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# taz.de -- Vermeintlich unumstößliche Wahrheiten: „Runzel die Stirn nicht!…
> „Hexensätze“ machen Babyboomer:innen sauer und depressiv, werden
> jedoch als Wahrheit verkauft. Aber wer spricht da eigentlich?
Bild: „Runzel die Stirn nicht, Zornesfalten machen alt“. Ein Ratschlag, den…
Zu Jahresbeginn 2024 haben Freundin Hille und ich eine Liste der
„Hexensätze“ gemacht, die wir entzaubert haben in den vergangenen Jahren,
und da kam einiges zusammen. Hexensätze sind Behauptungen, [1][die uns
Babyboomer:innen] in ohnmächtige Wut und Depressionen stürzen konnten.
Das Besondere am Hexensatz ist: Er kommt daher wie eine unumstößliche
Wahrheit. Wer etwas dagegen sagt, hat Angst, als Schwächling dazustehen,
der das Leben nicht so akzeptieren kann, wie es ist. Der- oder diejenige,
die den Hexensatz ausspricht, tut so, als verkünde sie eine Wahrheit, ohne
eigene Motive. Falsch. Die Sprecher:in hat eigene Motive, Frust, ein
Kontrollbedürfnis, Herrschsucht oder sonst was, warum sie oder er den
Hexensatz weitergibt.
Hier unsere Chronologie der Hexensätze für Babyboomer:innen, mit Jahres-
und Quellenangaben: „Eine Frau muss sich entscheiden, ob sie Kinder haben
will oder einen Beruf. Beides geht nicht“ (1966). Das war ein Hexensatz mit
maximalem Terroreffekt aus dem Westen, den Ost-Frauen eher nicht kennen. Es
war der Hexensatz der West-Mütter, die vielleicht sogar studiert hatten und
dann in den 60er, 70er Jahren in der Rolle der Hausfrau landeten, was
manche von ihnen in Depressionen stürzte. Trotzdem gaben sie den Hexensatz
weiter an ihre Töchter, die heutigen Babyboomer:innen. Wer jetzt jung ist,
kann sich glücklich schätzen, so was nicht mehr zu hören.
„Dass du den Schmutz nicht siehst! So kriegst du später nie einen Mann!“
(1966, Tante Martha). Mädchen sollten gerne putzen und aufräumen. Die
Wahrheit aber ist: Frauen, die den Schmutz nicht sehen, haben es später in
der Langzeitpartnerschaft einfacher, es droht keine konservative
Rollenverteilung.
## Lebensverbot pur
„Runzel die Stirn nicht, Zornesfalten machen alt“ (1970, Hilles Mutter).
Die Mimik zu kontrollieren, um Faltenbildung zu vermeiden, war ein
Ratschlag, den ältere Frauen in der Verwandtschaft an die Jüngeren
weitergaben. Das ist Lebensverbot pur.
„Eine Frau über 35 findet keinen Mann mehr“ (1980, Tante Martha). „Eine
Frau über 45 findet keinen Mann mehr“(1997, Hilles Mutter). „Frauen sind
nur bis 45 attraktiv“ (2004, mein Bekannter Günther). Mit solchen Sprüchen
wird die Liebe entromantisiert und eingedampft in eine Art
„Prostitutionsschema“. Nun, nicht alle Männer sind wie Günther.
„Falten machen eine Frau alt und einen Mann interessant, das hat mit der
Evolution zu tun. Zumal Frauen im Alter keine Kinder mehr kriegen können“,
(1998, mein Bekannter Ludwig). Ja, der Verweis auf die Evolution! Nach der
Männer angeblich irgendwie nicht altern, aber Frauen … Die Naturgesetze!
Sind aber sehr unterschiedlich. Einen schönen Gruß von den Tüpfelhyänen,
Näheres würde hier zu weit führen.
Womit wir beim Thema „Macht“ wären: „Eine Frau in einer Führungsposition
fühlt sich einsam“ (1985, ein Abteilungsleiter). „Männer wollen Macht,
Frauen wollen geliebt werden“ (ein Arbeitgebervertreter, 1995). Mit solchen
Sprüchen hielt man Frauen davon ab, [2][als Konkurrentin auf dem
Arbeitsmarkt] aufzutreten und ein bisschen Machtausübung doch ganz sexy zu
finden. Der Frauen-fernhalte-Trick gilt heute als hoffnungslos überholt.
Vielleicht fällt Ihnen noch ein Hexensatz ein, melden Sie sich gerne.
8 Jan 2024
## LINKS
[1] /Betagter-Quadratmeteradel/!5930805
[2] /Frauenpolitik-und-Personalmangel/!5973679
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
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Babyboomer
Sexismus
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