# taz.de -- Berliner Grüne: Ein wirkliches Urgestein | |
> Wolfgang Wieland war ein prägender Landes- und Bundespolitiker der | |
> Grünen. Nun ist er mit 75 Jahren gestorben. | |
Bild: „Das war ein anerkannter Kollege“ – der verstorbene Wolfgang Wielan… | |
BERLIN taz | Journalisten nennen langgediente Politiker schon mal gerne | |
„Urgestein“. Oft genug ist das jemand, von dem tatsächlich nur am Rande | |
schon mal zu hören war. Bei Wolfgang Wieland ist das anders. Da passte der | |
Begriff, egal, ob in einem seiner vielen Ämter und Mandate oder ohne. Seit | |
Dienstag muss es heißen „bei ihm war das anders“. Denn Wieland, Mitgründer | |
der Alternativen Liste, Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Justizsenator | |
und Bundestagsmitglied, ist mit 75 Jahren gestorben. | |
Um richtig einschätzen zu können, wer da jetzt nicht mehr ist, hilft der | |
Blick des politischen Gegners. Umso mehr, wenn der von der CDU kommt und zu | |
Zeiten agierte, als Politiker beider Parteien noch längst nicht regelmäßig | |
Kaffee zusammen tranken oder miteinander regierten. „Das war kein Feind im | |
eigentlichen Sinne, das war ein anerkannter Kollege“, sagte der taz am | |
Mittwoch Klaus-Rüdiger Landowsky, als Fraktionschef der eigentliche starke | |
Mann der CDU bis zum Bankenskandal 2001. | |
Die Wortgefechte der beiden gehörten zum Besten, was das Abgeordnetenhaus | |
seit Jahrzehnten zu bieten hat und waren meilenweit vom puren Reden-Ablesen | |
vieler Abgeordneter damals wie heute entfernt. „Marx ist tot, Lenin ist tot | |
– und Sie sehen auch schon ganz blass aus, Herr Wieland!“, hielt ihm | |
Landowsky etwa mal entgegen. Was Wieland oft genug rhetorisch glänzend | |
konterte. | |
Wieland mochte das nicht so gedruckt lesen, aber dass er sich 2004 nach 16 | |
Jahren aus dem Abgeordnetenhaus verabschiedete, hatte auch etwas damit zu | |
tun, dass er solche Rededuelle und damit auch Landowsky vermisste. „Ich | |
habe mich, als ich nicht mehr Fraktionsvorsitzender war, mehr gelangweilt, | |
als ich es mir vorstellen konnte“, sagte er der taz, [1][bevor er sich als | |
Spitzenkandidat bei der Brandenburger Landtagswahl versuchte]. | |
## Innenpolitiker und NSU-Aufklärer im Bundestag | |
Dort scheiterte er zwar bei dem Versuch, die Grünen in Potsdam ins | |
Parlament zu bringen. Er selbst aber wurde auf einer anderen Ebene erneut | |
Abgeordneter und bis 2013 eine gewichtige Stimme als Innenpolitiker und | |
NSU-Aufklärer im Bundestag. Dort begegnete er auch der späteren | |
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) wieder, die ihn schon aus dem | |
Abgeordnetenhaus kannte. „Ich habe viel von ihm gelernt“, erinnerte sie | |
sich gegenüber der taz an den Mann, der regelmäßig bei ihrer | |
Geburtstagsfeier war. Warum? „Weil er seine Meinung, auch wenn sie von | |
meiner abwich, so gut begründen konnte.“ Wieland sei weder missionarisch | |
noch ideologisch aufgetreten – „Er überzeugte, weil er intellektuell so gut | |
war.“ | |
In seiner Partei machte man sich das zunutze, wenn die Argumente | |
ausgetauscht, die Fronten komplett verhärtet waren und Annäherung kaum | |
möglich schien. Wieland wurde als [2][Moderator und Mediator gerufen] und | |
trug etwa viel dazu bei, dass sich die Grünen-Fraktion [3][nach der | |
Wahl-Enttäuschung von 2011 nicht spaltete]. | |
Der Grünen-Landesvorstand beschreibt Wieland in einer Pressemitteilung kaum | |
anders als die CDU-Politikerin Grütters: „Berlin verliert einen der | |
Menschen, die in der Lage waren, Orientierung zu geben. Einen Staatsmann, | |
an dem sich viele ausgerichtet haben, und nach dessen Reden am liebsten | |
auch die anderen Fraktionen geklatscht hätten, weil er einfach überzeugt | |
hat.“ | |
6 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Archiv-Suche/!771105&s=alberti+brandenburg+wieland+langweilen&Such… | |
[2] /Gruenen-Fraktion-findet-Mediatoren/!5108346 | |
[3] /Eklat-nach-Fraktionsvorstandswahl/!5108959 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
## TAGS | |
Grüne Berlin | |
Monika Grütters | |
Abgeordnetenhaus | |
Innensenator | |
Ostberlin | |
Bündnis 90/Die Grünen | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nachruf auf Ex-Senator Wolfgang Wieland: Und dann dieses Kichern | |
Der Grünen-Politiker Wolfgang Wieland ist gestorben. Seine Biografie ist | |
auch ein Stück Berlingeschichte. Über eine politische Ausnahmeerscheinung. | |
Dokuserie über Berlin: Ruinierte Stadt | |
Der Dokumentarfilm „Capital B“ erzählt in fünf Teilen die Entwicklung | |
Berlins seit 1989. Es ist die Geschichte eines beispiellosen Niedergangs. | |
100-Tage CDU-geführtes Berlin: „Der Lackmustest kommt noch“ | |
Ein Gespräch mit dem Grünen-Urgestein Wolfgang Wieland über den Machtwillen | |
von Kai Wegner und die Fehler der Grünen. | |
Diskussion über Grüne und Jamaika: „Man muss ergebnisoffen rangehen“ | |
Der frühere Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland (Grüne) befürwortet | |
Sondierungsgespräche seiner Partei über ein Jamaika-Bündnis. |