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# taz.de -- Kriminalisierung von Seenotrettung: Zweifel sind nicht angebracht
> Das Innenministerium bestreitet, dass es Seenotretter:innen
> kriminalisiere. In anderen Ländern Europas ist das längst Alltag.
Bild: Ein Boot mit Migranten im Mittelmeer wartet auf Hilfe der Seenotretter vo…
Das Innenministerium [1][hat Berichte zurückgewiesen], nach denen es eine
Strafverfolgung für Seenotretter:innen ermöglichen will. Zuvor hatte
die Süddeutsche Zeitung eine geplante Änderung des Aufenthaltsgesetzes so
ausgelegt. Ein Sprecher von Faeser versicherte nun, die Reform ziele nicht
darauf, humanitäre Helfer:innen künftig wie erwerbsmäßige
Schlepper:innen verurteilen zu können.
Dass die Seenotrettungsorganisationen sofort alarmiert waren, verwundert
kaum. Denn genau das, was die SZ aus dem Gesetzentwurf liest, ist in immer
mehr Ländern Europas längst Justizpraxis: Solidarische Hilfe mit
gewerblicher Beihilfe zur illegalen Einreise gleichzusetzen – und
entsprechend zu ahnden.
In Polen droht Menschen entsprechende Verfolgung, die Flüchtlingen im Wald
Essen oder Wasser bringen, wenn diese sich fortbewegen und nicht an einem
Ort sitzen bleiben. In Griechenland [2][und Italien] stehen immer wieder
Menschen vor Gericht, weil sie Hilfe für Menschen in Seenot geleistet
haben.
Was früher entscheidend war – die Gewinnerzielungsabsicht –, spielt in
diesen Ländern heute keine Rolle mehr. Die Folge liegt auf der Hand: Wer
einen jahrelangen, enorm teuren Gerichtsprozess riskiert, [3][überlegt sich
zweimal,] ob er auf einem Rettungsschiff als Freiwilliger mitfährt. Die
Verfahren verursachen enorme Kosten, binden Ressourcen, sind für die
Beschuldigten äußerst belastend – selbst wenn am Ende ein Freispruch steht.
Das ist ein mittlerweile alltäglicher Skandal, vor allem angesichts des
Umstandes, dass die Todeszahlen im Meer so hoch sind wie lange nicht.
Die Ampel hat es eine „zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung“
genannt, Menschen nicht ertrinken zu lassen. „Die zivile Seenotrettung darf
nicht behindert werden“, steht in ihrem Koalitionsvertrag.
Es wäre ein Desaster, wenn Faesers Ministerium nun ein Gesetz vorlegen
würde, auf dessen Grundlage die Justiz nach dem Vorbild Griechenlands oder
Italiens gegen humanitäre Helfer:innen vorgehen kann. Wenn die
Bundesinnenministerin das nicht will, darf sie auch keinen Gesetzestext
zulassen, der diese Möglichkeit offenlässt.
10 Nov 2023
## LINKS
[1] /Strafen-fuer-private-Seenotretter/!5972009
[2] /Italien-unter-Meloni/!5963994
[3] /Menschenrechtsverein-gibt-auf/!5928738
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
Seenotrettung
Mittelmeerroute
Schlepper
Nancy Faeser
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Schwerpunkt Flucht
Migration
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