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# taz.de -- Jahrestag des Mauerfalls: Geschichten am Mauerweg
> Pünktlich zum 9. November bringt der Verein berlinHistory einen
> Audioguide zum Berliner Mauerweg heraus. Er führt 164 Kilometer um
> Westberlin.
Bild: Foto vom Mauerfall an einer Hauswand an der Schwedter Straße
Berlin taz | Es sind die kleinen Geschichten, die diesen Audioguide
interessant machen. Zum Beispiel die von Wilhelm Grubenstein. 1952 hatte er
sich bereit erklärt, einem Ehepaar aus Thüringen bei der Flucht nach
Westberlin zu helfen. „Kurz nach Mitternacht“, erzählt der Sprecher,
„fuhren sie mit zwei Lkw und hoher Geschwindigkeit auf die Grenze zu,
voraussichtlich, um sie mit den Wagen zu durchbrechen.“ Doch die Grenzer
eröffneten das Feuer. „Willy Grubenstein wurde tödlich getroffen und fuhr
mit seinem Wagen in eine Schaufensterscheibe eines Spirituosengeschäfts in
der Köpenicker Straße 143.“
Pünktlich zum Jahrestag des Mauerfalls am 9. November hat der [1][Verein
berlinHistory] in Kooperation mit [2][Wanderwall] und mit Förderung der
Senatskulturverwaltung eine App zum Berliner Mauerweg veröffentlicht. Die
Idee dazu hatte Thom Gallie, der den 164 Kilometer langen Weg um Westberlin
vor einem Jahr zu Fuß und mit dem Fahrrad absolvierte.
Gallie will vor allem an die 140 Toten erinnern, die wie Grubenstein an der
innerdeutschen Grenze in Berlin ums Leben kamen oder getötet wurden. „Auf
164 Kilometern stellt sich die Frage, wie das geschehen konnte“, schreibt
er in der Einleitung zur App. „Wie Menschen, der Willkür des
sozialistischen Machtapparats ausgeliefert, ihren Willen und Drang nach
Freiheit mit dem Leben bezahlten.“
## Viele Fehler in der App
Der Anspruch der App ist zugleich aber auch ihr Problem. Wer die sechs
Etappen absolvieren und die Geschichten entlang der Strecke hören will,
sollte sich am besten mit dem Fahrrad auf den Weg machen. Alleine die
Strecke vom U-Bahnhof Bernauer Straße bis zum Schlesischen Tor misst 14
Kilometer. Und gleich einer der ersten Beiträge beginnt mit einem groben
Schnitzer.
Über das Haus an der Schwedter Straße, an dessen Giebel ein Foto von den
Menschen prangt, die über die ehemalige Grenze strömen, heißt es: „Der
Mauerverlauf nimmt hier einen kuriosen Verlauf, denn zum einen schließt er
an drei Stellen das im Westen befindliche Brunnenviertel ein, zum anderen
das im Osten liegende Scheunenviertel.“ Doch das Viertel, das dort an das
Brunnenviertel grenzt, ist die Rosenthaler Vorstadt, das Scheunenviertel
liegt südlich davon.
Auch die zahlreichen Rechtschreibfehler lassen vermuten, dass hier mit
heißer Nadel gestrickt wurde. Zudem erschließt sich nicht, warum in den
meisten Fällen die Audioversion mit der Textversion identisch ist.
Vielleicht hätte sich der Verein auf die kleinen, interessanten Geschichten
konzentrieren sollen und auf ausgewählte Strecken, die auch zu Fuß zu
bewältigen sind.
Denn die Geschichten sind, wie gesagt, vorhanden. Zum Beispiel die von
Michael Meyer. Am 13. September 1964 will der junge Sportler an der
Stallschreiberstraße die Sperranlagen in den Westen überwinden. Als die
Grenzsoldaten ihn entdecken, geben sie 300 Schüsse ab. Schwer verletzt wird
er von einem amerikanischen Soldaten geborgen.
„An diesem Tag“, heißt es in der App, „verweilte auch der US-amerikanisc…
Bürgerrechtler Martin Luther King in der Stadt. Als er von der Flucht
erfuhr, eilte er in die Stallschreiberstraße und sagte: ‚Keine durch
Menschenhand errichtete Mauer kann Gottes Kinder trennen.‘“
9 Nov 2023
## LINKS
[1] https://berlinhistory.app/
[2] https://www.wanderwall.de/
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Berliner Mauer
Mauerfall
Geschichte Berlins
Der 9. November
Audiowalk
Lesestück Recherche und Reportage
Rosa Luxemburg
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