Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ausweitung des Gazakriegs: Gefährliche Nebenschauplätze
> Der Iran hat am Montag Ziele im Irak angegriffen. Es ist eine Reaktion
> auf die gezielten israelischen Tötungen im Libanon und Syrien.
Bild: Folgen des Angriffs: Ein zerstörtes Gebäude in Erbil im Norden vom Irak…
Berlin taz | Irak, Libanon, Jemen: Seit Monaten warnen
Beobachter*innen vor einer Regionalisierung des Gazakriegs. Dabei ist
die internationale Ausweitung des Konflikts zwischen Israel und der Hamas
bereits in vollem Gange – auch wenn sich die Nebenschauplätze in der Region
bislang nicht zu offenen Kriegen entwickelt haben.
Zuletzt kriegerisch aktiv geworden ist das islamistische Regime in Iran,
dem Mutterland der selbsternannten [1][„Achse des Widerstands“] gegen
Israel und seine Verbündeten, zu der etliche paramilitärische
Organisationen in der Region zählen. Die iranischen Revolutionsgarden
griffen am Montagabend Ziele im Nachbarland Irak an. Bei dem Angriff nahe
der Stadt Erbil im kurdischen Norden des Landes sei ein „israelisches
Spionagehauptquartier“ des israelischen Geheimdienstes getroffen worden,
das nahe einem im Bau befindlichen US-Konsulat liegen soll. Israel
bestätigte den Angriff, bei dem nach irakischen Angaben vier Zivilisten
getötet wurden, nicht.
Das iranische Regime hat seit 2014 seine Präsenz im Irak über Teheran-treue
Milizen unter dem Dachverband der „Volksmobilisierung“ stark ausgebaut.
Diese greifen regelmäßig Stellungen des US-Militärs an. Bei dem Beschuss am
Montag kamen nach iranischen Angaben ballistische Raketen zum Einsatz, die
aus Iran selbst abgefeuert wurden und mehr als 1.200 Kilometer zurücklegten
– offenbar ein Signal an Israel, das rund 1.000 Kilometer von der
iranischen Grenze entfernt liegt.
Die Revolutionsgarden bezeichneten den Angriff als „Antwort auf die Untaten
des zionistischen Regimes“, das „Kommandeure der Revolutionsgarden und der
Widerstandsachse gemartert hat“, [2][wie es] in einer Erklärung hieß.
Israel war vor drei Wochen dazu übergegangen, hochrangige Mitglieder der
iranischen Achse gezielt zu töten. In Syrien wurde an Weihnachten ein
Kommandeur der Revolutionsgarden durch einen mutmaßlich israelischen
Luftangriff getötet. Im neuen Jahr folgte die Tötung des Hamas-Führers
Saleh al-Aruri durch eine Kampfdrohne in Beirut sowie zweier hochrangiger
Mitglieder der libanesischen Hisbollah.
Die Hisbollah hat auf die Angriffe auf libanesischem Staatsgebiet bislang
erstaunlich verhalten reagiert, obwohl ihr Führer Hassan Nasrallah nicht
müde wird, Israel und den USA zu drohen, voll in den Krieg einzusteigen.
Die Miliz soll über ein größeres Waffenarsenal als die staatliche
libanesische Armee verfügen. Sie hält seit dem Hamas-Terror vom 7. Oktober
den Konflikt an Israels Nordgrenze am Köcheln, indem sie fast täglich
Raketen über die Grenze schießt. Bei Gegenschlägen Israels auf Stellungen
im Libanon sind bereits mehr als 150 Menschen getötet worden. Zuletzt
[3][teilte] die israelische Armee am Dienstag mit, einen Großangriff auf
Hisbollah-Stellungen gestartet zu haben.
Aufwind haben unter Irans israelfeindlichen Handlangern in der Region
derzeit vor allem [4][die Huthis im Jemen.] Die Miliz, die weite Teile des
Landes kontrolliert, kann ohne viel Aufwand ihre asymmetrische
Kriegsführung gegen Israel und seine Verbündeten perfektionieren, indem sie
Handels- und Kriegsschiffe im Roten Meer angreift.
Nach monatelangem Zögern hatte eine von den USA angeführte Koalition am
Freitag und Samstag erstmals proaktiv Huthi-Stellungen angegriffen. Es
waren die ersten US-Angriffe auf jemenitischem Festland seit Jahren. Dabei
ging es offenbar in erster Linie um eine symbolische Reaktion, als darum,
die Miliz tatsächlich so stark zu schwächen, dass sie keine weiteren
Schiffe angreifen kann. Jedenfalls feuerten die Huthis am Sonntag und
Montag erneut Geschosse auf Schiffe ab. Am Montag traf eine Rakete einen
US-Frachter. Am Vortag war das US-Kriegsschiff „USS Laboon“ angegriffen
worden.
Die Huthis nutzen Israels Krieg gegen die Hamas, bei dem Tausende
Zivilist*innen in Gaza getötet worden sind, um an Popularität innerhalb
Jemens und darüber hinaus zu gewinnen. Sie geben sich als Verteidiger
Palästinas aus und haben angekündigt, ihre Angriffe so lange fortzusetzen,
bis Israel den Gazakrieg beendet.
