| # taz.de -- Landesparteitag der Berliner Grünen: Grüne Parteivorsitzende gesu… | |
| > Die Realo-Bewerberin für den Landesvorsitz, Tanja Prinz, fällt beim | |
| > Parteitag durch. Bis zur Fortsetzung am Mittwoch muss eine neue | |
| > Kandidatin her. | |
| Bild: Wie geht es weiter? Aus den Gesichtern führender Grüner sprach bei Part… | |
| Berlin taz | Wer soll es nun machen? Nach der am Samstag beim | |
| Grünen-Landesparteitag klar gescheiterten Vorstandskandidatur der | |
| Realo-Kandidatin Tanja Prinz war der Sonntag bei Berlins führenden Grünen | |
| so gar nicht frei für adventliche Ruhe. Stattdessen war eine fast | |
| fieberhafte Suche nach einer neuen Kandidatin angesagt. Bis der nach der | |
| gescheiterten Wahl unterbrochene Parteitag Mittwochabend weitergehen soll, | |
| muss ein Name her, mit dem beide Parteiflügel leben können. Bis | |
| Sonntagabend gab es nach taz-Informationen dazu keine Festlegung. | |
| Dreimal war Prinz am Samstag [1][alles andere als knapp durchgefallen]. Von | |
| 147 Delegierten stimmten erst nur 38, abschließend 41 für sie, über hundert | |
| aber lehnten sie ab. Auch wenn Lagerzuordnungen nicht immer klar sind, war | |
| deutlich: Es ist bei Weitem nicht nur der linke Flügel, der Prinz ablehnt – | |
| trotz aller Dominanz verfügt der nicht fast über eine Dreiviertelmehrheit. | |
| Auch Realo-Vertreter fühlten sich nicht an eine [2][Vorabstimmung Mitte | |
| November] gebunden, bei der sich Prinz knapp gegen die bisherige | |
| Co-Landesvorsitzende Susanne Mertens durchsetzte. | |
| Nach dem dritten Wahlgang, dem eine knapp halbstündige Unterbrechung mit | |
| Krisengespräch bei den Realos vorangegangen war, verließ Prinz mit dem | |
| alles andere als fröhlich ausgestoßenen Ruf „Vielen Dank, frohe | |
| Weihnachten“ und Tränen in den Augen den Saal. Die frühere | |
| Landesvorsitzende und Realo-Koordinatorin Nina Stahr und andere geleiteten | |
| sie wie eine Mischung aus Abschiedsdelegation und Schutzschirm zur | |
| Garderobe. | |
| Knapp sechs Wochen lang hatte ihre Bewerbung als Landesvorsitzende, | |
| begonnen Ende Oktober mit einem Youtube-Video, die Partei beschäftigt. Ohne | |
| es so klar auszusprechen, sah Prinz in der bisherigen Vorsitzenden Mertens | |
| ein zu schwaches Gegengewicht zum dominierenden linken Parteiflügel um | |
| ihren Co-Landeschef Philmon Ghirmai. Getragen wurde Prinz auch von der | |
| Gruppierung mit dem Kürzel „Gr@m, Grüne Realos in Mitte, sprich „gräms�… | |
| steht für jene vor allem im Kreisverband Mitte sehr starken Grüne, die | |
| einen bürgerlicheren Kurs anstreben. | |
| ## BaWü oder Kreuzberg? | |
| Sie fordern im Kern eine Linie mit mehr Baden-Württemberg und weniger | |
| Kreuzberg – im Südwesten stellen die Grünen bundesweit ihren einzigen | |
| Ministerpräsidenten. Dass die Berliner Grünen bei der Abgeordnetenhauswahl | |
| am 12. Februar nur Dritte wurden und aus der Regierung flogen, lasten sie | |
| einem Linkskurs im Wahlkampf an. | |
| Wie verworren, fast schon bizarrr die Lage ist, zeigte am Samstag die | |
| Verabschiedung von Parteichefin Mertens – sie hatte nach der realo-internen | |
| Vorwahl angekündigt, nicht wieder für den Landesvorsitz anzutreten. Nach | |
| einer ausführlichen Dankesrede von Exfinanzsenator Daniel Wesener, | |
| untermalt von an die Wand geworfenen Mertens-Fotos, applaudierten die | |
| Delegierten fast geschlossen und stehend, als ob Mertens gerade eine Wahl | |
| gewonnen hätte. Zahlreiche Delegierte drängten an die Bühne, um sie zu | |
| umarmen. | |
| Die Szene – direkt vor dem Tagesordnungspunkt „Vorstandswahl“ – ließ s… | |
