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# taz.de -- Eingebrochene Küstenautobahn: Auf ein Neues im Moor
> Still und fast heimlich wurde die Sperrung der Autobahn bei Tribsees
> aufgehoben. Am Sonntag „feiern“ Aktivist:innen die Wiedereröffnung.
Bild: So sah das aus: die abgesackte A20 im Jahr 2017
Tribsees taz | Seit dem Sommer rollt der Autoverkehr wieder [1][auf der
Autobahn 20 bei Tribsees in Mecklenburg-Vorpommern.] Still und heimlich,
ohne Pomp, war die sechsjährige Sperrung aufgehoben worden, in der die
Ingenieurskunst sichergestellt haben soll, dass der Abschnitt nicht noch
einmal im Moor versinkt und ein 100 Meter langes Loch den Kampf zwischen
Mensch und Natur verbildlicht. Nun sind es immerhin Umwelt- und
Klimaschützer:innen, die an diesem Sonntag auf das Ende der irrsinnigen
Reparatur mit einer „moorigen Straßenparty“ an dieser Autobahn hinweisen
wollen – und dazu noch herzliche Grüße nach Niedersachsen schicken, wo sich
die „Küstenautobahn“ eines Tages ebenfalls mitten durch Moore ziehen soll.
Schlappe 180 Millionen Euro hat es gekostet, die zuvor wenig befahrene A20
durchs Trebeltalmoor wieder zu reparieren. Die war vor sechs Jahren erst
auf einer Fahrbahn Stück für Stück, genauer gesagt um bis zu zwei
Zentimeter pro Tag abgesackt, ehe ein Teil des Bauwerks zusammenbrach. Da
war der Krater noch 40 Meter lang und 10 Meter breit, einige Wochen später
war er 100 Meter lang und zog auch die Gegenfahrbahn zweieinhalb Meter mit
hinunter in den moorigen Untergrund. Ursache war der Bruch mehrerer
Säulenreihen unter der Fahrbahn.
„Das hat gezeigt: Moore sind keine Gegenden, in denen Autobahnen gebaut
werden sollen“, sagt die Aktivistin Emily, die mit dem örtlichen
„Moorbündnis“ den Aktionstag auf der Autobahn organisiert: Exkursionen ins
umliegende Moor soll es geben, als Moorfrösche verkleidet wollen die
Aktivist:innen auf [2][das Moor als schützenswertes Biotop] hinweisen,
und wenn der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) zur gemeinsamen
Anreise aus Greifswald zum lange gesperrten Autobahnabschnitt radelt, soll
das auch eine Mahnung sein, dass das zur Reparatur eingesetzte Geld besser
in den Ausbau des ÖPNV geflossen wäre.
„Wir haben hier in Mecklenburg-Vorpommern zwei Dinge im Übermaß: kaputte
Moore und kaputten öffentlichen Nahverkehr“, sagt Emily. Und auch wenn die
A20 bei Tribsees nun wieder befahren wird, wollen die Aktivist:innen
auf das nördliche Niedersachsen verweisen: Dort soll schließlich die A20
auf rund 120 Kilometern Richtung Niederlande weitergebaut werden. Doch da
sie dort etwa zur Hälfte durch Moor- und Marschböden führen soll, wären wie
bei Tribsees weitere Biotope zerschnitten.
## Bundesverkehrsminister mag lieber Neues
Zwar ist in Niedersachsen noch kein Meter der Autobahn gebaut worden, doch
derzeit stehen die Chancen schlecht, dass die Politik das Projekt noch
kippt: Für das Bundesverkehrsministerium ist der Neubau „vordringlicher
Bedarf“, steht also ganz oben in der Prioritätenliste. [3][Und auch
letztinstanzlich vor Gericht hatten die niedersächsischen
Autobahngegner:innen zuletzt kaum Erfolg:] Zwar darf zunächst ein
erstes Stück der A20 nicht gebaut werden. Dass dafür Moore zerstört würden,
sei allerdings kein Grund, den Neubau abzusagen.
Das Bundesklimaschutzgesetz, das unter solchen Voraussetzungen die
Fertigstellung der A20 verhindert hätte, existierte schlicht noch nicht,
als die Planung losging.
Drum spielt es auch keine Rolle, dass Moore und Marschböden zu den größten
CO₂-Speichern gehören – werden sie zerstört, würden sie allein auf den
ersten beiden Bauabschnitten in Niedersachsen insgesamt 450.000 Tonnen CO₂
freisetzen, wie der BUND beklagt.
11 Nov 2023
## LINKS
[1] /Eingestuerzte-Autobahn-A20/!5464498
[2] /Moore-in-Trockenzeiten/!5707006
[3] /Urteil-zur-A-20-in-Niedersachsen/!5862713
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
A20
Autobahn
Mecklenburg-Vorpommern
Moor
wochentaz
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Niedersachsen
Autoverkehr
A20
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