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# taz.de -- Helios-Kündigung einer Klinikärztin: Satte Abfindung beendet Proz…
> Der Helios-Konzern will die Hamburger Ärztin Franziska Schlosser
> loswerden, seit sie als Streikleitung tätig war. Nun stimmte sie der
> Kündigung zu.
Bild: Bei Protesten wie diesem gegen die Bereitschaftsschichten machte Franzisk…
Hamburg taz | Die Hamburger Anästhesistin Franziska Schlosser hat ihre
Kündigung durch den Klinikkonzern Helios akzeptiert. Im Gegenzug muss
Helios der Medizinerin eine Abfindung von 400.000 Euro zahlen. Darauf
einigten sich die Konfliktparteien am Dienstag vor dem Arbeitsgericht
Hamburg.
Die zum Helios-Konzern gehörende Endo-Klinik unweit der Hamburger
Reeperbahn hatte Schlosser [1][Mitte Mai vergangenen Jahres gekündigt] –
nach knapp 24 Jahren Beschäftigung. Der Vorwurf der Klinik:
Arbeitszeitbetrug. Schlosser soll eine 24-Stunden-Bereitschaftsschicht
vorzeitig verlassen haben um – 28 Minuten. Ausschlaggebend dafür war die
Aussage einer Kollegin. Eine elektronische Zeiterfassung gibt es in der
Klinik nicht, was bereits 2021 ausschlaggebend dafür war, dass der
Helios-Konzern eine ähnlich begründete Kündigung gegen Schlosser
zurückziehen musste.
Schlosser engagiert sich seit 20 Jahren bei der Ärztegewerkschaft
[2][Marburger Bund], unter anderem in der Verhandlungskommission für den
Tarifvertrag der Helios-ÄrztInnen. Schon 2021 war sie Mitglied der
Streikleitung bei einem Warnstreik. Im März 2023 war sie erneut Mitglied
der Streikleitung und hielt eine Rede vor tausenden Beschäftigten. Wenig
später, im Mai, erhielt sie die fristlose Kündigung von Helios.
Dagegen hatte Schlosser vor dem Arbeitsgericht geklagt. Im November 2023
hatte das Gericht die Verhandlung der Klage vertagt, nachdem Helios neue
Dokumente vorgelegt hatte.
Den Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs weist Schlosser vor Gericht am Dienstag
erneut deutlich zurück. Sie habe seinerzeit lediglich wegen eines
Feueralarms die Station verlassen. Sie macht zudem geltend, dass sie unter
anderem als Strahlenschutzbeauftragte besondere Verantwortung trage und die
Klinik ihr damit über viele Jahre Vertrauen entgegengebracht habe. Es gebe
auch keinerlei Einträge in die Personalakte jenseits der
Arbeitszeit-Vorwürfe.
Vor Gericht sagt sie, die Stimmung ihr gegenüber sei erst erneut gekippt,
nachdem sie sich weiterhin gewerkschaftlich engagiert habe und im Frühling
2023 im Tarifkonflikt als Streikleiterin aufgetreten sei.
Schlosser betont vor Gericht, dass sie mit dem Prozess endlich ihre Arbeit,
ihre Reputation und auch ihre Würde zurückerlangen wolle. Das Verfahren
solle ein Zeichen dafür sein, dass Gewerkschaftsarbeit für bessere
Arbeitsverhältnisse keinesfalls Angst und Benachteiligung nach sich ziehen
dürfe.
Die vielen UnterstützerInnen der Gewerkschafterin passen nicht in den
Gerichtssaal, auch der Hamburger Landesvorstand des Marburger Bunds sitzt
in der ersten Reihe. Der Ärtzeverband stand seit Beginn des Konflikts an
der Seite von Schlosser und zeichnete ihr außerordentliches Engagement im
vergangenen November mit seiner höchsten Auszeichnung aus, dem Goldenen
Ehren-Reflexhammer.
Dass eine Weiterbeschäftigung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich sei,
begründet die Prozessvertreterin des [3][Helios-Konzerns] mit Schlossers
„Nachtatverhalten“, das einen schweren Vertrauensbruch darstelle. Gemeint
ist, dass Schlosser bis heute auf ihrer Darstellung beharrt, sie habe ihre
Schicht nicht vorzeitig verlassen.
Bei den Aussagen der Klinik-Anwältin geht ein Raunen durch den Saal. Manche
schütteln deutlich den Kopf. Als sie sagt, Helios wolle eine angemessene
Abfindungssumme zahlen, aber den Prozess nicht um jeden Preis beenden,
können sich die ZuschauerInnen nicht mehr halten. Zwischenrufe wie
„unmöglich“ und „lächerlich“ sind zu hören; auch die Richterin sagt,…
sei sprachlos.
Schließlich endet der Prozess nach einem halben Jahr doch mit einem
Vergleich: Der Helios-Konzern akzeptiert Schlossers Forderung über eine
Abfindung in Höhe von 400.000 Euro – und im Gegenzug endet das
Arbeitsverhältnis zu Ende Januar.
24 Jan 2024
## LINKS
[1] /Klinikkonzern-gegen-Gewerkschaftlerin/!5947187
[2] /Marburger-Bund/!t5240677
[3] /Helios-Kliniken-GmbH/!t5576039
## AUTOREN
Luna Harms
## TAGS
Helios Kliniken GmbH
Hamburg
Union Busting
Krankenhäuser
Marburger Bund
Gewerkschaft
Streik
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