# taz.de -- Immobilienpreise sacken ab: „Die Blase ist geplatzt“ | |
> Wohnimmobilien haben sich zuletzt stark verbilligt. Heult doch, möchte | |
> man „der Branche“ zurufen. Denn die Mietpreise bleiben nach wie vor hoch. | |
Bild: Einfamilienhäuser in der Metropole Hamburg | |
WIESBADEN dpa | Die Preise für Wohnungen und Häuser in Deutschland sind im | |
dritten Quartal im Rekordtempo gefallen. Wohnimmobilien verbilligten sich | |
nach Daten des Statistischen Bundesamts im Schnitt um 10,2 Prozent zum | |
Vorjahreszeitraum – das stärkste Minus seit Beginn der Zeitreihe im Jahr | |
2000. Damit beschleunigte sich der Preisverfall nach den bereits kräftigen | |
Rückgängen in den ersten beiden Quartalen noch. Sowohl in Städten als auch | |
in ländlichen Regionen sanken die Preise im Schnitt. Dabei verbilligten | |
sich Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als Eigentumswohnungen. | |
Gegenüber dem zweiten Quartal wurden Wohnimmobilien um 1,4 Prozent | |
günstiger, wie die Statistiker am Freitag in Wiesbaden mitteilten. Mit dem | |
erneuten Minus zeichnet sich für das laufende Gesamtjahr der erste | |
Preisrückgang seit 2010 ab. | |
In den Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, | |
Stuttgart und Düsseldorf verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser im | |
dritten Quartal um 12,7 Prozent, für Wohnungen mussten Käufer im Schnitt | |
9,1 Prozent weniger zahlen als ein Jahr zuvor. In dünn besiedelten | |
ländlichen Kreisen fielen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um | |
12,4 Prozent, während Eigentumswohnungen im Jahresvergleich 5,6 Prozent | |
günstiger waren. | |
Hauptgrund für den Preisverfall sind die kräftig gestiegenen Zinsen, die | |
Kredite verteuert haben, sowie hohe Baukosten. Viele Menschen können oder | |
wollen sich die eigenen vier Wände nicht mehr leisten. Das Neugeschäft der | |
Banken mit Immobilienkrediten ist eingebrochen. Bereits seit Mitte 2022, | |
dem Höhepunkt des langen Immobilienbooms, fallen die Preise. | |
## Krise am Bau hält an | |
Zugleich bleibt die Nachfrage nach Wohnraum groß, nicht zuletzt wegen der | |
hohen Zuwanderung, während der Neubau wegen des Zinsanstiegs und teurer | |
Materialien in die Krise geraten ist. Verbände der Wohn- und Bauwirtschaft | |
erwarten für das Gesamtjahr 2023 noch etwa 245.000 Fertigstellungen – | |
deutlich weniger als im Vorjahr (gut 295.000). Das Ifo-Institut beobachtet | |
eine Welle von Stornierungen bei Bauprojekten. | |
Laut dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes gab es von Januar bis | |
Oktober 22 Prozent weniger Wohnungsbauaufträge als im Vorjahr. Der Wert der | |
Bestellungen im Bauhauptgewerbe insgesamt sank preisbereinigt um 6,3 | |
Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt berichtete. | |
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) ist dennoch optimistisch. Sie | |
erwartet, dass dieses Jahr in der Gesamtabrechnung etwa 270.000 Wohnungen | |
fertig werden und 2024 rund 265.000. Der Wohnungsmarkt werde sich wohl | |
„Ende 2024, Anfang 2025“ aufhellen, sagte sie der „Rheinischen Post“. V… | |
dem ursprünglichen Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr sind die | |
Zahlen allerdings weit entfernt. | |
Experten sehen zudem keine Aussicht auf Besserung. Die Zahl der jährlichen | |
Fertigstellungen könnte bis 2025 auf 200.000 Wohnungen fallen, schätzt die | |
DZ Bank. Zudem gibt es wieder Unsicherheit um die Neubauförderung wegen der | |
Haushaltskrise: Das Bundesbauministerium verkündete unlängst, dass beim | |
Programm für den klimafreundlichen Neubau der Fördertopf leer sei. Neue | |
Anträge könnten erst wieder gestellt werden, sobald der Bundeshaushalt 2024 | |
in Kraft trete. Die Krise am Bau bremst nach Ansicht der DZ Bank den | |
Preisverfall, da Wohnraum weiter knapp ist. | |
## Erster Preisrückgang im Gesamtjahr seit 2010 | |
Mit dem Minus im dritten Quartal zeichnet sich im laufenden Jahr der erste | |
Preisrückgang seit 2010 ab, als der Immobilienboom begann. Besonders | |
betroffen seien Großstädte wie Berlin, Hamburg und München, hieß es in | |
einer am Mittwoch veröffentlichten Analyse des Deutschen Instituts für | |
Wirtschaftsforschung (DIW). | |
Die DIW-Berechnungen zeigen, dass der Weg ins Eigenheim für Käufer steinig | |
bleibt. So sind Immobilien trotz der Rückgänge der vergangenen Quartale | |
noch viel teurer als zu Beginn des Booms: Die Preise für Einfamilien- und | |
Reihenhäuser hätten sich zwischen 2010 und 2023 verdoppelt, so die | |
Forscher. Die Mieten legten in dem Zeitraum deutlich weniger zu – um | |
insgesamt 53 Prozent. Derzeit koste eine Eigentumswohnung in Großstädten so | |
viel wie 27 Jahresmieten, im vergangenen Jahr seien es noch 28 Jahresmieten | |
gewesen. | |
„Bis 2022 gab es eine spekulative Preisblase in Deutschland, eine der | |
größten in den letzten 50 Jahren“, sagte DIW-Studienautor Konstantin | |
Kholodilin. „Seitdem fallen die Preise. Die Blase ist geplatzt.“ | |
22 Dec 2023 | |
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