| # taz.de -- Bürgschaft für Siemens Energy: Energetische Hängepartie | |
| > Ob die Bundesregierung Garantien für Aufträge des Windanlagenherstellers | |
| > gibt, ist unklar. Der Mutterkonzern Siemens will kein Risiko übernehmen. | |
| Bild: Offshore Windanlage von Siemens Energy bei Arkona auf Rügen | |
| Berlin taz | Ob und inwieweit die Bundesregierung die geforderten Garantien | |
| für das Geschäft des Energietechnikherstellers Siemens Energy übernimmt, | |
| ist weiterhin unklar. „Die Bundesregierung ist mit dem Unternehmen in engen | |
| Gesprächen“, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Weitere | |
| Angaben wollte er nicht machen. | |
| Medienberichten zufolge soll der Bund darauf bestehen, dass der | |
| [1][Siemens-Mutterkonzern] ebenfalls Sicherheiten übernimmt, bevor er | |
| Bürgschaften zusagt. Doch der Siemens-Konzern soll dazu bislang nicht | |
| bereit sein. In der vergangenen Woche hatten Meldungen über Probleme des | |
| Energieanlagenherstellers Siemens Energy für großen Wirbel gesorgt. Der | |
| Aktienkurs des Unternehmens hat sich am Montag aber weiter erholt, nachdem | |
| er nach Meldungen über erforderliche staatliche Garantien am Donnerstag um | |
| bis zu 40 Prozent abgestürzt war. | |
| Am Wochenende hatte Siemens-Energy-Aufsichtsratschef Joe Kaeser beruhigende | |
| Signale gesandt: Er stellte in einem Interview klar, dass der | |
| Energietechnikhersteller nicht in einer finanziellen Schieflage ist. „Das | |
| Unternehmen benötigt erkennbar kein Geld vom Staat“, [2][sagte Kaeser der | |
| Welt am Sonntag.] Damit trat er der Angst von Anleger:innen entgegen, | |
| dass Siemens Energy möglicherweise verstaatlicht wird. | |
| Siemens Energy ist ein Energietechnikhersteller, der 2022 einen Umsatz von | |
| 32 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. Das Unternehmen ist im Jahr 2020 | |
| durch eine Umstrukturierung des Siemens-Konzerns entstanden. Es bündelt | |
| dessen frühere Energiegeschäfte. Siemens ist mit einem Anteil von rund 25 | |
| Prozent Großaktionär. Außerdem hat der Konzern Garantien in Höhe von 7 | |
| Milliarden Euro für den Energietechnikhersteller übernommen. | |
| ## Opfer erfolgreicher Akquise | |
| Siemens Energy hat eine große Bedeutung für die Energiewende, weil das | |
| Unternehmen auch Windkraftanlagen herstellt. Dieses Geschäftsfeld hat es in | |
| seiner Tochter Gamesa gebündelt, [3][die allerdings Milliarden an Verlusten | |
| eingefahren hat.] Verantwortlich dafür sind unter anderem Qualitätsprobleme | |
| bei einer neuen Generation von Windrädern, die zu hohen Belastungen geführt | |
| haben. Außerdem machen dem Unternehmen – wie der Branche – | |
| Lieferkettenprobleme, die Inflation und ein harter Wettbewerb mit | |
| Konkurrenten etwa aus China zu schaffen. | |
| Das Problem von Siemens Energy ist nicht die Auftragslage – das Unternehmen | |
| ist eher Opfer seiner erfolgreichen Akquise. Es hat Aufträge im Wert von | |
| mehr als 100 Milliarden Euro, viele laufen über viele Jahre. Auftraggeber | |
| wollen deshalb für fällige Anzahlungen Garantien für den Fall, dass | |
| Projekte nicht abgeschlossen werden, etwa weil das Unternehmen vorher | |
| Probleme bekommt. Solche Garantien sind üblich und werden eigentlich von | |
| Banken gewährt. Doch wegen der steigenden Zinsen und der Verluste bei der | |
| Tochter Gamesa halten sich die Banken zurück. | |
| ## Linkspolitiker Perli für Bürgschaften | |
| Deshalb verhandelt Siemens Energy mit der Bundesregierung über staatliche | |
| Garantien. Dabei soll es Medienberichten zufolge um 15 Milliarden Euro | |
| gehen. Sollte die Bundesregierung keine Garantien übernehmen, könnte | |
| Siemens Energy möglicherweise keine oder nur noch wenige neue Aufträge | |
| annehmen. Das würde die ehrgeizigen Ausbaupläne für die Windkraft in | |
| Deutschland durchkreuzen. Dass Auftraggeber auf Garantien verzichten, ist | |
| möglich, aber unwahrscheinlich. | |
| Der Haushaltspolitiker der Linksfraktion Victor Perli ist für eine | |
| Übernahme der Garantien. „Hochwertige Industriearbeitsplätze in Deutschland | |
| sollten erhalten werden, zumal wenn sie erheblich zur Energiewende | |
| beitragen“, sagte er der taz. „Die Bundesregierung hat schon der Pleite des | |
| letzten deutschen Rotorblattwerks von Nordex in Rostock untätig zugesehen.“ | |
| Diesen Fehler solle sie nicht wiederholen. Eine Bürgschaft müsse aber an | |
| Sicherheiten gebunden sein, dass Standorte und Arbeitsplätze in Deutschland | |
| erhalten werden. Außerdem müsse Siemens seinen Teil zur Rettung beitragen, | |
| forderte er. | |
| 31 Oct 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Folgen-des-Ueberfalls-auf-die-Ukraine/!5910770 | |
| [2] https://www.welt.de/wirtschaft/article248242116/Joe-Kaeser-zu-Siemens-Energ… | |
| [3] /Turbulenzen-bei-Siemens-Energy/!5942723 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Krüger | |
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