# taz.de -- DOSB wirbt für Spiele in Hamburg: Olympische Idee nicht totzukrieg… | |
> Der Deutsche Olympische Sportbund versucht zu sondieren, ob die Spiele in | |
> Hamburg stattfnden könnten. Das Interesse an Infoveranstaltungen ist | |
> mäßig. | |
Bild: An einer Vollksabstimmung gescheitert: Hamburgs Olympia-Bewerbung 2024 | |
HAMBURG taz | Ein paar wenige Menschentrauben stehen am Samstagvormittag im | |
weiten Börsensaal der Hamburger Handelskammer. Junge Menschen schwirren in | |
einheitlichen weißen Pullovern zwischen ihnen herum und legen noch ein paar | |
Flyer auf die Stehtische. „Deine Ideen. Deine Spiele“ ist auf die Rückseite | |
ihrer Pullover gedruckt. | |
An den langen Seiten des drei Stockwerke hohen, feierlichen Saals sind | |
Tafeln aufgestellt, auf denen Zettel und Poster gepinnt sind. | |
[1][„Aufarbeitung 1936“] steht etwa drauf, oder: „Nachhaltige | |
Infrastruktur“, unter denen später Kommentare notiert werden können. Als | |
zwei Moderatorinnen das Publikum begrüßen, sind etwa die Hälfte der rund | |
100 Stühle besetzt, die meisten Stehtische dahinter frei. | |
Am Samstag fand in der Hamburger Handelskammer ein Dialogforum über eine | |
mögliche Bewerbung Hamburgs für [2][die Olympischen sowie Paralympischen | |
Spiele statt, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) 2036 oder 2040 | |
nach Deutschland holen] möchte. Unter dem Motto „Deine Spiele. Deine Ideen“ | |
sollten sich die Hamburger Bürger:innen an der Diskussion über eine | |
Bewerbung beteiligen. | |
Nach einem Dialogforum im September in Leipzig war Hamburg nun die zweite | |
Stadt, in der der DOSB über eine Kandidatur diskutieren wollte. Mehrere | |
Diskussionsrunden gab es dazu am Samstag – über die Nachhaltigkeit etwa | |
oder über die Wirtschaftlichkeit eines solchen Sportevents. | |
## DOSB will aufklären | |
Anfang Dezember sollen die Ergebnisse dieses Prozesses vorliegen, | |
anschließend könnte eine Bewerbung ausgearbeitet werden. In den kommenden | |
Tagen finden deshalb weitere Veranstaltungen in München und Berlin statt, | |
außerdem kommt auch Nordrhein-Westfalen als Austragungsort infrage. Diese | |
Städte und Regionen hatten signalisiert, sich die Austragung vorstellen zu | |
können. | |
„Der DOSB will im Rahmen einer ergebnisoffenen Dialog- und | |
Informationsinitiative gemeinsam mit der deutschen Bevölkerung | |
Rahmenbedingungen für eine mögliche deutsche Bewerbung um Olympische und | |
Paralympische Spiele erarbeiten“, teilt er schon seit einigen Monaten auf | |
einer Informationswebsite mit. | |
Auch DOSB-Funktionär Stephan Brause betonte am Samstag: „Wir wollen | |
aufklären und informieren.“ Doch in Hamburg zeigte sich, dass die | |
Bevölkerung bislang kein sonderliches Interesse an einer Diskussion über | |
die Bewerbung hat. | |
Und dass es mit der Ergebnisoffenheit allzu ernst gemeint ist, glauben | |
einige Hamburger:innen auch nicht: Bevor die Veranstaltung um elf Uhr | |
losgeht, wandern zwar noch einige der jungen Pullover-Träger:innen die | |
umliegenden Fußwege ab, um Passant:innen auf die Veranstaltung | |
hinzuweisen. | |
Doch direkt vor dem Eingang zur Handelskammer haben [3][sich | |
Gegner:innen einer Olympia-Bewerbung versammelt]. „In einem | |
vollkontrollierten Setting mit durchgeplanter Präsentationschoreografie | |
lässt sich kein offener Dialog führen“, kritisiert die Initiative | |
„NOlympia“. | |