Die USA und andere Staaten, die mit Kriegsschiffen im Roten Meer präsent
waren, hatten monatelang äußerst defensiv gehandelt und sich darauf
beschränkt, Angriffe abzuwehren. Mit den anhaltenden Angriffen wurde der
Druck zu reagieren aber offenbar zu groß. Die Hürde, die Huthis selbst
anzugreifen, war aus zwei Gründen hoch. Zum einen steht außer Frage, dass
begrenzte Luftangriffe die Huthis nicht wirklich schwächen. Saudi-Arabien
hatte seit 2015 einen jahrelangen Krieg gegen die Huthis geführt, ohne
diese in die Knie zu zwingen.
„Hass auf USA ist beispiellos“
Zum anderen ist der politische Preis hoch: Analyst*innen gehen davon
aus, dass die US-Angriffe die Gruppe stärken. „Der Hass und die Wut in der
Region auf die USA wegen ihrer Unterstützung von Israels Angriff auf den
Gazastreifen sind beispiellos“, schreibt die Analystin Maysaa Shuja al-Deen
vom Sana’a Center for Strategic Studies in Beirut. „Eine direkte
Militäraktion gegen die Huthis wird ihre Popularität steigern und ihnen
mehr Einfluss verschaffen.“ Die Angriffe ließen sich propagandistisch
ausschlachten und würden den Huthis neue Legitimität verleihen, nachdem die
Opposition gegen die Gruppe zuletzt zugenommen habe.
Im Jahr 2022 hatte eine Waffenruhe zu einem Ende der Angriffe durch
Saudi-Arabien geführt. Friedensgespräche zwischen Saudi-Arabien und den
Huthis laufen; ihr Ausgang ist nach den jüngsten Entwicklungen jedoch
ungewiss. Die US-Angriffe seien ein „Hindernis für die Beendigung des
Krieges und verschieben eine Vereinbarung über einen dauerhaften
Waffenstillstand auf unbestimmte Zeit“, schreibt al-Deen.
16 Jan 2024
## LINKS
[1] https://www.bpb.de/themen/naher-mittlerer-osten/iran/543559/achse-des-wider…
[2] https://www.tasnimnews.com/fa/news/1402/10/26/3023756/%D8%AD%D9%85%D9%84%D9…
[3] https://twitter.com/idfonline/status/1747223883118244149?ref_src=twsrc%5Etf…
[4] /Wer-sind-die-Huthis-im-Jemen/!5984961
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
Israel
Schwerpunkt Iran
Irak
Huthi-Rebellen
Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Iran
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Angriff auf US-Stützpunkt in Jordanien: Biden droht mit Vergeltung
Bei einem Drohnenangriff wurden drei US-Soldaten getötet. Iran weist
Verantwortung von sich. „Wir werden reagieren“, sagt der US-Präsident.
Verlassene Nordgrenze Israels: Stadt der Stille
Israels Krieg mit der Hamas hat auch die Kämpfe mit der Hisbollah
angeheizt. Die Zukunft der Bewohner*innen in Nordisrael ist so ungewiss
wie nie.
+++ Nachrichten im Nahostkrieg +++: Israel handelt „höchst rechtswidrig“
Die UN-Sonderberichterstatterin für Palästina hat Israel Verstöße gegen das
Völkerrecht vorgeworfen. Netanjahu lehnt Zweistaatenlösung erneut ab.
Medikamente für Gaza: Billiger Deal für die Hamas
Die Strategie der israelischen Regierung ist gescheitert, das Abkommen nur
ein Versuch, darüber hinwegzutäuschen.
Israelische Geiseln: Videoterror aus Gaza
Die Hamas hat neue Videos von Verschleppten veröffentlicht. Medizin für
Geiseln und Hilfsgüter für Zivilist*innen erreichen den Gazastreifen.
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Einigung über Hilfslieferungen
Israel und die Hamas einigen sich über die Versorgung der Geiseln und auf
Hilfslieferungen für Gaza. Deutschland prüft die Lieferung von
Panzermunition.
Meinungsfreiheit in Iran: Längere Haft für Menschenrechtlerin
Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi soll 15 Monate länger in Haft
bleiben. Behörden erheben Vorwürfe gegen freigelassene Journalistinnen.
Wege zur Befreiung der Hamas-Geiseln: Deutschland macht sich klein
Wenn Deutschland die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln
wichtig ist, muss es sich für einen Waffenstillstand einsetzen.
Gegen Huthi-Angriffe: EU berät Einsatz im Roten Meer
Wie genau eine EU-Mission zur Sicherung des Schiffsverkehrs aussehen soll,
ist noch unklar. Entschlüsse soll es erst nächste Woche geben.
Drei Monate Israel-Gaza-Krieg: Diplomatische Schmerzgrenze
Außenministerin Baerbock ist in Nahost unterwegs. Der Ton gegenüber Israel
verschärft sich. Humanitäre Hilfe erreicht den Gazastreifen derzeit kaum.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.