Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Volksverhetzende Musik: Razzia gegen Rechtsrock-Szene
> Polizeieinsatz in mehreren Bundesländern sowie auf Mallorca: Das Ziel war
> die Schwächung internationaler rechtsextremer Netzwerke.
Bild: Ob die CDs nun knapp werden? Auf dem Areal des Festivals „Schild und Sc…
Hamburg taz | Polizei und Staatsanwaltschaft ist am Donnerstag ein Schlag
gegen ein international agierendes rechtsextremes Musiknetzwerk gelungen.
Wie das niedersächsische Innenministerium mitteilte, durchsuchten rund 250
Einsatzkräfte drei Objekte in Niedersachsen sowie weitere in Hamburg,
Berlin, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg – sowie eines auf
Mallorca.
Die Zentrale Kriminalinspektion Oldenburg (ZKI) hat nach eigenen Angaben
seit Monaten ermittelt. Im Kern gehe es um die Produktion sowie den
nationalen und internationalen Vertrieb von strafrechtlich relevanter,
volksverhetzender rechtsextremer Musik durch eine bundesweit agierende
Tätergruppierung, so Martin Appelbaum, Sprecher der
Generalstaatsanwaltschaft Celle. Die Betroffenen gehörten „größtenteils der
rechtsextremen Szene“ an.
Im thüringischen Fretterode fand bei der langjährigen [1][NPD-Größe
Thorsten Heise eine Razzia] statt. Die ZKI hält ihm und weiteren
Beschuldigten vor, durch den Vertrieb von „volksverhetzender rechtsextremer
Musik“ eine „kriminelle Vereinigung“ zu bilden, sagte Appelbaum.
Er dürfte nicht von sich behaupten, [2][mit Rechtsrock einfach nur Geld
verdienen] zu wollen: Er versteht Musik auch als Mittel der ideologischen
Beeinflussung und ist schon länger aktiv in einschlägigen Netzwerken
zwischen dem Promoten rechter Bands, dem Betrieb von Labels und der
Herstellung von Merchandising. Auch Musikunternehmer K., früher in Lüneburg
bei der damaligen NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ aktiv,
bekam Besuch von der Polizei. Er betreibt eine Schallplattenfirma in
Hamburg.
## Einschlägige Songtitel
Heise war früh Kader der verbotenen „Freiheitlichen Arbeiter Partei“, baute
später die „Kameradschaft Northeim“ auf und ist heute stellvertretender
Bundessprecher von „Die Heimat“ – vormals NPD. Mit dem „Deutschen
Warenhaus- & BW-Versand“ ist er in der Szene breit aufgestellt. Immer
wieder erfolgten Durchsuchungen und Verurteilungen.
[3][Nach dem Verbot der Hammerskins] durch das Bundesinnenministerium am
19. September erwartete Heise offenbar auch für sich staatliche Repression:
Er verkündete die Auflösung der von ihm angeführten und beeinflussten
„Arischen Bruderschaft“, der „Kameradschaft Northeim“ sowie der „Brig…
12“; diese Netzwerke trugen unter anderem das Neonazi-Festival „Schild und
Schwert“.
K. soll im Zuge der Razzia in Haft gekommen sein. Niedersachsen habe einen
„Schwerpunkt“ der Ermittlungen gebildet, sagt Appelbaum. Drei Objekte
wurden demnach in dem Bundesland durchsucht.
Ein weiterer Betroffener: Jens Hessler, Musiker aus dem Emsland und 1996
Gründer der Band „Stahlgewitter“. Schon deren Songtitel lassen wenig Raum
für Interpretation: „ZOG“, zum Beispiel, Szenecode für „Zionist occupied
government“, also „zionistisch besetzte Regierung“. Im Text ist dann die
Rede von einer „geheimen Macht“, „die die Welt regiert“. Hessler betrieb
von der Insel Mallorca aus auch den Internetversand „Das Zeughaus“.
## Zielgruppe junge Menschen
Fünf „Stahlgewitter“-Alben stehen auf dem Index. Mitbegründet hat die Band
Daniel Giese, der auch Sänger der Band „Gigi & die braunen Stadtmusikanten“
ist. Deren Song „Döner Killer“ auf dem Album „Adolf Hitler lebt!“ verh…
einst die Opfer des rechtsextremen Terrornetzwerks NSU.
Dass [4][Rechtsrock weiterhin relevant] sei, betonte nach dem
Polizeieinsatz Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD): Musik
habe für Rechtsextremisten eine identitätsstiftende Funktion und diene
dazu, ihre Ideologie zu verbreiten. Vor allem junge Menschen sollten damit
rekrutiert werden.
Michael Lühmann, Sprecher der Landtags-Grünen für Innenpolitik und
Antifaschismus, sagt: „Rechte Musik war schon immer mehr als nur Ausdruck
menschenfeindlicher Gesinnung, sondern spielt bis hinein in rechten Terror
eine wichtige Rolle bei Rekrutierung, Stabilisierung und Radikalisierung
der extrem rechten Szene.“
Bis Redaktionsschluss gab die Generalstaatsanwaltschaft keine weiteren
Informationen zu Festnahmen und Funden bekannt.
26 Oct 2023
## LINKS
[1] /Baseballschlaegerjahre-in-Wernigerode/!5941578
[2] /Rechtsextreme-Szene-in-Deutschland/!5969016
[3] /Razzia-gegen-Neonazis/!5961354
[4] https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/50080…
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
Niedersachsen
Rechtsrock
Polizeieinsatz
Innere Sicherheit
GNS
Kolumne Der rechte Rand
Rechtsextremismus
Rechtsrock
Kolumne Der rechte Rand
NPD
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rechtsextreme Musikszene: Neue Genres, alte Botschaften
Die Rechtsrock-Szene beschränkt sich mittlerweile auf kleine Konzerte.
Dafür sind neue Genres und neue Vertriebswege hinzugekommen.
Rechter Internetversand Midgård gehackt: Nazi-CDs ins Ministerium bestellt
Hacker haben Bestelllisten eines rechtsextremen Versandes veröffentlicht.
Auch ein Mitarbeiter des niedersächsischen Umweltministeriums ist darauf.
Bremer Rechtsrocker von „Endstufe“: „Böser Deutscher“ leitet Bioladen
Ein Mitglied der rechtsextremen Band „Endstufe“ leitet einen Bio-Hofladen
im Bremer Umland. Nicht mehr lange, erklärt das Unternehmen.
Rechte Musik in der Pandemie: Wenige Konzerte, viele CDs
Die Corona-Maßnahmen haben auch viele Rechtsrock-Konzerte verhindert. Die
Szene machte trotzdem weiter: 2021 erschienen 80 Rechtsrock-CDs.
NPD-Parteitag stimmt gegen neuen Namen: Alles beim Alten
Die NPD wollte sich wegen Dauerkrise in „Die Heimat“ umbenennen. Aber ein
Parteitag verhindert die nötige Mehrheit. Der Parteichef ist verbittert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.