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# taz.de -- DFB-Elf unterliegt Österreich: Du unglückliches Deutschland!
> Gegen Österreich zeigt das DFB-Team erneut eine erschreckende Leistung.
> Die mentale Trägheit aus der Ära Löw wird man einfach nicht los.
Bild: Au Backe! Neben Assistenztrainer Sandro Wagner ringt Thomas Müller sicht…
Es ist nicht leicht, Bundestrainer zu sein. Da ist nicht viel Zeit, um
taktische Finessen, spielerische Abläufe in aller Ruhe einzustudieren; da
muss das Wesentliche im Grunde schon sitzen. Für Julian Nagelsmann, den
jungen Retter des deutschen Fußballs, ist das eine neue Situation: Er muss
die kommenden Monate mit Grübeleien und Taktiktafeln in seinem Kämmerchen
verbringen und darf höchstens mal im Stadion vorbeischauen, wenn seine
Angestellten ihrem Ligaalltag nachgehen.
Ansonsten wird er „Gespräche suchen“, wie er es auf der abschließenden
Pressekonferenz kurz vor Mitternacht an diesem friedlichen Wiener
Novemberabend ankündigte: in der Hauptsache per Messengerdienst, per
Telefon, ist anzunehmen. Denn ja, es gibt Redebedarf.
Seine Bilanz nach vier Spielen: die Hälfte verloren, ein Remis, ein Sieg.
Die Nationalmannschaft ist nach der Flick-Krise nicht einen Schritt
weitergekommen, scheint es nach diesem Dienstagabend im ausverkauften
Wiener Ernst-Happel-Stadion. Spötter mögen jetzt schon wieder [1][nach Rudi
Völler] rufen oder [2][Thomas Tuchel] als amtlichen Nachfolger handeln.
[3][Aber Julian Nagelsmann] wird noch ein paar Ideen haben, er hat ja
gerade erst angefangen.
Seiner Mannschaft, die im Kampf der Systeme gegen ein nerviges Österreich
recht kläglich mit 0:2 (0:1) den Kürzeren zog, hat er zu später Stunde so
auch noch was mitgegeben: Es ist besser, über die Arbeit zum Spiel zu
finden, als umgekehrt; das harmonische Miteinander außerhalb des Platzes
muss seine Umsetzung auf dem Platz finden; die Spieler sollten nicht in
eine Opferrolle verfallen, weil es in den letzten Jahren nicht so lief,
denn eine Opferrolle nutzt niemandem. Wahre Worte, angemessen trocken und
unironisch serviert. Auch Nagelsmann selbst wird Zeit finden, in sich zu
gehen, wie er versprach, und sehen, ob er zu anderen Maßnahmen greifen
muss.
## Ohne offensive Ideen
Denn ja: So kann es nicht weitergehen. Teilweise war das ein
Offenbarungseid, was an diesem Dienstagabend von der deutschen Mannschaft
zu sehen war. Die Abstimmung zwischen Abwehr und Mittelfeld stimmte
überhaupt nicht, offensive Ideen gab es so gut wie keine.
Individuell ragte niemand heraus, es gab eher Ausschläge nach unten: Julian
Brandt spielt teilweise noch immer wie ein talentierter 16-Jähriger;
Jonathan Tah ließ sich beim Führungstreffer durch Sabitzer abkochen; Ilkay
Gündogan fehlt der kreative Sparringspartner, wie er bei ManCity in Person
von Kevin De Bruyne vorhanden war; Niclas Füllkrug hing meist in der Luft;
etc. etc. Und Leroy Sané, der kurz nach der Pause durch seinen berechtigten
Feldverweis wegen Nachtretens zur spielentscheidenden tragischen Figur
wurde, rieb sich schon in Halbzeit 1 in Einzelkämpfen auf.
Aber auch taktisch schien es so, als ob niemand im DFB-Tross eine Ahnung
von dem gehabt hätte, was da auf die Mannschaft zukommen würde. Dabei war
sternenklar, wie [4][das von Ralf Rangnick] perfekt eingestellte Österreich
spielen sollte: ständiges Pressen, nickelige Abwehrarbeit, Erarbeiten des
sogenannten „zweiten Balls“, schnelles Umschaltspiel.
Allein Chancentod Gregoritsch hätte früh für eine Vorentscheidung sorgen
können. So blieb es bei zwei feinen Toren, gerecht auf zwei Halbzeiten
verteilt, durch die Bundesligaprofis Sabitzer und Baumgartner.
## Es fehlt an Arbeitern
Der Salzburger Stil also, den Nagelsmann selbst am besten kennen sollte.
Dagegen fiel dem DFB-Team erstaunlicherweise fast gar nichts ein. Der
einzige Trick, den Nagelsmann bisher auf Lager hatte, der mit Kai Havertz
als „falschem“ Linksverteidiger, ging wieder nicht wirklich auf – und die
Begründung nahm der Trainer gleich selbst aus dem Spiel: Florian Wirtz
blieb nämlich erstmal draußen, wie auch Benjamin Henrichs. Dabei hatte nur
einer der Problembayern, Joshua Kimmich, [5][sich gegen die Türken] zu
Recht um den Startplatz gespielt, den Serge Gnabry dann, warum auch immer,
gegen Österreich erhielt.
Mental hat sich die Mannschaft noch immer nicht von der Löwschen Pomade
befreit: Die Arbeit der Ebene wird nicht angenommen, es fehlt an „Workern“
(Nagelsmann), die auch mal „die Drecksarbeit“ (dito) machen. Ob da Debütant
Robert Andrich oder Marvin Ducksch die richtigen Männer sind?
Am Ende wurde einmal kräftig durchgewechselt, doch Niclas Füllkrug konnte
nicht mehr ins Spiel geworfen werden, denn er war vorher schon selbst
ausgewechselt worden. Mit Sanés Revanchefoul war das Match im Grunde auch
gelaufen – immerhin kam es zum Ende hin noch zu der einen oder anderen
Tormöglichkeit (ach! Schönes Fußballdeutsch!). Österreich beließ es beim
Entscheidungstreffer kurz vor Schluss, doch auch so war [6][Ralf Rangnick]
an diesem Abend der einzige zufriedene Deutsche weit und breit.
Der nächste Höhepunkt steht übrigens schon am 2. Dezember an, dann wird in
der Elbphilharmonie in Hamburg die Gruppenphase der Heim-EM 2024 ausgelost.
Wenn der Fußballgott Laune hat, kann er den Deutschen gleich nochmal
Österreich als Gegner servieren. Dazu die Schweiz. Oder, auch das ist
möglich, Italien und die Niederlande, die ansonsten den nächsten Testgegner
stellen, vermutlich im März. Na, Mahlzeit.
22 Nov 2023
## LINKS
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## AUTOREN
René Hamann
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