# taz.de -- Einstufung durch Verfassungsschutz: Rechtsextremer Verein in Not | |
> Ein rechtsextremer Hamburger Verein verklagt den Verfassungsschutz. Er | |
> sorgt sich um seine Gemeinnützigkeit. | |
Bild: War auch schon bei der SWG zu Gast: die verurteilte Holocaust-Leugnerin U… | |
Die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft (SWG) gibt sich auf den | |
ersten Blick ziemlich gelassen: Es sei angesichts der „zunehmenden | |
staatlichen Repression gegen Regierungskritiker und Andersdenkende […] | |
nicht überraschend“, dass [1][das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz | |
(LfV) den Verein vergangenes Jahr als gesichert rechtsextremistisch | |
eingestuft] hatte, schrieb der SWG-Vorstand um Stephan Ehmke kürzlich in | |
einem internen Rundbrief. Dabei versichert er, darauf „vorbereitet“ gewesen | |
zu sein. Doch beide Behauptungen können bezweifelt werden. | |
Mehr als 60 Jahre lang konnte sich der Verein ohne staatliche Intervention | |
in der Öffentlichkeit für vermeintlich „konservative Ideale“ und das | |
„christliche Abendland“ einsetzen. „Wir lassen uns weder vom Zeitgeist no… | |
von politischer Korrektheit bestimmen“, heißt es auf seiner Website. Lange | |
Zeit konnten auch Warnungen zivilgesellschaftlicher Initiativen vor der SWG | |
den Verfassungsschutz nicht zum Handeln bewegen: Das Hamburger Bündnis | |
gegen Rechts (HBgR) wies etwa darauf hin, wie die SWG die „alliierte | |
Umerziehung“ und die „68er-Wertezersetzung“ beklagt und vor Liberalität … | |
Diversität warnt. | |
Nun aber hat der Verein, bei dem immer wieder frühere Bundeswehroffiziere | |
mitwirkten, nach eigenen Angaben gegen die „Beobachtung“ durch das LfV vor | |
dem Verwaltungsgericht Klage eingereicht. Ein Eilantrag sei anhängig, in | |
der Hauptsache sei das Verfahren ebenso eingeleitet worden. Doch die große | |
Zeitspanne zwischen dem Bekanntwerden der Einstufung des | |
Verfassungsschutzes bis zum aktuellen Rundbrief deutet an, dass der | |
Vorstand mit seinem militärischen Habitus von diesem Angriff wohl | |
überrumpelt worden war. | |
Und dass er sich darauf bereits vorbereitet hatte, kann ebenso bezweifelt | |
werden: Im Brief bittet der Vorstand sogleich seine „Mitglieder und | |
Förderer“ um finanzielle Unterstützung. „Mehr denn je“, denn durch den | |
Prozess würden hohe Kosten auf ihn zukommen. Hinzu sorgt sich der Vorstand, | |
dass nach der Einstufung das Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkennen | |
könnte. Dann wären Spenden nicht mehr absetzbar. Für den Vorstand ist der | |
drohende Verlust der Gemeinnützigkeit demnach „Teil des staatlichen Kampfes | |
gegen unliebsame Organisationen“. Ziel des Staates sei es, „sie | |
wirtschaftlich zu erledigen“. | |
## Rechtsstreit gegen den Verfassungsschutz | |
Zugleich hat die Vergangenheit auch gezeigt, dass ein rechter Rechtsstreit | |
gegen den Verfassungsschutz dessen Handeln beeinflussen kann: So gewann die | |
[2][Hamburger AfD 2021] vor dem Verwaltungsgericht wegen zweier Aussagen in | |
den Jahresberichten des LfV zum AfD-Jugendverband „Junge Alternative“. Der | |
LfV verlor, weil er aus der Teilnahme eines Mitglieds an Aktionen der | |
rechtsextremistischen [3][Identitären Bewegung] eine Mitgliedschaft bei dem | |
rechtsextremen Netzwerk konstruierte. | |
Seither schweigt sich der Verfassungsschutz zur AfD-Jugend konsequent aus, | |
beklagt Felix Krebs vom HBgR. Dies zeigte sich etwa in einer Senatsantwort | |
auf eine parlamentarische Anfrage der linken Bürgerschaftsfraktion. Auf | |
zwölf Fragen zur „Jungen Alternative“ antwortete der Senat im Dezember mit | |
einer einzigen kurzen Antwort: Das LfV „äußert sich entsprechend den vom | |
Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen öffentlich grundsätzlich | |
nur zu Beobachtungsobjekten, von denen gesichert extremistische | |
Bestrebungen ausgehen sowie (…) nur in Einzelfällen zu Beobachtungsobjekten | |
im Status eines Verdachtsfalls“, hieß es da. Anders formuliert: Zur „Jungen | |
Alternative“ äußern wir uns nicht mehr. | |
Diese Stellungnahme legt nahe, so Krebs, dass die „Junge Alternative“ in | |
Hamburg vom Verfassungsschutz zwar als Verdachtsfall eingestuft worden ist. | |
„Das ‚Frühwarnsystem der Demokratie‘ ist jedoch zu feige, das gegenüber… | |
Öffentlichkeit zu erklären“, sagt Krebs. Somit fehle also die Warnung der | |
Öffentlichkeit vor den Bestrebungen der Jugendorganisation. | |
3 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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