# taz.de -- Museen im Grünen: Grüne Überraschungen | |
> Die Museen des Kulturkorsos in Steglitz-Zehlendorf laden mit kostenfreien | |
> Angeboten dazu ein, „Grüne Geheimnisse“ in ihren Häusern zu entdecken. | |
Bild: Die Palmensammlung im Großen Tropenhaus des Botanischen Gartens | |
BERLIN taz | Die Zwergpalme, von der uns Susanne Feldmann, Leiterin der | |
Museums- und Ausstellungsabteilung des Botanischen Gartens, eine | |
Darstellung aus dem Jahr 1824 zeigt, kam um 1650 als Geschenk der | |
Niederlande an den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg nach | |
Berlin. Das Blatt zeigt sie also im jugendlichen Alter von 170 Jahren. | |
Wir, das sind Presse- und Museumsleute, stehen am vergangenen Mittwoch im | |
Vestibül des [1][Botanischen Museums], das derzeit umgebaut wird, und | |
starren auf die Zwergpalme, die hinter einer festen Plastikfolie verborgen | |
ist. Der untere Teil von ihr steckt in einer mit Fragezeichen versehenen | |
Holzkiste, aus der sie schlichte sieben Meter in die Höhe ragt. | |
Wir nehmen den Pressetermin zur Aktion „Grüne Geheimisse entdecken“ wahr, | |
die das Netzwerks „Kulturkorso Berlin – Museen im Grünen“ den ganzen | |
Oktober über veranstaltet. Die Museen im Grünen, leicht zu ahnen, sind | |
allesamt Einrichtungen im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, der in der Tat mit | |
viel Wasser und viel Grün aufwarten kann. Und eben auch mit vielen | |
interessanten und hochkarätigen Ausstellungshäusern, schließlich hat der | |
Bezirk mit die höchste Museumsdichte in Berlin, was gerne übersehen wird. | |
Mit spannenden und dabei stets kostenlosen Spezialführungen und Workshops | |
für Besucher:innen aller Altersklassen rufen sich jetzt insgesamt 14 | |
Häuser nachdrücklich in Erinnerung. Das Programm führt zu besonderen Orten | |
und Exponaten der Museen, deren Geheimnis dabei gelüftet wird. | |
## Geheimnis der Zwergpalme | |
Wie das der Zwergpalme, von der wir noch erfahren, dass sie ihren Platz im | |
1646 erbauten Gewächshaus im Lustgarten fand, bevor sie 1715 nach | |
Schöneberg verpflanzt wurde, in einen Mustergarten, aus dem sich nach und | |
nach der Botanische Garten entwickelte, der 1900 nach Dahlem umzog, wohin | |
die Palme, mit rund 260 Jahren noch immer quicklebendig, 1903 folgte. Dass | |
sie, deren Verbreitungsgebiet das westliche Mittelmeer ist und die insofern | |
nicht aus den niederländischen Kolonien stammt, inzwischen abgestorben und | |
vom lebenden zum musealen naturkundlichen Objekt geworden ist, ist nicht | |
ihr Geheimnis. So viel sei verraten. | |
Welche Perlen haben die kulturellen Ausflüge in den grünen Berliner | |
Südwesten noch zu bieten? Die Domäne Dahlem öffnet zum Beispiel ihr | |
Scheunentor, hinter dem sich ihre Landmaschinen verbergen. Das | |
Freilichtmuseum für Agrargeschichte und Ernährungskultur hat bislang keinen | |
Raum, um Großtechnik wie Mähdrescher, aber auch kleinere technische | |
Landwirtschaftsgeräte auszustellen. | |
Daher kommt Direktor Steffen Otte die Gelegenheit zupass, endlich Einblick | |
in die deutsch-deutsche Sammlung geben zu können. Sogar der pensionierte | |
Sammlungskurator, der jede Menge Geschichten zu den Objekten auf Lager hat, | |
konnte für Aktionen gewonnen werden, die sich auch an Kinder ab acht Jahren | |
wendet. Sie wird, die Wette gilt, ein Renner. | |
Das Geheimnis, in das das [2][Alliierten-Museum] einweiht, ist von | |
trauriger Aktualität: Der Wald ist für Soldaten aller Nationen | |
militärisches Aufmarschgebiet und Übungsgelände. Wie das ausschaut, kann | |
man an drei Terminen bei Führungen erfahren, bei denen man auch Kenntnis | |
der Schießanlagen erhält, die die US-Armee an mehreren Orten in den | |
Grunewald „getackert“ hat, wie es Bernd von Kostka, langjähriger Kurator am | |
Museum, ausdrückte. Hier kommt der Wald in seiner Funktion als Sicht- und | |
Schallschutz ins Spiel. | |
Der Garten und Park des Hauses am Waldsee, der sich bis zum namensgebenden | |
See erstreckt, wird derzeit saniert und renoviert. Das wird aber, sagt Erik | |
Günther, Leiter der Museumskommunikation, den Workshop zum Erkennen, | |
Sammeln und Zubereiten von essbaren Wildpflanzen, die in den Zwischenräumen | |
des englischen Landschaftsgartens des Hauses am Waldsee wachsen, nicht | |
beeinträchtigen. Das Geheimnis, das aufgedeckt werden soll, ist der | |
Bedingtheit konventioneller Gartenarbeit durch gesellschaftliche | |
Machtstrukturen. | |
Einer der Pioniere, in der Kunst die Natur mitzudenken, ist John Cage | |
(1912–1992). Dass der Komponist und Künstler sich intensiv mit dem | |
Bestimmen, Sammeln und der Zubereitung von Pilzen befasst hat, ist zwar | |
kein Geheimnis, den meisten aber eher unbekannt. Sein Wissen als Mykologe, | |
das ihn in Italien zum Quiz-Star machte, hätte auch einem professionellen | |
Botaniker zur Ehre gereicht. Seine Forschungen galten auch anderen | |
Phänomenen wie etwa der Stille, die es, wie er klarstellte, nicht gibt. Die | |
Natur schweigt nicht. | |
Cage, seine Ideen und sein Netzwerk von Künstlerfreundschaften und | |
-verwandtschaften kennen zu lernen, dazu lädt Johannes Odenthal in die | |
Achim Freyer Stiftung ein. Die aktuelle Ausstellung legt anhand | |
ausgewählter Arbeiten persönliche Beziehungen wie künstlerische | |
Verflechtungen von Komponisten, Bildenden Künstlern, Bühnenkünstlern und | |
Schriftstellern wie Cage, Dieter Schnebel, Achim Freyer, Alvin Curran und | |
Gerhard Rühm offen. | |
Ob Cage sein auf 639 Jahre Spieldauer angelegtes Orgelstück Organ/ASLSP, | |
das seit 2001 in der Halberstädter Burchardi-Kirche aufgeführt wird, statt | |
für uns womöglich für einen Pilz komponiert hat, für den 1.000 Jahre eine | |
Kleinigkeit sind, bleibt aber sein Geheimnis. | |
6 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Botanisches-Museum/!5797907 | |
[2] /Ausstellung-zu-Grenze-in-Korea/!5951790 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
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