# taz.de -- Erneuerbare Energien in der Krise: Windbranche mit Milliardenverlus… | |
> Die Konzerne kämpfen mit Lieferkettenproblemen und Einbußen. Nun gibt der | |
> Energieriese Ørsted zwei Offshoreparks in den USA auf. | |
Bild: Es betrifft nicht nur die Dänen: Die Windbranche steckt in einer Krise | |
Schon wieder ein Tiefschlag für die kriselnde europäische Windkraftbranche: | |
Der dänische Energiekonzern Ørsted, der größte Entwickler von Windprojekten | |
weltweit, [1][teilte am Mittwoch mit], er habe zwei große Offshore-Projekte | |
in den USA gestoppt. Dabei geht es um die Windparks Ocean Wind 1 und 2 mit | |
jeweils rund 1,1 Gigawatt Nennleistung vor der Küste des US-Bundesstaats | |
New Jersey. | |
Im Zusammenhang mit diesem Rückzug muss das Unternehmen nun 3,8 Milliarden | |
Euro abschreiben und schließt deswegen die ersten drei Quartale des Jahres | |
mit 2,7 Milliarden Euro Miesen ab. Die Kapitalrendite lag in der Zeit nach | |
Firmenangaben bei minus 14 Prozent. Entsprechend brach die | |
Unternehmensaktie nach der Vorstellung der Quartalsbilanz am Mittwoch um | |
mehr als 20 Prozent ein. | |
Ursache des Projektstopps in den USA seien aus dem Ruder laufende Kosten, | |
heißt es aus der Firmenzentrale. Der Anstieg der langfristigen US-Zinsen | |
habe die Geschäftsaussichten verschlechtert, zudem gebe es Probleme in der | |
Lieferkette. Die Gefahr, dass die Maschinen nicht zeitgerecht geliefert | |
werden können, sei zu groß geworden, dabei spiele auch die weltweite | |
Knappheit an geeigneten Transportschiffen eine Rolle. | |
## Es trifft nicht nur die Dänen | |
Die Mitteilung der Firma Ørsted schreckt die Windbranche besonders deswegen | |
auf, weil das Unternehmen mit 9.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 17,8 | |
Milliarden Euro zu den großen Akteuren im Metier gehört. Der Konzern – | |
einst ein Erdgasunternehmen, das später unter dem Namen Dong Energy | |
firmierte – hat sein fossiles Geschäft inzwischen verkauft und ist nun | |
weltweit in der Windkraft und auch in der Bioenergie tätig. In Deutschland | |
schuf sich Ørsted im September 2022 mit der Übernahme des Regensburger | |
Wind- und Photovoltaikprojektentwicklers Ostwind eine starke Position. | |
Es trifft nicht nur die Dänen. Derzeit [2][kämpft die Windbranche | |
insgesamt] – und belastet damit die Energiewende. Im dritten Quartal | |
schrieb der Ölriese BP bereits 540 Millionen Dollar für Windprojekte ab, | |
nachdem der Bundesstaat New York einen Antrag auf bessere Konditionen | |
abgelehnt hatte. Eine BP-Managerin ließ sich mit der Aussage zitieren, die | |
gesamte Offshore-Windindustrie in den USA sei aufgrund von Kostendruck und | |
Verzögerungen bei den Genehmigungsverfahren „grundlegend gescheitert“. | |
## Auch Hersteller in der Krise | |
Doch nicht nur Projektierer, auch die Hersteller der Maschinen, sind in der | |
Krise. Der dänische Turbinenbauer Vestas schrieb zuletzt rote Zahlen, | |
ebenso der deutsche Mitbewerber Nordex. Siemens Gamesa, die | |
Windkraft-Tochter des Münchner Technologiekonzerns, musste im Sommer | |
Qualitätsprobleme einräumen. Wegen dieser zog [3][Siemens Energy] Ende Juni | |
seine Ergebnisprognose zurück – es folgte ein Kurseinbruch der Aktie um 37 | |
Prozent. Seither hat das Papier weiter an Wert verloren, sodass in den | |
vergangenen sechs Monaten ein Verlust von rund 60 Prozent auflief. | |
Als Konsequenz aus den Problemen schließt Siemens Gamesa vorerst für | |
bestimmte Offshore-Modelle keine neuen Verträge mehr ab, im | |
Offshore-Geschäft nehme man nur noch „selektiv Aufträge“ an. | |
„Auftragseingang und Umsatz im Windgeschäft für das Geschäftsjahr 2024 | |
werden daher voraussichtlich unter den Markterwartungen, Nettoverlust und | |
Mittelabfluss werden voraussichtlich über den Markterwartungen liegen“, | |
schrieb das Unternehmen in der letzten Oktoberwoche in einer | |
Börsenmitteilung. Nach Medienberichten ist der Dax-Konzern inzwischen sogar | |
mit dem Bund in Gesprächen – wegen möglicher Bürgschaften in Höhe von bis | |
zu 15 Milliarden Euro. | |
## Konkurrenz aus China | |
Allerdings weist das Unternehmen darauf hin, dass die Probleme nur die | |
Windkrafttochter Gamesa beträfen. Die Finanzergebnisse der gesamten Siemens | |
Energy AG für das Geschäftsjahr 2023 lägen „voraussichtlich vollständig im | |
Rahmen der Prognose. Für die anderen Geschäftseinheiten – etwa die fossilen | |
Gaskraftwerke – werde nämlich „erwartet, dass sie ihre hervorragende | |
Leistung im Geschäftsjahr 2024 fortsetzen“. | |
Die Hersteller von Windkraftanlagen fürchten dagegen zunehmend auch die | |
[4][Konkurrenz aus China], wo riesige Fabrikationsanlagen aufgebaut wurden. | |
Die Hersteller in Fernost hätten in Europa bereits 2,8 Gigawatt | |
Windkraftleistung installiert oder projektiert, teilte zur Fachmesse Husum | |
Wind im September der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau mit. | |
Bei rund 255 Gigawatt, die Ende 2022 in Europa installiert waren, ist das | |
zwar erst ein kleiner Anteil. Doch die staatlich geführten Firmen in China | |
setzen auch technologisch auf Größe: Das Land verfügt bereits über einen | |
Prototypen mit 18 Megawatt – die leistungsstärkste Windkraftanlage der | |
Welt. | |
2 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://orsted.com/en/company-announcement-list/2023/10/oersted-ceases-deve… | |
[2] /Windbranche-verfehlt-Ausbauziele/!5948422 | |
[3] /Buergschaft-fuer-Siemens-Energy/!5966755 | |
[4] /Erneuerbare-Energien-in-China/!5860201 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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