# taz.de -- Religion in Benin: Tourismus statt Glaube | |
> Bei den Voodoo-Tagen geht es vor allem um volle Hotels und Restaurants. | |
> Über die Götterwelt der indigenen Religion erfahren Gäste hingegen wenig. | |
Bild: „Vodounsi“ beim Nationalen Voodoo Festival in Ouidah, Benin, 10.01.20… | |
COTOUNOU taz | Die Plakate in leuchtendem Rot hängen überall und kündigen | |
Konzerte, Tänze und Umzüge an. Stattfinden werden diese im Rahmen der | |
erstmals organisierten „Vodun Days“. Vor allem im Süden Benins und dort in | |
der historischen Stadt Ouidah soll gleich an zwei Tagen – dem 9. und 10. | |
Januar – [1][der alten Religion Voodoo] gedacht werden. Vor allem aber soll | |
die Veranstaltung für volle Restaurants und Hotels sorgen. Denn so groß wie | |
in diesem Jahr wurde der 10. Januar, der offizielle Feiertag für indigene | |
Religionen, noch nie gefeiert. | |
Dass Voodoo Tourist:innen, die vornehmlich aus Europa, den USA und der | |
Karibik anreisen, anlockt, hat die Regierung schon längst erkannt. Schon | |
bei Reden zum Festakt im vergangenen Jahr am Strand von Ouidah priesen | |
Regierungsvertreter:innen das enorme Potenzial. | |
Passend dazu quetschten sich in die Zelte Hunderte ausländische | |
Besucher:innen mit Kameras, Smartphones und Drohnen. Die ungewöhnlichen | |
und beeindruckenden Kostüme, Masken, Instrumente und selbst gefertigte | |
Figuren sind hervorragende Fotomotive. | |
Voodoo umgibt außerdem der Hauch von Exotischem und ist gleichzeitig mit | |
zahlreichen Vorurteilen belastet. Dazu beigetragen haben Hollywood-Filme, | |
die mit Nadeln zerstochene Püppchen und Zombies zeigen. | |
## Interessanter Einblick | |
Die Tage rund um den 10. Januar bieten deshalb durchaus einen interessanten | |
Einblick. Tatsächlich erfährt man jedoch so gut wie gar nichts über die | |
Götterwelt und die einzelnen Gottheiten, die alle sehr unterschiedliche | |
Aufgaben und Vorlieben haben. | |
Und das ist auch die große Kritik: Die alte Religion, die knapp 12 Prozent | |
der fast 14 Millionen Einwohner:innen offiziell praktizieren, wird zu | |
einem Spektakel. Aus Dörfern, wo kleine Zeremonien ohne Gäste von außerhalb | |
stattfinden, heißt es da gerne verächtlich: „Wer will denn noch nach | |
Ouidah? Das ist doch bloß etwas für Touristen.“ Die neue Homepage | |
unterstreicht das. Schon ein Zeltplatz kostet umgerechnet 15 Euro für eine | |
Nacht, was rund ein Fünftel des beninischen Mindestlohns ist. Erstmals gibt | |
es jetzt auch einen VIP-Pass. | |
Mitunter wenig Begeisterung können allerdings auch die Anhänger:innen | |
anderer Religionen für die Tourist:innenveranstaltung des Jahres | |
aufbringen. Eine Rückbesinnung auf alte Traditionen und Kultur sowie der | |
Abbau von Klischees hin oder her: Benin ist ein laizistischer Staat, in dem | |
sich mehr als 75 Prozent der Bevölkerung zum Christentum oder Islam | |
bekennen. | |
Das Zusammenleben gilt – von dem einen oder anderen spöttischen Kommentar | |
abgesehen – als vorbildlich. In der internationalen Darstellung würde es | |
allerdings [2][als „Wiege des Voodoo“] wahrgenommen. Schon vergangenes Jahr | |
musste Jean-Michel Abimbola, Minister für Tourismus und Kultur, deshalb | |
betonen, der Staat würde die Würde von Gläubigen aller Religionen | |
respektieren. Dazu gehöre eben auch Voodoo. | |
10 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Voodoo-im-westafrikanischen-Benin/!5906493 | |
[2] /Voodoo-in-Westafrika/!5378206 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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