# taz.de -- Schnellverfahren gegen Klimaaktivisten: Schnell gescheitert | |
> Das Amtsgericht Tiergarten schafft Spezialabteilungen für | |
> Schnellverfahren gegen Klimaaktivist*innen ab. Die Beweislage sei | |
> zu selten eindeutig. | |
Bild: Die letzte Generation kann wieder kräftig kleben | |
BERLIN taz | Klimakleber*innen können wieder sorgloser kleben. Der | |
Grund dafür: Die eigens für Klimaaktivist*innen geschaffenen | |
Gerichtsabteilungen für Schnellverfahren wurden zum Jahreswechsel wieder | |
aufgelöst. Bei der Überprüfung des Geschäftsverteilungsplans sei | |
aufgefallen, dass diese ineffektiv seien, so eine Sprecherin des Gerichts | |
zur taz. | |
Im Sommer 2023 waren die [1][Spezialabteilungen am Amtsgericht Tiergarten | |
auf Beschluss der Staatsanwaltschaft eingerichtet worden], um | |
Klimaaktivist*innen schneller vor Gericht bringen zu können. | |
Beschleunigte Verfahren sind unüblich, aber laut Strafprozessordnung | |
möglich, „wenn die Sache aufgrund des einfachen Sachverhalts oder der | |
klaren Beweislage zur sofortigen Verhandlung geeignet ist“. Die | |
[2][Beweislage sei bei Klimakleber*innen jedoch nur selten ganz | |
klar], sagt die Sprecherin des Gerichts. | |
Von den 197 Anträgen auf ein beschleunigtes Verfahren, die die | |
Staatsanwaltschaft beim Gericht stellte, gingen nur 11 durch. 137 sind noch | |
offen, 48 wurden abgelehnt. Wie die Gerichtssprecherin sagte, seien bei den | |
Fällen umfangreiche Ermittlungen, etwa hinsichtlich der Dauer und | |
Intensität des Anklebens, der Länge des erzeugten Staus oder der | |
Ausweichmöglichkeiten erforderlich gewesen. | |
Vergehen, die für Schnellverfahren als ungeeignet eingestuft wurden, wurden | |
anschließend zu regulären Verfahren in andere Gerichtsabteilungen | |
überführt. Das sei ineffizient gewesen, weshalb die Spezialabteilungen nun | |
aufgelöst würden, erklärt die Sprecherin. Die Anträge auf Schnellverfahren | |
werden jedoch weiterhin gestellt. Die Zuständigkeit der Rechtsprechung, die | |
sich durch die Spezialabteilungen auf zwei Richter*innen verengt hatte, | |
wird jedoch nun auf 67 Abteilungen des Amtsgerichts verteilt. Dadurch | |
sollen die Strafverfahren effektiver gestaltet werden. | |
Die Staatsanwaltschaft hält [3][trotz des Scheiterns] an ihrer Position | |
fest: Es sei eindeutig, dass das Ankleben ein einfacher Sachverhalt und | |
damit ein „Großteil der Fälle“ für ein Schnellverfahren geeignet sei, so | |
Sprecher Sebastian Büchner. Zudem sei nicht ersichtlich, warum manche Fälle | |
für beschleunigte Verfahren als geeignet eingestuft würden, andere jedoch | |
nicht. | |
Kritiker*innen sehen das anders. Bei den Klimaprotesten handele es sich | |
um „komplexe Sachverhalte und eine schwierige Beweislage“, sagte die | |
rechtspolitische Sprecherin der Grünen, Petra Vandrey. Der Republikanische | |
Anwältinnenverein hatte die Schaffung der Sonderabteilung für | |
Schnellverfahren als „Politisierung von Strafverfahren“ kritisiert, die | |
vermieden werden müsse. | |
9 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Lilly Schröder | |
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