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# taz.de -- Adventskalender (4): Kein Untergang des Abendlands
> Benachteiligung durch den Staat? Mehr als meckerwürdig! Eine frohe
> Botschaft ist es, wenn ein neues Gesetz dazu beiträgt, dass das besser
> werden kann.
Bild: Weihnachtswunsch an die Polizei: bitte mal nicht diskriminieren!
Es gibt sie noch, die nicht ganz so schlechten Dinge – auch wenn sie
derzeit rar gesät sind. In diesem Advent zaubern wir jeden Tag etwas
Meckerfreies aus unserem Kalender. Sei's kulinarisch oder klimatisch, mobil
oder musikalisch. Oder, wie heute, mal klassisch politisch.
Berlin taz | Die Aufregung vor der Einführung war groß: Die Polizei werde
unter Generalverdacht gestellt, Berlin von einer Klagewelle überrollt, und
überhaupt stehe quasi der Untergang des Abendlandes bevor.
Aber rund drei Jahre nachdem [1][das Landesantidiskriminierungsgesetz, kurz
LADG], vom damals noch rot-rot-grünen Senat eingeführt wurde, ist von den
ganzen Befürchtungen nicht viel übrig geblieben. Vielmehr hat sich das LADG
als genau das bewährt, als as es gedacht war: eine wichtige Ergänzung zum
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), damit Bürger*innen auch gegen
staatliche Diskriminierung vorgehen können.
Und das tun sie auch: Genau 2.245 Beschwerden sind, Stand Ende November,
bei der Ombudstelle eingegangen. Davon fiel mit rund 1.200 zwar nur etwas
mehr als die Hälfte tatsächlich in den Anwendungsbereich des LADG, aber so
ist das eben mit neuen Gesetzen. Und dass Diskriminierungen beim Jobcenter
ein Fall für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes sind: geschenkt.
Hauptsache, es landet am Ende bei den Richtigen und wird von denen auch
bearbeitet.
## Diskriminierende Bezirksämter
So oder so wirft es ein Schlaglicht darauf, wer hier wie und warum
staatlicherseits diskriminiert wird – und vor allem von wem. Laut der
Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales, die auch für Vielfalt und
Antidiskriminierung zuständig ist, belegen die Bezirksämter, also
Bürgerämter, Standesämter, Jugendämter, und Ordnungsämter Platz eins des
Negativ-Rankings. Gleich dahinter folgen die Berliner Schulen und
Hochschulen, [2][die Verkehrsbetriebe] und erst [3][dann die Polizei].
Und wen haben die Staatsdiener*innen so auf dem Kieker? Laut
Ombudsstelle sind es vor allem Menschen mit einer Behinderung und –
vermeintliche oder tatsächliche – Migrant*innen, wobei die Beschwerden
wegen Ableismus beziehungsweise Rassismus sich ungefähr die Waage halten.
Platz zwei belegen Diskriminierungen wegen der geschlechtlichen oder der
sexuellen Identität und Platz drei der soziale Status.
Nach etwas, worüber man nicht meckern kann – wie es dieser Adventskalender
verspricht –, klingt das ja nun weniger, eigentlich eher im Gegenteil. Aber
um Diskriminierung bekämpfen zu können, muss sie sichtbar sein, und genau
das leistet das LADG. Die Ombudsstelle zieht deshalb auch ein durch und
durch positives Fazit: „Berlin kann wirklich stolz auf dieses Gesetz sein“,
heißt es auf taz-Anfrage.
Denn nicht nur werde das LADG in der Stadtgesellschaft immer bekannter, es
gebe gleichzeitig in der Verwaltung ein „riesengroßes Interesse an
Schulungen“. Und in der Senatsverwaltung weiß man: „Die Beschwerden, die
bei der Ombudsstelle eingehen, geben auch Hinweise auf strukturelle
Diskriminierungen und helfen dabei, strukturelle Diskriminierung
abzubauen.“
Sogar noch eine weitere gute Nachricht gibt es zum Schluss: Berlin wird
aller Voraussicht nach nicht das einzige Bundesland bleiben, in dem die
Menschen gegen staatliche Diskriminierung vorgehen können. Die frohe
Botschaft der Senatsverwaltung lautet: Wegen der guten Erfahrungen wollen
„viele Bundesländer“ nun eigene Landesantidiskriminierungsgesetze auf den
Weg bringen.
4 Dec 2023
## LINKS
[1] /2-Jahre-LADG-Berlin/!5862124
[2] /Rassismus-bei-der-BVG/!5945022
[3] /Racial-Profiling-im-Goerlitzer-Park/!5885773
## AUTOREN
Marie Frank
## TAGS
taz-Adventskalender
LADG
Antidiskriminierung
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Berlin Prenzlauer Berg
Landwirtschaft
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