| auch wie ein minutenlanger Vorwurf an Prinz werten, der Partei durch ihren | |
| Vorwahlsieg eine schier wunderbare Vorsitzende genommen zu haben. Dabei | |
| hatten unter der Hand nicht nur Prinz-Unterstützer, sondern auch | |
| Prinz-Kritiker aus beiden Flügeln gegenüber der taz klargemacht, dass sie | |
| unabhängig vom Richtungsstreit in Mertens keine starke Chefin sahen. | |
| Dass Prinz scheitern würde, hatte sich in den Tagen vor der Wahl immer mehr | |
| abgezeichnet. Am Freitag hatten in einem offenen Brief neun der zwölf | |
| Kreisvorstände – inklusive Prinz' Heimatverband Tempelhof-Schöneberg – | |
| indirekt vor ihrer Wahl gewarnt. Ein Ausweg aber war nicht zu erkennen. | |
| „Sie musste jetzt erst verlieren, bevor es weiter gehen kann“, sagte ein | |
| Realo der taz. Prinz setzte offenbar darauf, dass gemäß inoffizieller | |
| Quotierung der linke Flügel die Realo-Vorauswahl – und damit sie – | |
| akzeptieren würde. | |
| Dass in der Doppelspitze beide Flügel vertreten sind, ist zwar [3][anders | |
| als die Frauenquote nicht in der Satzung festgeschrieben,] wurde aber seit | |
| 2011 stets so gehandhabt. „Davon gehe ich aus. Wir sind eine Partei“, hatte | |
| Prinz [4][im taz-Interview] auf die Frage gesagt, ob ihr die Stimmen der | |
| Linken sicher seien. | |
| Fraktionschef Werner Graf mühte sich am Samstag schon vor Parteitagsbeginn, | |
| den Eindruck einer Krise zu entschärfen. „Mein erster Parteitag war | |
| Bielefeld 1999, es geht also deutlich schlimmer“, erinnerte er an den | |
| damals eskalierten Bundesparteitag, als ein Farbbeutel Außenminister | |
| Joschka Fischer am Ohr traf – ein Ereignis, das den heutigen | |
| CDU-Kultusenator Joe Chialo veranlasste, [5][die Grünen zu verlassen]. | |
| ## Wer soll übernehmen? | |
| Prinz' emotionaler Abgang malte am Nachmittag Fragezeichen in die Gesichter | |
| vieler Delegierter. Sie gescheitert, Mertens aus dem Rennen – wer sollte | |
| übernehmen? Festlegen ließ sich bloß, was Co-Parteichef Ghirmai verkündete: | |
| Dass der Parteitag mit etwas Abstand am Mittwochabend weiter gehen soll. | |
| Aber mit wem als künftiger Co-Chefin? | |
| Frühere erfolgreiche Führungsduos wie Wesener und die heutige | |
| Fraktionschefin Bettina Jarasch oder Graf und die jetzige | |
| Bundestagsabgeordnete Stahr waren über Monate ausverhandelt und besprochen | |
| worden. | |
| Maßgebliche Realo-Frauen, die wie Stahr oder die Exfraktionsvorsitzende | |
| Silke Gebel vom linken Flügel mitgetragen würden, sind derzeit fest in | |
| Abgeordnetenmandate eingebunden. Als die Grünen letztmals eine | |
| Führungsfigur suchten, war das vor der Abgeordnetenhauswahl 2021. Weil man | |
| sich nicht auf eine der damals führenden beiden Frauen im Landesverband | |
| einigen konnte, wurde Jarasch, damals in den hinteren Bänken der Fraktion, | |
| als Spitzenkandidatin nominiert. | |
| Die jetzige Lage hat zwar für langjährige Beobachter nicht das Ausmaß der | |
| Krise nach der Wahl 2011 – damals drohte die Spaltung der | |
| Parlamentsfraktion und die taz titelte: „Der Große Graben der Grünen“. Es | |
| gibt aber heute mehr Konfliktlinien: nicht nur Linke gegen Realos, sondern | |
| auch gemäßigte, von Kritikern als „soft gespült“ bezeichnete Realos gegen | |
| Sympathisanten der „gr@ms“. | |
| Antje Kapek, von 2012 bis 2022 Fraktionschefin, sagte am Samstagnachmittag | |
| vor Journalisten: „Ich bin seit 20 Jahren bei Parteitagen, aber so etwas | |
| habe ich noch nie erlebt.“ | |
| 10 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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