# taz.de -- Trotz Wahlsiegs der Opposition: Polens neue Zwei-Wochen-Regierung | |
> Die neue PiS-Regierung hat keine Chance, die Vertrauensabstimmung im | |
> Parlament zu überstehen. Dennoch hat Präsident Duda sie vereidigt. | |
Bild: Der alte und zunächst auch aktuelle Premier: Morawiecki (l.) mit Mitglie… | |
WARSCHAU taz | Polen hat eine neue Regierung. Mateusz Morawiecki, der | |
bisherige Premier von der nationalpopulistischen Partei Recht und | |
Gerechtigkeit (PiS), hat sein neues Kabinett vorgestellt. Staatspräsident | |
Andrzej Duda überreichte den neuen Ministerinnen und Ministern in einer | |
prächtigen Feierstunde am Montagnachmittag ihre Ernennungsurkunden. | |
Danach schworen alle ihren Amtseid. Doch die meisten Polen wissen, dass | |
diese Veranstaltung reines Theater war. Sie verpassten der neuen | |
Ministerriege den Spitznamen Zwei-Wochen-Regierung. Denn Morawiecki hat | |
keine Chance, die Vertrauensfrage im Sejm, dem polnischen Abgeordnetenhaus, | |
zu gewinnen. | |
[1][Bei der Parlamentswahl am 15. Oktober ist die PiS zwar erneut stärkste | |
Kraft geworden], hat aber ihre absolute Mehrheit im Sejm verloren. Dass die | |
194 Stimmen der PiS weniger sind als die 248 der drei bisherigen | |
Oppositionsparteien, die demnächst als Koalition regieren wollen, weiß | |
natürlich auch Präsident Duda. Dennoch betonte er in der live übertragenen | |
Feierstunde, dass die PiS die Wahl gewonnen und erneut einen „Sieg“ | |
davongetragen habe. | |
Morawiecki hatte die Namen der neuen Ministerinnen und Minister bis kurz | |
vor der Vereidigung wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Die große Überraschung | |
waren dann aber nicht die vielen bisher völlig unbekannten Vize-Minister, | |
Ex-Büroleiter und PiS-Hinterbänkler im Sejm, sondern insbesondere fünf | |
bekannte Politiker. | |
Neben Morawiecki, der den demokratischen Machtwechsel mit seiner neuen | |
Regierung um einen Monat verzögert und in spätestens zwei Wochen mit seiner | |
Regierung an der neuen Mehrheit im Sejm scheitern wird, blieb | |
Ex-Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak als einziger Minister auf seinem | |
Posten. | |
In der Öffentlichkeit bekannt ist auch Szymon Szynkowski vel Sęk, der in | |
der Vergangenheit vor allem als scharfer Kritiker der EU und Deutschlands | |
aufgefallen ist. Er rückt nun – für zwei Wochen – auf den Posten des | |
polnischen Außenministers auf. Die bisherige Ministerin für Familie, | |
Soziales und Arbeit, Marlena Maląg, wird nun Chefin des Ressorts | |
Entwicklung und Technologie. Paweł Szefernaker, ein PiS-Partei-Apparatschik | |
der jüngeren Generation, steigt innerhalb des Innenministeriums bis an die | |
Spitze auf. | |
Kaczyński im Hintergrund | |
Morawiecki lächelte während der gesamten Zeremonie freundlich- verbindlich. | |
Dabei hätten viele Polen Verständnis gezeigt, wenn er die ihm zugedachte | |
Rolle in dieser Demokratie-Groteske hingeschmissen hätte. Zumal kurz vor | |
der Vereidigung seines neuen Kabinetts der nach wie vor mächtige | |
PiS-Parteivorsitzende Jarosław Kaczyński plötzlich behauptete, dass er als | |
Architekt hinter der „Experten-Regierung“ Morawieckis stehe. | |
Anders als es Błaszczak und andere PiS-Minister behauptet hatten, die als | |
„Politiker der ersten Reihe“ der neuen Regierung nicht angehören wollten, | |
habe es genügend Bewerber unter Politikern gegeben, so Kaczyński. Die | |
Auswahl der Kandidaten für die Morawiecki-Regierung habe er getroffen. | |
Das Regierungsprogramm der „polnischen Angelegenheiten“ hätten hingegen | |
Morawiecki und Duda unter sich ausgehandelt. Es ist klar, was das bedeutet: | |
Kaczyński wird diesen beiden Politikern die alleinige Schuld für das | |
Scheitern der neuen PiS-Regierung bei der Vertrauensabstimmung im Sejm in | |
zwei Wochen zuweisen. | |
Politikexperten haben bereits ausgerechnet, dass die öffentlich aufgeführte | |
PiS-Groteske die Steuerzahler rund eine Million Zloty (knapp 250.000 Euro) | |
an Gehältern und Abfindungen für die Zwei-Wochen-Regierung kosten wird. | |
28 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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