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# taz.de -- Angriffskrieg der Hamas gegen Israel: Überrascht in den langen Kri…
> Mit massiven Angriffen terrorisiert die Hamas Israel. Ministerpräsident
> Netanjahu schwört das Land auf einen langen militärischen Konflikt ein.
Bild: Ministerpräsident Netanjahu und Verteidigungsminister Yoav Gallant bespr…
TEL AVIV taz | [1][Nach dem massiven Überraschungsangriff der
islamistischen Hamas] herrscht in Israel weiter Fassungslosigkeit und
Verunsicherung. Bilder palästinensischer Bulldozer, die die israelische
Sperranlage zum Gazastreifen einreißen, waren für viele ebenso
unvorstellbar wie Hamas-Kämpfer, die gefesselte israelische Zivilisten nach
Gaza führen. Doch seit Samstagmorgen sind sie Realität.
Israels Armee kämpfte am Sonntag noch an mehreren Orten in der Nähe des
Gazastreifens gegen bewaffnete Angreifer. Währenddessen füllten sich die
sozialen Medien mit Vermisstenanzeigen, in denen verzweifelte Israelis nach
ihren Angehörigen und Freunden suchten. Mindestens 600 Israelis, darunter
44 Soldaten, wurden bei dem beispiellosen Angriff nach israelischen
Medienberichten getötet und mehr als 2000 verwundet. Die Zahlen könnten
weiter steigen. Die Armee meldete, hunderte Angreifer getötet und dutzende
gefangen genommen zu haben. Mehrere israelische Ortschaften rund um den
Gazastreifen wurden evakuiert.
„Wir sind mit zehntausenden Soldaten in der Region“, sagte Armeesprecher
Daniel Hagari. Kampfflugzeuge und Drohnen griffen seit Samstag zahlreiche
Ziele im Gazastreifen aus der Luft an. Laut dem palästinensischen
Gesundheitsministerium in dem Küstenstreifen wurden dabei bisher mehr als
370 Menschen getötet, darunter etliche Kinder, und rund 2.200 verletzt.
Am frühen Samstagmorgen hatte die Hamas einen massiven Raketenbeschuss auf
Israel gestartet, während gleichzeitig zahlreiche bewaffnete Angreifer auf
dem Landweg, durch die Luft und übers Meer nach Israel eindrangen. Mohammed
Deif, der militärische Anführer der Organisation, die die USA, die EU und
Israel als Terrororganisation einstufen, sprach von der Operation „Al
Aksa-Flut“. Nach israelischen Angaben durchbrachen die Angreifer den
Sperrzaun nach Israel an 29 Stellen. Diese seien mittlerweile unter
Kontrolle gebracht worden.
## Erinnerungen an den Jom-Kippur-Krieg
Für die israelischen Sicherheitsbehörden ist es eine katastrophale
Niederlage: Die Armee wurde von dem Angriff offenbar vollkommen überrascht.
Die Hamas-Kämpfer drangen weitgehend ungehindert in Militärbasen und zivile
Ortschaften ein, darunter etwa die 30.000-Einwohnerstadt Sderot. Sie
entführten Menschen und Ausrüstung nach Gaza. Viele in Israel erinnert das
an den Beginn des [2][Jom-Kippur-Kriegs vor rund 50 Jahren], als Ägypten
und Syrien Israel überraschend angriffen und weit auf israelisches Gebiet
vorstoßen konnten.
Unklar ist noch immer, wie viele Menschen genau von den Hamas-Angreifern
als Geiseln verschleppt worden sind. Die Regierung sprach am Sonntag von
mehr als einhundert. Unter den Geiseln soll auch eine deutsche
Staatsangehörige sein.
Für viele in Israel und den palästinensischen Gebieten wird die Tragweite
dessen, was geschehen ist, erst langsam klar. „An den Beschuss haben wir
uns gewöhnt“, sagt Sigal Ariely aus [3][Aschkelon], der sein 2021 von einer
Rakete aus Gaza zerstörtes Haus erst seit kurzem wieder bezogen hat. „Aber
ich kann das Gefühl der Angst gar nicht beschreiben, dass jetzt gerade
Menschen durch unsere Ortschaften laufen und erschießen, wen sie treffen.“
Auch in Gaza lässt der massive Angriff viele überrascht und verunsichert
zurück: „Wir haben mit so etwas nicht gerechnet“, sagt Wesam Amer aus Chan
Yunis im Süden von Gaza. Der Dekan der Fakultät für
Kommunikationswissenschaften an der Universiät Gaza hat sich mit seiner
Familie zuhause verschanzt. „Letzte Nacht wurde eine Moschee neben meinem
Haus bei einem Luftangriff zerstört. Es gibt in Gaza aktuell keinen
sicheren Ort.“ In dem Küstengebiet haben Tausende Menschen Schutz in
Schulen gesucht. Schon am Samstag hatten sich 20.000 Menschen in Schulen
des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA geflüchtet.
## Lage an mehren Fronten angespannt
Am Samstag rief Israel die Verteidigungsoperation „Iron Swords“ aus und
berief zahlreiche Reservisten ein. Außerdem schwor Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu das Land auf einen langen Konflikt ein: „Wir beginnen
einen langen und schwierigen Krieg, der uns durch einen mörderischen
Angriff der Hamas aufgezwungen wurde“, sagte er. Israel werde „alle Orte,
an denen die Hamas organisiert ist und sich versteckt, in Trümmerinseln
verwandeln“. Die Armee verlegte zusätzliche Verbände an den Gazastreifen.
Zugleich ist die Lage auch im Westjordanland, an der Grenze zum Libanon
sowie in arabisch-jüdischen Ortschaften in Israel angespannt. Die Hamas
kündigte an, den Kampf auch auf das Westjordanland und Jerusalem ausdehnen
zu wollen und rief andere wie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah auf,
sich an den Angriffen zu beteiligen. Im Westjordanland wurden bei
Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Armee am
Samstag an mehreren Orten insgesamt sechs Palästinenser getötet, darunter
ein 13 Jahre alter Junge, wie das Gesundheitsministerium in Ramallah
mitteilte.
An Israels Nordgrenze meldete die Armee am Sonntag Raketenangriffe auf
israelisches Gebiet und einen Gegenangriff mit Artilleriebeschuss. Die
Hisbollah bekannte sich zu dem Angriff. Viele israelische Anwohner der
Grenze zum Libanon haben nach einem entsprechenden Hinweis der Armee ihre
Häuser Richtung Süden verlassen. Im ägyptischen Alexandria wurden zwei
israelische Touristen und ihr ägyptischer Begleiter laut Medienberichten
von einem Polizisten erschossen.
Die seit Monaten schwelende innenpolitische Krise in Israel über die
umstrittene Justizreform der rechtsreligiösen Regierung dürfte fürs Erste
vom Tisch sein. Protestorganisationen haben ihre Kundgebungen am Wochenende
abgesagt. Reservisten, die aus Protest nicht mehr in der Armee dienen
wollten, haben ihren Dienst wieder aufgenommen. Im Hintergrund laufen
Gespräche zwischen Netanjahu und den Oppostionsführern Jair Lapid und Benny
Gantz über die Bildung einer Notstandsregierung. Das teilte ein Sprecher
der regierenden Likud-Partei mit. Das katastrophale Versagen des
israelischen Sicherheitsapparats, für den angeschlagenen Ministerpräsident
Netanjahu könnte es das Ende seiner Karriere sein, oder seine politische
Rettung.
8 Oct 2023
## LINKS
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[3] /Israel-Palaestina-Konflikt/!5848570
## AUTOREN
Felix Wellisch
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