Und es wurden auch Plakate hochgehalten, die schon vor rund acht Jahren | |
gedruckt wurden. Denn schon damals hatte Hamburg mit einer | |
Olympia-Bewerbung geliebäugelt: Unter dem damaligen Bürgermeister Olaf | |
Scholz (SPD) wollte sich die Stadt um eine Austragung 2024 bemühen. Der | |
Kleine Grasbrook, eine Elbinsel gegenüber der Hafencity, war als | |
Austragungsort sowie für das olympische Dorf vorgesehen. | |
Dieser Plan wurde kontrovers diskutiert. Es gründeten sich | |
Bürger:inneninitiativen sowohl für als auch gegen den Plan. Mit | |
einer massiven Werbekampagne versuchte der Senat die Stimmung zugunsten | |
einer Bewerbung zu beeinflussen. Im November 2015 jedoch war das Vorhaben | |
gescheitert: Überraschend [4][sprach sich die Mehrheit der wahlberechtigten | |
Hamburger:innen in einem Referendum gegen die Bewerbung aus]. | |
Auf dieses Scheitern greifen auch heute wieder Befürworter:innen wie | |
Gegner:innen einer Bewerbung zurück: Die Hamburger Linkspartei war | |
seinerzeit die einzige in Hamburg, die sich gegen die Bewerbung | |
ausgesprochen hatte. An ihren Plakaten von damals gehen die wenigen | |
Hamburger:innen vorbei, die am Samstag zum Dialogforum wollten. | |
„Es ist und bleibt die Aufgabe von Stadt und Bund, in unserer Stadt | |
ausreichend Geld für Sportstätten und Sportvereine zur Verfügung zu | |
stellen“, sagt die Linkenabgeordnete Heike Sudmann. „Dafür braucht niemand | |
das IOC und die Olympischen Spiele.“ | |
## Nur Städteteams sollen ausrichten | |
Ein wichtiges Argument für die damaligen Hamburger Olympia-Gegner:innen | |
waren auch die Kosten. Mindestens sechs Milliarden Euro waren seinerzeit | |
prognostiziert – doch dass es dabei bleiben würde, glaubten viele | |
angesichts der gerade erst ausgeuferten Kosten beim Bau der Elbphilharmonie | |
nicht. | |
Und auch damals schon stand der IOC in Verdacht, vor allem monetäre | |
Interessen zu verfolgen, statt ein Sportfest für die gesamte Bevölkerung | |
auf die Beine zu stellen. Da man derzeit noch in einem sehr frühen Stadium | |
sei, könne über die Kosten aber nicht seriös gesprochen werden, betonte | |
Brause am Samstag. | |
Dabei verspricht der [5][DOSB], eine Bewerbung nicht gegen den Willen der | |
jeweiligen Bevölkerung durchdrücken zu wollen: „Wir werden keine Bewerbung | |
ohne ein positives Votum der betroffenen Bürger*innen abgeben“, | |
verspricht der DOSB. Von einer demokratischen Abstimmung war hingegen am | |
Samstag nicht die Rede, DOSB-Funktionär Brause sprach von den Ergebnissen | |
aus den Dialogforen sowie aus künftig noch zu erstellenden | |
Meinungsumfragen. | |
Klar scheint hingegen, dass der DOSB keine einzelne Stadt als | |
Austragungsort in das Bewerbungsverfahren des Internationalen Olympischen | |
Kommittees (IOC) schicken will. Stattdessen bringt er eine Bewerbung von | |
mindestens zwei Städten ins Gespräch. Das würde die Risiken für die Städte | |
mindestens halbieren. „Es wird keinen Gigantismus in einer Stadt mehr | |
geben“, versprach Brause. | |
23 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Vorstoss-fuer-Olympia-2036-in-Berlin/!5932085 | |
[2] /Olympische-Spiele-in-Berlin/!5956022 | |
[3] /Abgeordneter-ueber-Olympia-Gedankenspiele/!5901991 | |
[4] https://www.hamburg.de/olympia-referendum/ | |
[5] https://www.dosb.de/ | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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