| # taz.de -- Solarindustrie in Gefahr: Unternehmen droht mit Abzug | |
| > Die Politik soll für bessere Bedingungen sorgen, fordert der | |
| > Solarhersteller Meyer Burger. Sonst will er seine Fabrik von Sachsen in | |
| > die USA verlegen. | |
| Bild: Eine moderne Solarzellen-Produktionsanlage von Meyer Burger im September … | |
| Berlin taz | Die größte europäische Fabrik für Solarmodule droht in die USA | |
| abzuwandern. Der Schweizer Hersteller Meyer Burger will seinen Betrieb im | |
| sächsischen Freiberg schließen, wenn die Politik nicht für bessere | |
| Wettbewerbsbedingungen sorgt, etwa mit Fördergeldern. | |
| Am Mittwoch hat Meyer Burger mitgeteilt, dass das Unternehmen die | |
| Schließung der Modulproduktion in Freiberg vorbereitet, „sofern keine | |
| ausreichenden Maßnahmen zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen in | |
| Europa, etwa durch Resilienzmaßnahmen, ergriffen werden“. Damit ist | |
| finanzielle Förderung gemeint. Obwohl der Bedarf an Solarmodulen enorm ist, | |
| rechnet das Unternehmen für 2023 mit einem Verlust von umgerechnet 134 | |
| Millionen Euro – bei einem Umsatz von 144 Millionen Euro. Wie alle | |
| Solarhersteller leidet Meyer Burger unter billigen Importen vor allem aus | |
| China. | |
| Bis Mitte Februar soll die Entscheidung fallen. Sollte die Produktion | |
| eingestellt werden, wird das Werk in Freiberg bereits Anfang April | |
| geschlossen. Nach Angaben von Meyer Burger handelt es sich um die größte | |
| Solarmodulproduktion in Europa. Die Schließung würde 500 Mitarbeitende | |
| treffen. Die Zellproduktion von [1][Meyer Burger in Bitterfeld/Wolfen] soll | |
| fortgesetzt werden, um den Ausbau der Modulproduktion in den USA zu | |
| unterstützen. Dort treibt Meyer Burger sein Geschäft voran. US-Präsident | |
| Joe Biden hat mit dem Inflation Reduction Act (IRA) ein gigantisches | |
| Subventionsprogramm aufgelegt, das Unternehmen wie Meyer Burger anlockt. | |
| „In den USA können wir – bedingt durch die dortige Industriepolitik – | |
| unsere führende Technologieposition voll ausnutzen, was zu einem | |
| erheblichen Interesse von potenziellen Partnern führt“, sagte | |
| Unternehmenschef Gunter Erfurt. | |
| Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte eigentlich vor, den | |
| Wiederaufbau einer europäischen Solarindustrie massiv zu unterstützen. Vor | |
| allem die Abhängigkeit von China könnte zu einem massiven Problem werden, | |
| etwa wenn die Volksrepublik Taiwan angreift. Lieferkettenprobleme während | |
| der Coronapandemie oder jetzt aufgrund der Krise im Roten Meer vor dem | |
| Suezkanal zeigen, dass eine einheimische Produktion weniger anfällig für | |
| Störungen ist. Auch Importe aus den USA könnten schwierig werden, falls | |
| Donald Trump wieder US-Präsident wird und Handelskonflikte mit der EU | |
| anzettelt. Doch die für den Ausbau im Klima- und Transformationsfonds | |
| vorgesehenen Milliarden hat die Bundesregierung nach dem | |
| [2][Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts] größtenteils gestrichen. | |
| ## Energieökonomin sieht Regierung in der Pflicht | |
| Das Bundeswirtschaftsministerium hält daran fest, die Branche zu stärken. | |
| „Unser Ziel ist, einen signifikanten Anteil der notwendigen | |
| Transformationstechnologien in Deutschland und Europa zu produzieren“, | |
| sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Im Solarpaket I, dessen | |
| Verabschiedung der Bundestag Ende vergangenen Jahres verschoben hat, ist | |
| etwa ein sogenannter Resilienzbonus vorgesehen. Damit wäre eine höhere | |
| Vergütung für den verkauften Strom aus hierzulande hergestellten | |
| Solaranlagen verbunden. Habeck hat sich dafür ausgesprochen. Die FDP ist | |
| aber dagegen. „Die Gespräche hierzu innerhalb der Bundesregierung laufen“, | |
| sagte die Sprecherin. | |
| Die Erneuerbaren-Branche drängt auf bessere Bedingungen. „Das Solar Valley | |
| darf nicht ein zweites Mal austrocknen“, warnte Simone Peter, Chefin des | |
| Bundesverbands Erneuerbare Energien. Deutschland hatte schon mal eine | |
| florierende Solarindustrie. Anfang der 2000er wuchs die Branche, befördert | |
| durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz der damaligen rot-grünen | |
| Bundesregierung, das Betreibern der Anlagen eine gute Vergütung | |
| garantierte. Das sicherte eine hohe Nachfrage – so sehr, dass auch | |
| ausländische Firmen auf dem Markt aktiv wurden. Vor allem China preschte | |
| vor, nutzte die deutsche Expertise, produzierte aber deutlich billiger. Die | |
| Marktlage für deutsche Hersteller war plötzlich schlechter, umso mehr, als | |
| die dann schwarz-gelbe Bundesregierung 2012 massiv bei den | |
| Ökostrom-Vergütungen kürzte. Die Branche brach zusammen, zuletzt gab es | |
| allerdings wieder einen Aufschwung. | |
| [3][Energieökonomin Claudia Kemfert] sieht die Bundesregierung in der | |
| Pflicht. „Es ist gravierend, dass auch noch die Überreste der deutschen | |
| Solarindustrie abwandern, weil die Bedingungen in anderen Ländern deutlich | |
| besser sind“, so die Wissenschaftlerin vom Deutschen Institut für | |
| Wirtschaftsforschung. Erneuerbare Energien würden zur kritischen | |
| Infrastruktur gehören, Deutschland müsse die Produktionsstandorte erhalten. | |
| „Das geht nur durch finanzielle Unterstützung, wie man das zum Beispiel | |
| auch bei der Chip-Produktion macht.“ | |
| 17 Jan 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anja Krüger | |
| Susanne Schwarz | |
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