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# taz.de -- Geplante Müllverbrennung: Altholz soll nicht ins Feuer
> Die BSR will eine Verbrennungsanlage für Altholz und Sperrmüll errichten.
> UmweltschützerInnen warnen, das laufe auch Berlins Klimazielen zuwider.
Bild: Muss es am Ende brennen? Sperrmüll-Sofa (hier falsch entsorgt)
Berlin taz | Berliner Unwelt- und Naturschutzorganisationen haben sich
gegen den Bau einer weiteren Müllverbrennungsanlage der BSR am Neuköllner
Standort Gradestraße ausgesprochen. [1][In einer ausführlichen
Stellungnahme] argumentieren die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft
Naturschutz (BLN), der BUND, der Nabu, die Grüne Liga, der Landesverein der
UmweltberaterInnen in Berlin (LAUB), der Verein Zero Waste und andere, die
Anlage konterkariere die Ziele des Landes für eine klimaneutrale
Wärmeversorgung, sei für die Entsorgungssicherheit von Abfällen unnötig,
[2][widerspreche dem „Zero Waste“-Ziel] und belaste Anwohner*innen
sowie die Umwelt.
Das Projekt, das von den Berliner Stadtreinigungsbetrieben mittlerweile als
„Bioenergieanlage“ bezeichnet wird, befindet sich noch in einer frühen
Planungsphase. Es soll nach aktuellem Stand im Jahr 2030 den Betrieb
aufnehmen und in erster Linie Altholz und Sperrmüll verfeuern und so
Fernwärme erzeugen. Der anvisierte Standort befindet sich auf einem schon
lange brachliegenden Gelände des einstigen Senders RIAS, das sich an den
Recyclinghof Gradestraße und die benachbarte BSR-Anlage zur „mechanischen
Behandlung“ von Sperrmüll anschließt. Weiter östlich ist auf demselben
Gelände künftig Wohnbebauung vorgesehen.
Bislang betreibt die BSR nur das Müllheizkraftwerk in Ruhleben, in dem rund
60 Prozent des Berliner Hausmülls verbrannt werden. Die Energie, die dabei
in Form von Dampf entsteht, wird von Vattenfall abgenommen und sowohl
verstromt als auch in das Fernwärmenetz eingespeist. Welche Müllmengen
künftig an der Gradestraße verbrannt werden sollen, ist unklar, gegenüber
dem Tagesspiegel äußerte die BSR aber, dass bei dem landeseigenen
Entsorgungsunternehmen rund 120.000 Tonnen Sperrmüll und Altholz pro Jahr
anfielen.
## Kein zusätzlicher Bedarf
Die Umweltorganisationen bezweifeln, dass die Verbrennungsanlage für die
„Entsorgungssicherheit des Landes Berlin“ nötig ist, wie es die BSR
vergangenes Jahr in ihrem Antrag zur Änderung des Flächennutzungsplans
beschrieben hat. Diese sei, so BLN, BUND und Co., „bereits mit den aktuell
zur Verfügung stehenden Anlagen gewährleistet“. Auch in Zukunft sei nicht
von einem zusätzlichen Bedarf für die Verbrennung von Müll auszugehen –
schließlich habe sich Berlin klare Ziele zur Müllreduzierung gesetzt, und
es gebe ein „hohes, derzeit nicht erschlossenes Potenzial für
Wiederverwendung und Recycling“. Auch gebe es im Umland etliche private
Verbrennungsanlagen, die die BSR etwa mit Altholz beliefere.
Das Gutachten verweist auf deutlich höhere Quoten beim Recycling und der
stofflichen Verwertung von Sperrmüll und Altholz in anderen Ländern. Hier
gebe es noch ein großes Potenzial: Alte Möbel könnten zu
Second-Hand-Produkten aufgewertet werden, aber auch die sogenannte
Kaskadennutzung von Holz sei der sofortigen Verbrennung vorzuziehen.
Gemeint ist damit beispielsweise die Nutzung von Holz aus alten
Dachstühlen, Fenstern und Treppen, aber auch von Massivholzmöbeln oder
Parkettfußböden zur Herstellung von Spanplatten.
Die Umweltorganisationen kritisieren, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz
Altholz und Müll als klimaneutrale Brennstoffe wertet. Immerhin sei seit
dem 1. Januar auch die Verbrennung von Müll mit einem CO2-Preis belegt. Es
komme aber darum „nicht von ungefähr, dass die BSR im Laufe des
B-Planverfahrens die Bezeichnung der Anlage von ‚Müllverbrennungsanlage‘
über 'Biomasseheizkraftwerk’ in ‚Bioenergieanlage‘ geändert“ habe.
In Wirklichkeit könne man eben nicht von der „Gewinnung von grüner,
regenerativer' Wärme“ sprechen – wie die BSR in ihren Unterlagen zum
Bebauungsplanverfahren. [3][Holzverbrennung sei per se nicht klimaneutral],
und es sei nicht davon auszugehen, dass die derzeit von der BSR mit Altholz
belieferten privaten Anlagen in der Region künftig „die Verbrennungsmenge
drosseln. Stattdessen werden sie nach weiterem Alt- wie Frischholz suchen
und damit den Druck auf Wald und Altholzrecycler weiter erhöhen“. Aufgrund
des hohen Kunststoffanteils sei im Übrigen „selbst das Versprechen der
Defossilisierung nicht zu halten“.
Ausdrücklich begrüßt werden von den KritikerInnen-Organisationen dagegen
die Planungen der BSR, auf demselben Gelände eine Sortierhalle für
Sperrmüll und Altholz zu errichten. Damit lasse sich eine deutliche
Erhöhung der aktuell sehr niedrigen Recyclingrate erreichen.
9 Jan 2024
## LINKS
[1] https://www.bund-berlin.de/fileadmin/berlin/publikationen/Abfall/Stellungna…
[2] /Nachhaltigkeit-in-Berlin/!5945060
[3] /Baustoffexperte-ueber-Pelletheizungen/!5973344
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Holz
Zero Waste
Müll
Kraftwerk
Energie
Vattenfall
Fernwärme
Mülltrennung
Müll
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