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# taz.de -- Recycling von Kühlschränken: Klimakiller in der Küche
> Beim Recycling von Geräten wie Kühlschränken, die FCKW und F-Gase
> enthalten, wird gepfuscht. Das ist schlecht für das Klima und die
> Ozonschicht.
Bild: In diesem Depot enthalten noch 40 Prozent der Kühlschranke umweltschädl…
Berlin taz | „Die Überwachung des Kühlgeräterecyclings in Deutschland hat
massive Lücken und öffnet unsachgemäßen Entsorgungspraktiken Tür und Tor�…
kritisiert Marieke Hoffmann von der [1][Deutschen Umwelthilfe (DUH)]. Jedes
Jahr werden mehr als drei Millionen Kühlschränke in Deutschland zu
Elektroschrott. Zwar ist der Einsatz von FCKW als Kühlmittel seit vielen
Jahren international verboten, weil es maßgeblich zur Zerstörung der
Ozonschicht beiträgt. Doch Zahlen der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft
Abfall (Laga) belegen: Etwa 40 Prozent der Altgeräte, die bei den
Entsorgungsbetrieben ankommen, enthalten immer noch FCKW oder andere F-Gase
als Ersatzstoffe, die zum Teil extrem klimaschädlich sind. Entscheidend
ist, dass die Stoffe beim Recycling sorgfältig abgetrennt und unschädlich
gemacht werden. Vorgeschrieben ist eine Quote von 90 Prozent. Idealerweise.
Um die Vorschrift umzusetzen, sind Daten über eingesammelte Geräte und
zurückgewonnene Schadstoffmengen unerlässlich. Genau daran aber mangelt es.
Die DUH hat auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes bei den
zuständigen Stellen nachgefragt und herausgefunden, dass die Bundesländer
ihrer Pflicht nur äußerst unzureichend nachkommen. Lediglich Hamburg hat
einen Überblick, in welche der 24 Recyclinganlagen die alten Kühlschränke
der Hanseat*innen transportiert werden. Oft stieß die DUH außerdem auf
völlig unplausible Angaben: So sollen mancherorts viel mehr Kühl- und
Treibmittel zurückgewonnen worden sein, als hineingegangen sind.
Verantwortlich für Transport und Recycling der Altgeräte sind die
Hersteller – und die wollen es natürlich möglichst billig haben.
Problematisch ist auch, dass die beauftragten Recyclingbetriebe und nicht
die Behörden entscheiden, welche Institute die Schadstoffmessungen
durchführen. Wie immer in solchen Fällen besteht die Gefahr, dass die
Dienstleister nicht genau hingucken – denn wer meckert, riskiert den
nächsten Auftrag. Die DUH fordert deshalb eine Verschärfung der
Gesetzeslage. Bisher regelt eine Verwaltungsvorschrift das Vorgehen und
erlaubt, dass Behörden auf lokaler Ebene jederzeit Ausnahmeregelungen
treffen können. „Es braucht eine fundierte Datenerfassung, unangekündigte
Kontrollen und unabhängige Nachmessungen durch die Behörden“, fasst
Hoffmann zusammen.
Die heute in Deutschland verkauften Kühlschränke enthalten fast alle das
Kühlmittel Isobutan, das als R-600a bezeichnet wird, so das
Umweltbundesamt. Ein solcherart betriebenes Gerät hatte Greenpeace bereits
vor 30 Jahren zusammen mit der ostdeutschen Firma DKK Scharfenstein –
später Foron – als Prototyp entwickelt. Dessen Kühlmittel schädigt weder
die Ozonschicht noch das Klima.
## Lobbyisten wetterten gegen neue Technik
Doch Lobbyisten der etablierten Industrie wetterten damals gegen die neue
Technik und behaupteten, das neue Kühlmittel könnte Brände verursachen.
Kurz zuvor hatten die Platzhirsche der Branche Patente für verschiedene
F-Gase als Ersatz für FCKW angemeldet, sie verteidigten ihr Geschäftsfeld
gegen die neue Konkurrenz. Zwar hat sich die Greenpeace-Technik bei
Kühlschränken schließlich durchgesetzt – doch bis dahin wurden noch viele
Geräte mit FCKW-Ersatzstoffen verkauft, die jetzt in den Recyclinganlagen
landen.
Die Politik suchte [2][angesichts des Ozonlochs] nach raschen Lösungen.
Dass der Ersatzstoff der Industrie 3-000-mal so klimaschädlich ist wie CO2,
wurde damals ignoriert. Erst seit etwa zehn Jahren ist das
Schadstoffpotenzial von F-Gasen ein breiter diskutiertes Thema.
So ist die Politik ein ewiger Reparaturbetrieb. Anfang kommenden Jahres
will die EU endlich die Vorschriften für den Einsatz von F-Gasen
verschärfen, die für Klimaanlagen, Brandschutzmittel, Schaumstoffe oder
Wärmepumpen entwickelt wurden und zum Teil sogar 10.000- bis 25.000-mal so
stark zur Erderwärmung beitragen wie CO. Die EU geht davon aus, dass etwa
2,5 Prozent der Treibhausgase aus fluorierten Stoffen stammen.
Wo es bereits technische Alternativen gibt, sind sie künftig verboten. So
müssen Haushaltskühlschränke ab 2026 F-Gas-frei sein. Auch in Betrieben
gibt es bald keine damit ausgestatteten Kühl-, Gefrierschränke oder
Eismaschinen mehr. Vergeblich hatte das Kältebauerhandwerk versucht, den
Prozess zu verlangsamen. Doch in vielen anderen Bereichen gelang es der
Industrie, diese Änderungen zu verzögern.
„Leider war die Sache mit dem Kühlschrank ein Einzelerfolg. Bei
Autoklimaanlagen ist es uns nicht gelungen, fluorfreie Stoffe gegen das
technisch überlegene Propan durchzusetzen“, bedauert Klimaexperte Wolfgang
Lohbeck, der lange bei [3][Greenpeace] für das Thema zuständig war.
22 Dec 2023
## LINKS
[1] /Umwelthilfe-zieht-Mercedes-vor-Gericht/!5969656
[2] /Ergebnisse-der-Polarstern-Mission/!5778761
[3] /Aktion-gegen-Tiefseebergbau/!5973850
## AUTOREN
Annette Jensen
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Ozonloch
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Recycling
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GNS
Chemikalien
Klimakonferenz in Dubai
Vereinte Nationen
Artenschutzkonferenz
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