# taz.de -- Autokratie in Ungarn und Serbien: Was läuft da falsch? | |
> Während in anderen Ländern Osteuropas Wandel möglich ist, scheint er in | |
> Ungarn und Serbien ausgeschlossen. Das liegt am Umgang mit der | |
> Geschichte. | |
Bild: Der serbische Präsident Aleksandar Vucic während des Wahlkampfs in Belg… | |
Mehrere (süd-)osteuropäische Staaten erlebten autoritäre Regime in ihrer | |
jüngeren Geschichte: Franjo Tudjman in Kroatien, Ion Iliescu in Rumänien | |
oder Vladimir Mečiar in der Slowakei. Sie erwiesen sich aber als kurze | |
Phänomene. In zwei Ländern scheint der autoritäre Weg dagegen kein Ende zu | |
nehmen: Ungarn und Serbien. Wie lässt sich erklären, dass ein | |
demokratischer Machtwechsel in Slowenien oder Polen möglich ist, in Ungarn | |
und Serbien aber immer wieder scheitert? | |
Ein großer Unterschied zwischen diesen Ländern und den anderen der Region | |
besteht darin, dass sich dort ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung | |
als „Verlierer der Geschichte“ sieht und dafür „den Westen“ verantwort… | |
macht. Dabei werden historische Traumata tagespolitisch mobilisiert: In | |
Ungarn wird der Gebietsverlust nach dem Ersten Weltkrieg revisionistisch | |
erinnert, in Serbien wird die Unabhängigkeit vom Kosovo nicht akzeptiert. | |
Teile der ungarischen und [1][serbischen Rechten] waren auch historisch | |
gesehen immer antiwestlich orientiert: In Ungarn wird beispielsweise die | |
angeblich türkische Abstammung der Magyaren kontrafaktisch als Ideologie | |
für eine Abkehr vom „Westen“ herangezogen. [2][Diese Orientierung lässt | |
sich auch in der Budapester Außenpolitik erkennen.] | |
Das weitverbreitete Gefühl, vom „Westen“ verraten zu werden, fördert ein | |
antiwestliches nationalistisches Klima in diesen Ländern, auch in der | |
Opposition. Für fast alle [3][serbischen Oppositionsparteien] ist die | |
Anerkennung des Kosovos als unabhängiger Staat ein Tabu. In Ungarn | |
betrachten die meisten Oppositionsparteien die „Auslandsungarn“ im | |
völkischen Sinne als Teil der „ungarischen Nation“. Völkische Ideen über | |
das Wesen des „Magyarentums“ oder des „Serbentums“ gehören zum Mainstr… | |
der ungarischen und serbischen Öffentlichkeit. | |
Solange die historischen Frustrationen in Ungarn, Serbien oder auch | |
Russland nicht selbstkritisch bewältigt werden, wird auch ein politischer | |
Machtwechsel in diesen Ländern keine grundlegende Veränderung anstoßen. | |
28 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Péter Techet | |
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