Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Russische Repressionen auf der Krim: Erst Arrest, dann Knast
> Gegen Hunderte Bewohner der Krim laufen Verfahren. Ihr Vergehen: Sie
> bekunden offen ihre Solidarität mit der Ukraine. Manche landen im
> Gefängnis.
Bild: Nariman Dscheljal im September 2021 in Simferopol. 2022 wurde er zu 17 …
Mönchengladbach taz | 593 Verfahren sind derzeit auf der Krim gegen
Personen anhängig, die die russischen Streitkräfte diskreditiert haben
sollen. Dies berichtet die Vertretung des ukrainischen Präsidenten auf der
Krim auf ihrer Webseite Anfang des Monats. Fast 90 Prozent dieser Verfahren
sind Ordnungsverfahren, bei denen die Angeklagten mit Geldstrafen von
insgesamt 160.000 Euro und mitunter mehrtägigen bis zweiwöchigen
Arreststrafen belegt worden sind.
Ihr „Vergehen“: Sie hatten ihre Ablehnung des Krieges sowie ihre Loyalität
gegenüber der Ukraine deutlich gemacht. Einige sollen „Ruhm der Ukraine“,
„no war“ oder „Wir warten auf die ukrainische Armee“ gerufen, ukrainisc…
militaristische Lieder gesungen oder [1][eine ukrainische Flagge
beziehungsweise andere ukrainische Insignien getragen haben].
Immer wieder folgen Ordnungsstrafen längere Haftstrafen. Im Oktober war der
auf der Krim lebende Unternehmer Dmitri Koslja zu einem Jahr Gefängnis
verurteilt worden. Der Vorwurf: Diskreditierung der russischen Armee.
Bereits Anfang des Jahres war Koslja wegen eines ähnlichen Vorwurfs zu
einer Geldstrafe von 450 Euro verurteilt worden.
Bekannt geworden war die Verurteilung von Koslja durch einen Post des auf
der Krim lebenden Bloggers Alexander Talipow. Er spürt proukrainische
Aktivisten auf der Krim auf, veröffentlicht ihre Namen im Internet und
macht Stimmung gegen sie. Oftmals folgen einer derartigen Veröffentlichung
Besuche des russischen Geheimdienstes FSB bei dem Betroffenen. Talipow, der
selbst einmal Leutnant der ukrainischen Armee auf der Krim war, unterstützt
den russischen Krieg gegen die Ukraine. In der Ukraine läuft ein Verfahren
gegen den Blogger.
## Kein russischer Pass dabei
Auch bei Lenie Umerowa hatte alles mit einer Ordnungsstrafe begonnen. Die
in Kyjiw lebende und bei einem Krim-Besuch vom russischen FSB verhaftete
Marketing-Managerin einer Bekleidungsfirma war zunächst Opfer eines
„administrativen Karussells“ geworden. Mehrfach hatte man sie zu jeweils 15
Tagen Arrest verurteilt.
Im Dezember 2022 hatte der FSB Umerowa an der russisch-georgischen Grenze
festgenommen, als sie auf dem Weg zur [2][Krim] war, um ihren krebskranken
Vater zu besuchen. Zunächst hatte man ihr nur vorgeworfen, die Regeln des
Grenzübertritts verletzt zu haben, da sie keinen russischen Pass mit sich
führte. Sie sollte eine Strafe von 20 Euro bezahlen und des Landes
verwiesen werden.
Nach wenigen Tagen in Abschiebehaft wurde sie entlassen – und sofort zu
einer Arreststrafe von 15 Tagen verurteilt, der ein weiterer Arrest folgte.
Als im Mai Verwandte Umerowa in der Arrestanstalt besuchen wollten, teilte
man ihnen dort mit, FSB-Beamte hätten sie an einen anderen Ort gebracht. Im
Sommer folgte ein neuer Vorwurf: Die russischen Behörden beschuldigten die
25-jährige der Spionage.
Jetzt, so die ukrainische Menschenrechtlerin Wiktoria Nesterenko gegenüber
dem vom US-Kongress finanzierten Portal Krym.Realii, könne man von
politischer Verfolgung sprechen. Das könnte eine Haftstrafe von 10 bis 18
Jahren nach sich ziehen. Seit Mai 2023 sitzt Umerowa im
berühmt-berüchtigten Lefortowo-Gefängnis in Moskau.
## Aufenthaltsort unbekannt
113 politische Gefangene listet das Portal Crimean-Solidarity.org auf der
Krim. Einer von ihnen, Dschemil Gafarow, Aktivist der verbotenen
Hizb-ut-Tahrir-Bewegung, ist am 20. Februar 2023 in der Haft gestorben. Am
11. Januar 2023 war er von einem russischen Gericht zu einer Haftstrafe von
13 Jahren verurteilt worden.
Zwei Monate lang wussten die Angehörigen des politischen Gefangenen Nariman
Dscheljal nichts über dessen Aufenthaltsort. Dscheljal war am 2. Oktober
2023 von Simferopel in ein russisches Gefängnis verbracht worden. Erst
Anfang Dezember erreichte ein erstes Lebenszeichen des kranken Aktivisten
die Angehörigen.
Nariman Dscheljal ist Vize-Vorsitzender der Mejlis des krimtatarischen
Volkes, die seit 2016 auf der Krim und in der Russischen Föderation als
„extremistische Organisation“ verboten ist. Er war Anfang September 2021
mit den Aktivisten Asis und Asan Achtemow festgenommen worden, weil man sie
verdächtigt hatte, eine Gasleitung im Dorf Perewalne gesprengt zu haben. Im
September 2022 wurde Nariman Dscheljal zu 17 Jahren Haft verurteilt.
12 Dec 2023
## LINKS
[1] /Widerstand-auf-der-Krim/!5966907
[2] /Aktuelle-Lage-in-der-Ukraine/!5959585
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Krim
Russland
Repression
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Russland vor dem UN-Gerichtshof: Niederlage der Ukraine in Den Haag
Der IGH sieht keine russische Terrorfinanzierung in der Ostukraine, auch
kaum Diskriminierung auf der Krim. Die Klage der Ukraine wurde 2017
erhoben.
Mangel an Soldaten in der Ukraine: Das Wort des Jahres: „Mobilmachung“
Der Ukraine fehlen Soldaten. Das Verteidigungsministerium setzt darauf,
dass sich ukrainische Männer im Ausland zum Dienst melden.
In Russland inhaftierter Putin-Kritiker: Alexei Nawalny verschwunden
Der Aufenthaltsort von Russlands bekanntestem Gefangenen Alexei Nawalny ist
seit Tagen unbekannt. Das ist im dortigen Strafvollzug nicht unüblich.
Widerstand auf der Krim: Provokation mit gelben Bändern
Auf der Krim protestieren Aktivist*innen gegen die russische Besatzung.
Sie nehmen Repressionen und Haftstrafen in Kauf.
Verteidigungsminister in der Ukraine: Neuer Job für Rustem Umerow
Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow hat seinen Rücktritt
eingereicht. Nachfolgen soll ihm der Chef des staatlichen Vermögensfonds.
12-Punkte-Plan zur Krim: Russland vernichten
In seinem 12-Punkte-Plan zur Rückeroberung der Krim schlägt der Sekretär
des ukrainischen Verteidigungsrates totalitäre Töne an.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.