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# taz.de -- Eklat in Hamburg: Senat sperrt Protestler aus
> Beschäftigte des Hafenbetreibers wollten bei Hamburgs Neujahrsempfang
> gegen die Teilprivatisierung protestieren. Sie durften nicht ins Rathaus.
Bild: Umstritten:: Teil-Übernahmen der HHLA durch die Schweizer Reederei MSC
Hamburg taz | Darf man einen besinnlichen Neujahrsempfang stören? Einfach
in gelber Warnweste im Hamburger Rathaus erscheinen inmitten all der
ausgewählten BürgerInnen, Trachtengruppen und Schützengilden, die dem
Bürgermeister ihren Neujahrsgruß entbieten dürfen? Nein, derlei Störung
passt offenbar nicht ins Hamburger Rathaus des Jahres 2024. Anders als
besagte Trachtengruppen wurden die zwölf Beschäftigen des
[1][Hafenbetreibers HHLA] als „Gruppe“ abgewiesen – als handele es sich um
gefährliche VerbrecherInnen.
Dabei wollten die HHLA-Leute nur ein mahnender Farbfleck sein, vielleicht
auch ein, zwei Worte der Skepsis überbringen angesichts der geplanten
Teilprivatisierung ihres Betriebs. Die soll dem Senat frisches Geld
bescheren, und das geht so: Der Senat reduziert seinen 70-Prozent-Anteil
auf 50,1. Die [2][Schweizer Reederei MSC] kauft die übrigen, bislang auch
von EinzelaktionärInnen gehaltenen Anteile und erreicht so 49,9 Prozent.
Das bedeutet eine starke Machtfülle. Und angesichts der Tatsache, dass
Privatisierungen in Hamburg – etwa beim Verkauf der Krankenhäuser gegen
Volkes Willen – oft Qualitätsminderung und Arbeitsplatzabbau brachten, ist
die Sorge der HHLA-Leute verständlich. Demonstrationen vor dem Rathaus und
eine von 3.000 Menschen unterzeichnete Onlinepetition hat es schon gegen
den Deal gegeben. All das hat der Senat ausgehalten – und da sollen zwölf
HHLA-Beschäftigte im Rathaus eine Bedrohung sein? Hat etwa Kanzler Scholz’
legendäre Angst vor [3][Gelbwesten-Protesten] à la Française beim
Zutrittsverbot Pate gestanden?
Er hoffe auf ein friedlicheres Jahr, hat der Erste Bürgermeister Peter
Tschentscher (SPD) gesagt. Vor allem wolle er den Zusammenhalt in der Stadt
bewahren. Aber wie kann das gelingen, wenn man Teile der Bevölkerung vom
bürgernahen Neujahrsempfang ausschließt? Zumal deren Bedenken berechtigt
scheinen, ist ein Privatinvestor doch per definitionem kein Wohltäter der
Werktätigen, sondern auf Profit ausgerichtet.
## MSC-Beteuerungen helfen nicht
„Wir sehen eine Beteiligung von Reedereien an Hafenbetrieben insgesamt
kritisch, weil durch diese Verbindungen der Druck auf Arbeitsbedingungen,
Tarife und Arbeitsplätze erhöht wird“, sagt die Gewerkschaft Ver.di. Da
hilft es auch nicht, dass MSC beteuert, langfristig Arbeitsplätze erhalten
und eine Erfolgsgeschichte schreiben zu wollen.
Im Übrigen ist das Szenario nicht neu: Schon 2007 wollte der damalige
CDU-Senat unter Bürgermeister Ole von Beust (CDU) die HHLA zu 49,9 Prozent
privatisieren – an die Deutsche Bahn, deren Zentrale nach Hamburg ziehen
sollte. Kanzlerin Angela Merkel (auch CDU) verhinderte es. Allerdings, in
puncto Bürgernähe könnte Tschentscher von seinem Vor-Vor-Vorgänger lernen:
Der ließ beim Neujahrsempfang 2007 im Rathaus den Protest von 300
HHLA-Beschäftigten in Arbeitskleidung zu und ertrug deren schlechte Laune.
Aber für den rot-grünen Wohlfühl-Empfang des Jahres 2024 war das wohl zu
viel. Da wollte man einfach mal Ruhe haben vor dem mauligen Volk.
4 Jan 2024
## LINKS
[1] /Hamburg-will-Reederei-MSC-beteiligen/!5956838
[2] /Teilprivatisierung-des-Hamburger-Hafens/!5971451
[3] /Nach-den-Unruhen-in-Frankreich/!5943283
## AUTOREN
Petra Schellen
## TAGS
Hamburger Hafen
Reederei
Privatisierung
Protest
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