| # taz.de -- Alltagsgegenstände neu gedacht: Wer pflanzt den ersten Karten-Wald? | |
| > Tische, Böden und Regale aus Holz – das kennt ja jede:r. Warum nicht mal | |
| > etwas ganz Neues wagen? Die neueste Idee hat allerdings einen kleinen | |
| > Haken. | |
| Bild: Holzkarte statt Holzweg | |
| Die Holz-statt-Plastik-Fraktion hat wieder zugeschlagen. Nach Klodeckeln, | |
| Smartphone-Hüllen und Zahnbürsten hat sie sich den nächsten Gegenstand | |
| vorgenommen: Karten. Nein, nicht Landkarten oder Postkarten, die bestehen | |
| ja traditionell eh schon aus Papier, was in einem früheren Leben mal Holz | |
| war, sondern paradoxerweise etwas, das das P-Wort mitunter schon im Namen | |
| trägt: Bankkarten aka Plastikgeld. | |
| Noch sind die Karten, die mehr mit einem Stück Furnier als mit einem | |
| massiven Holztisch zu tun haben, nicht so verbreitet, dass irgendjemand | |
| anfangen würde, von Holzgeld zu sprechen. Ist vielleicht auch besser so. | |
| Denn das würde arg nach Kinderspielzeug klingen – oder an die 20er Jahre | |
| des vorherigen Jahrhunderts erinnern, als zu Inflationszeiten die | |
| österreichische Gemeinde Hadersfeld bedruckte Holzplatten als Geld ausgab. | |
| Hat ja damals auch niemand ahnen können, dass die Holzscheibchen hundert | |
| Jahre später in den Tiefen des Internets zu Sammler:innenstücken | |
| würden. Eine 20-Heller-Scheibe für 15 Euro. Anbieter mit 99,9 Prozent | |
| positiven Bewertungen. Welche Bank kann das schon von sich behaupten? | |
| Dabei hat die Holz-statt-Plastik-Fraktion vielleicht gar nicht so unrecht. | |
| Fünf Gramm zeigt die Küchenwaage für eine Karte. Laut Bundesbank waren 2020 | |
| je Bundesbürger:in 1,9 Zahlungskarten im Umlauf. Macht knappe 800 | |
| Tonnen [1][Plastik], die die Menschen in Deutschland damit durch die Gegend | |
| schleppen. Und das ist noch nicht alles: Krankenversicherungskarten, | |
| Rabattkarten, Zutrittskarten für Firmengelände, Gutscheinkarten, | |
| Personalausweise, Führerscheine … 10.000 Karten gibt ein Baum her, so | |
| rechnet es einer der Anbieter vor. Wer pflanzt den ersten Karten-Wald? | |
| Natürlich ist das Klitzekleinkram, verglichen mit all den | |
| Waschmittelverpackungen, den Einweggetränkeflaschen und Shampoobehältern. | |
| Aber solange Shampoo in der Holzkiste aus vielerlei Gründen Quatsch ist, | |
| bleibt es halt bei den Holzkarten. Denn genau darum geht es doch bei einem | |
| guten Teil der Nachhaltigkeitsversprechen: etwas zu ändern, ohne etwas | |
| ändern zu müssen. Oder? | |
| Immerhin: Die Haptik der neuen Karten ist angenehm, die Optik schick, das | |
| unauffällig-auffällige Hervorblitzenlassen ein dankbarer Gesprächseinstieg. | |
| Und wäre es nicht großartig, die alte Karte nach einem Wechsel der Bank | |
| voller Genugtuung in den Biomüll oder auf den Kompost werfen zu können? | |
| Nun, die Sache hat einen kleinen Haken. Oder besser gesagt: einen | |
| Mikrochip. Der Chip, der, samt Antenne, die Karte erst zur Karte macht, | |
| also Geldabheben und Zahlungen ermöglicht. Streng genommen ist also auch | |
| die Holzkarte kein Biomüll, sondern [2][Elektronikschrott]. Aber immerhin | |
| mit Holz drumrum. | |
| 13 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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