| # taz.de -- Protest gegen Altholz-Kraftwerk: Bützfleth brennt für die Energie… | |
| > Das größte Altholz-Kraftwerk Deutschlands soll bei Stade entstehen. Eine | |
| > Bürgerinitiative hält die Anlage für überdimensioniert. | |
| Bild: Verbrannt werden soll auch schadstoffbelastetes Altholz der Klasse 4 | |
| Osnabrück taz | Jan Witt ist kämpferisch. „Wir stehen hier allein auf | |
| weiter Flur gegen einen mächtigen Investor und eine teilnahmslose | |
| Stadtverwaltung“, sagt der Sprecher der Bützflether „Bürgerinitiative für | |
| eine umweltfreundliche Industrie“. „Jetzt gilt es, die Bevölkerung aus | |
| ihrem Dornröschenschlaf wachzurütteln!“ | |
| Bützfleth ist eine kleine Ortschaft an der Unterelbe, nördlich von Stade. | |
| In einem Industriepark will Hansekraft Stade hier [1][ein Holz-Kraftwerk | |
| betreiben]; Baubeginn soll im Herbst 2025 sein, der Regelbetrieb 2028 | |
| starten. 500.000 Tonnen Altholz soll das Werk jährlich verarbeiten. Durch | |
| „nachhaltig produzierte Energie“ solle „grüner Dampf und Strom sowie | |
| biogenes CO2 für die Industrie und grüne Fernwärme für die Hansestadt | |
| Stade“ bereitgestellt werden, verspricht der Stader Energieanbieter auf | |
| seiner Website. Pro Jahr sollen 150.000 Megawattstunden Wärme | |
| zusammenkommen, 300.000 Megawattstunden Strom und 1,2 Millionen | |
| Megawattstunden Prozessdampf. | |
| „Wir ersetzen fossile Energieträger!“, wirbt Hansekraft. Man leiste „ein… | |
| wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft“. Das Ganze sei „nahezu | |
| klimaneutral“. Klingt erst mal gut. | |
| Witt aber ist skeptisch. [2][Seine Bürgerinitiative] spricht von | |
| „[3][Greenwashing]“. In einer Presseerklärung schreibt sie Mitte Oktober, | |
| „technisch betrachtet“ gebe es zwar „gute Argumente für die Anlage“. A… | |
| das Vorhaben sei „nicht zu Ende gedacht und schon gar nicht geplant“. | |
| ## „Utopische Leistungsdaten“ | |
| Es bestehe der Verdacht, „das vieles in Aussicht gestellt wird, doch am | |
| Ende sieht es ganz anders aus, ist nicht umsetzbar und nicht zu | |
| finanzieren“. Es werde „mit sehr optimistischen Annahmen argumentiert, um | |
| geradezu utopische Leistungsdaten und Nutzungsmöglichkeiten | |
| herauszustellen, die Werbung für das Projekt machen sollen“. | |
| Witt hält die Anlage für überdimensioniert; sie wäre die größte | |
| Altholz-Verbrennungsanlage Deutschlands. Eine seiner Befürchtungen: „Was | |
| passiert denn, wenn der Altholzmarkt nicht so viel Rohstoff hergibt? Wird | |
| dann auf Frischholz zurückgegriffen?“ Skeptisch macht ihn auch die geplante | |
| Verbrennung von stark schadstoffbelastetem Altholz der Klasse 4. Das | |
| könnten dann auch Bahnschwellen und Telegrafenmasten sein, getränkt mit | |
| Teeröl. Nur 900 Meter wäre die nächste Wohnbebauung von der | |
| Verbrennungsanlage entfernt. | |
| Die kleine Bürgerinitiative, vernetzt von BUND bis Biofuelwatch, hat | |
| Hansekraft und die Stadt Stade Mitte Oktober mit einem | |
| 12-Punkte-Fragenkatalog konfrontiert. Sie will wissen, wie belegbar | |
| realistisch die Leistungsdaten sind, wie hoch die Gefahr eines | |
| Brennstoffmangels ist, angesichts des europaweiten Baubooms von | |
| Holzkraftwerken. Sie will wissen, ob Hansekraft bereit wäre, auf die | |
| belasteten Hölzer der Klasse 4 zu verzichten, wie die Luftbelastung und die | |
| Lärmbelastung aussähen. Die BI warnt: „Diese Anlage darf niemals gebaut | |
| werden!“ | |
| Dass sie den Bau von Verbrennungsanlagen verhindern kann, auch juristisch, | |
| hat die BI bei einer Müllverbrennungsanlage bewiesen, die zuvor am selben | |
| Standort hatte gebaut werden sollen, vom selben Betreiber. Deren begonnener | |
| Bau, heute eine Ruine, soll jetzt der neuen Anlage weichen. „Die Stadt | |
| bekommt die Gewerbesteuer“, sagt Witt. „Bützfleth muss die Dinge auslöffe… | |
| mit der Verringerung der Lebensqualität.“ | |
| ## Hansekraft will Dialog „weiter pflegen“ | |
| Bei der Stadt Stade werde „viel Positives erwartet, geglaubt und gehofft“, | |
| sagt Witt. Die BI versuche „die Diskussion auf einer sachlichen Ebene | |
| weiterzuführen, auf Basis von Fakten“. | |
| Für Hansekraft schreibt Jan Hedrich von der Berliner Kommunikationsagentur | |
| Navos Public Dialogue Consultants der taz, man habe die Planungen des | |
| Holzheizkraftwerks „von Anfang an transparent kommuniziert und den Dialog | |
| mit dem Menschen vor Ort gesucht; durch einen Infomarkt, Interviews und | |
| zahlreiche Einzelgespräche“, auch mit Vertretern der Bürgerinitiative. | |
| „Diesen Dialog mit den Menschen vor Ort werden wir auch weiter pflegen.“ | |
| Zum Fragenkatalog der BI bittet Hedrich „um Verständnis, dass wir einige | |
| Detailfragen noch nicht beantworten können, da hierzu aktuell Studien und | |
| technische Planungen zur Vorbereitung des Genehmigungsverfahrens laufen“. | |
| Stephan Voigt, Sprecher der Stadt Stade, bestätigt, dass noch kein | |
| Genehmigungsverfahren läuft, „da ein entsprechender Antrag der Hansekraft | |
| bisher nicht gestellt wurde“. Die Stadt werde „gemeinsam mit der Hansekraft | |
| den Fragenkatalog der Bürgerinitiative in den nächsten Tagen beantworten“. | |
| 16 Oct 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Fernwaerme-in-Berlin/!6034959 | |
| [2] https://www.buergerinitiative-buetzfleth.de/ | |
| [3] /Neue-Studie-von-Finanzwende/!6034840 | |
| ## AUTOREN | |
| Harff-Peter Schönherr | |
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