeit waren. Ich will mein biologisches Alter lieber annehmen,
anstatt es zu verstecken“, sagt Danny Brown der taz.
Der Künstler führt aus, die Themen auf „Quaranta“ seien die spirituelle
Fortsetzung von „XXX“. Inhaltlich verhalten sich die beiden Alben aber eher
zueinander wie Antagonisten. Während Brown auf „XXX“ noch die eigene
Verderbtheit glorifizierte, weshalb er seinerzeit derselben
[2][Rap-Kategorie wie Tyler, the Creator] zugerechnet wurde, klingt die
Musik auf „Quaranta“ nach HipHop-Katharsis.
## „Seelenvoller Spaziergang“
Der Rapper nennt das aktuelle Album einen „seelenvollen Spaziergang“: „Ich
musste dringend einige Dinge loswerden, über die ich mit meinen Freunden
nicht sprechen konnte. Deshalb habe ich sie einfach durch die Songs
geschildert.“
Das macht Danny Brown direkt in den ersten Zeilen des Auftaktsongs
deutlich: „That pain in my heart / I can’t hide lot of trauma inside / You
can see it in my eyes“, heißt es im Titelsong „Quaranta“. Der gibt auch
sofort die Marschrichtung der Musik vor: „You can never trust yourself /
When you’re livin’ a lie“, reflektiert er auf dem Song „Ain’t My Conc…
darüber, wie er durch eine Sucht sich selbst und die Menschen in seinem
Umfeld enttäuscht und belogen hat.
Den Umgang mit seiner Sucht spricht Danny Brown offen an, eine Offenheit,
die seinen treuen Fans wohlbekannt ist. Durch die radikale Hinwendung zur
Selbstreflexion verleiht der Rapper seiner künstlerischen Persönlichkeit
eine neue Dimension: „Alle meine Songs sind glaubwürdig.
Aber dieses Album kommt mir als Mensch am nächsten. Wenn du rappst,
versuchst du oft, einen bestimmten Lebensstil unnötig zu glorifizieren oder
dich größer zu machen, als du es tatsächlich bist. Aber auf diesem Album
bin ich einfach nur Daniel. Vergiss all das, was du bisher über Danny Brown
weißt“, sagt er taz.
## Nüchternes Leben
„Quaranta“ ist somit auch Eckpfeiler mehrerer bedeutender Veränderungen in
Browns bisherigem Leben. Er hat sich auch räumlich verändert: Zunächst ist
Brown kürzlich von seiner Heimatstadt Detroit ins texanische Austin
umgezogen, wo er nun im Südwesten der USA ein nüchternes Leben führt. Im
März 2023 begab sich Brown freiwillig in eine stationäre Entzugsklinik für
Alkoholkranke.
Ein Blick in den spirituellen Vorgänger „XXX“ verdeutlicht erst die Reise,
die Danny Brown hingelegt hat: „Trippin’ off the shit that had Brian Wilson
flipping / Experiment so much, it’s a miracle I’m livin'“, rappt er auf
dem Album von 2011.
Damals begeisterte er klassische HipHop-Fans und Raver zugleich, das lag an
seinen talentierten Wortspielen in den Reimen und an der Musik, die er oft
durch von Techno inspirierte Beats grundiert. [3][Thematisch ging es nicht
nur um Selbstzerstörung durch Genussmittel.] Danny Brown rappte auch über
Schwangerschaft unter Teenagern und Gentrifizierung.
In „Quaranta“ kommt nichts dergleichen vor. Auch musikalisch hat er einen
anderen Ansatz gewählt: „Die Idee war, so zu klingen wie eine Band. Es ging
mir nicht darum, computerbasierten Sound zu entwerfen.“ Die Produktion auf
„Quaranta“ wirkt im Vergleich zu früheren Werken reduzierter und
bescheidener. Seine Phrasierungen und die Diktion in den Reimen kommen eher
den Aussagen eines Geständnisses gleich. Danny Brown bleibt damit sehr nahe
bei sich, er muss auch niemand mehr etwas beweisen.
## Zwischen Tradition und Innovation
Dabei ist ihm jedoch nicht der Storyellingansatz verloren gegangen. Seine
Geschichten klingen altersgerecht, aber dennoch nie zu abgehangen. Auch auf
„Quaranta“ schafft Danny Brown den Spagat zwischen Tradition und
Innovation, zwischen Humor und Ernsthaftigkeit: Etwa beim Song „Dark Sword
Angel“. Komplexe Reimketten treffen dabei auf verspielte Drums, unterlegt
von einem Sample der niederländischen Progrockband Kracq.
Im gesellschaftskritischen Ansatz, den Danny Brown verfolgt, spielt Humor
schon früher die Rolle des Comic Relief. Auf „Quaranta“ sind die
Botschaften, speziell solche, die die psychische Verfassung und die
Suchtpotenziale betreffen, vor allem an sich selbst gerichtet. Dadurch
findet Browns Musik einen direkteren Zugang zu den Hörer:Innen.
Gerade in letzter Zeit ist Rapsound in der Hauptsache eine große
hedonistische Party. Nach dem Motto: „Es ist so lange witzig, bis es nicht
mehr witzig ist.“ Als gereifter 40-Jähriger findet Danny Brown nun, das
Schluss ist mit eintöniger „Sex, Drugs and HipHop“-Verherrlichung und
verbreitet mit „Quaranta“ konstruktive Botschaften: „Die wichtigste
Schlussfolgerung meines neuen Albums sollte sein, dass, wenn ich mein aus
den Fugen geratenes Leben wieder in den Griff bekommen kann, das alle
anderen auch können.“
Während sich seine jüngeren HipHop-Kollegen weiter mit Ansage zuballern,
umarmt Danny Brown sich selbst und stellt sich den gesellschaftlichen und
sozialpolitischen Verpflichtungen eines geläuterten Künstlers. Und das ist
gut so!
17 Jan 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Victor Efevberha
## TAGS
USA
Rap
Detroit
Popmusik
HipHop
Deutscher Hip Hop
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