# taz.de -- Immobilienkrise bei Signa: Vom Wunderwuzzi und seinem Absturz | |
> Der österreichische Geschäftsmann René Benko hat sich verzockt. Das | |
> könnte schwerwiegende Auswirkungen über sein Imperium hinaus haben. | |
Bild: Finale! René Benko hat sich verzockt | |
Erst Milliardär, nun bankrott: Der [1][Tiroler Immobilienunternehmer René | |
Benko] hat ein Leben geführt, für das die Österreicher den lustigen Begriff | |
Wunderwuzzi geprägt haben. Doch so atemberaubend Benkos Finanzmanöver | |
waren, so verfehlt wäre es, den 46-Jährigen zu einer seltsamen | |
Ausnahmeerscheinung zu erklären. | |
Benko hat nur ins Extrem getrieben, was in der gesamten Immobilienbranche | |
üblich ist: Man finanziert auf Kredit und spekuliert auf steigende | |
Gebäudepreise. Die Frage ist also, ob auf den [2][Konkurs vom Wunderwuzzi] | |
noch weitere große Pleiten folgen könnten – und ob eine echte Finanzkrise | |
droht. | |
René Benko ist in eine typische Falle geraten: Er hat darauf vertraut, dass | |
die Kreditzinsen auf Dauer ganz niedrig sein werden und es keinerlei Risiko | |
darstellt, immer neue Darlehen aufzunehmen. Doch dann kam die [3][Zinswende | |
der Europäischen Zentralbank], mit der die Kredite deutlich teurer wurden, | |
um die Inflation zu bekämpfen. Diese steigende Zinslast konnte Benko nicht | |
tragen. | |
Er hätte also frisches Geld gebraucht, um die Lücken in seiner Bilanz zu | |
stopfen. Doch nun schnappte die zweite Falle zu: Es gab niemanden mehr, der | |
noch in sein Imperium investieren wollte – weil die Immobilienpreise | |
fallen, statt zu steigen. Benko hatte den Fehler gemacht, zu glauben, dass | |
Betongold ganz sicher sei. | |
## Immobilienkrisen sind gefährlicher als Aktienkrisen | |
Benko ist besonders bedenkenlos ins Risiko gegangen, aber das Doppelproblem | |
von steigenden Zinsen und fallenden Immobilienpreisen dürfte auch anderen | |
Banken, Versicherungen und Fonds zu schaffen machen. Ein paar Zahlen zeigen | |
das Ausmaß der Misere: Die Preise für Gewerbeimmobilien sind im vergangenen | |
Jahr um 10,3 Prozent gesunken. Zudem ist der Markt wie eingefroren. Es ist | |
sehr schwer, überhaupt noch Gebäude loszuwerden: Die | |
Immobilientransaktionen im Euroraum sind im ersten Halbjahr 2023 um 47 | |
Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. | |
Die Immobilienbranche tröstet sich zwar jetzt, dass die Inflationsraten | |
wieder fallen, sodass die Zentralbank auch die Zinsen senken könnte. Aber | |
unschön bleibt, dass viele Gewerbeimmobilien gar nicht mehr gebraucht | |
werden: Das Büro wird oft durchs Homeoffice ersetzt; und gekauft wird | |
weniger in Läden und häufiger im Onlineshop. Die Preise für | |
Gewerbeimmobilien dürften sich nicht so bald erholen. | |
Immobilienkrisen sind immer gefährlich, viel gefährlicher als Aktiencrashs, | |
weil ein großer Teil des Volksvermögens in Gebäuden angelegt ist. Allein | |
die Darlehen für Gewerbeimmobilien machen zehn Prozent aller Bankkredite | |
aus. Und dann gibt es noch die Versicherungen und Fonds, die ebenfalls in | |
Büros und Einkaufszentren investieren. Wie groß das Risiko eines Crashs ist | |
– das kann niemand sagen. | |
Auch bei Benko wabert noch der Finanznebel. Zwar ist klar, dass seine | |
Dachgesellschaft Signa Holding insolvent ist und auf etwa 5 Milliarden Euro | |
Schulden sitzt. Aber unbekannt ist, wie viele Kredite die bis zu 1.000 | |
Unterfirmen aufgenommen haben könnten. Die US-Bank JPMorgan schätzt, dass | |
allein die beiden größten Immobilientöchter weitere 13 Milliarden Euro | |
Schulden haben. | |
Diese Kredite sind wahrscheinlich nicht komplett verloren, denn | |
normalerweise werden Darlehen besichert – durch genau jene Immobilien, die | |
damit gebaut oder erworben wurden. Aber Geld kommt nur rein, wenn sich die | |
Gebäude verkaufen lassen – was gerade schwierig ist. Benko dürfte der | |
Anfang einer Immobilienkrise sein, nicht das Ende. | |
8 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Banken-und-Kommunen-im-Signa-Konkurs/!5973918 | |
[2] /Firmenimperium-von-Rene-Benko/!5977114 | |
[3] /Inflation-in-der-Eurozone/!5960306 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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