# taz.de -- Deutsche Bahn und Arriva: Bahn verkauft britische Tochterfirma | |
> Das Auslandsgeschäft der Deutschen Bahn stand lange in der Kritik, weil | |
> diese ihr Kerngebiet vernachlässige. Der Verkauf von Arriva soll das | |
> ändern. | |
Bild: Dieser Arriva-Zug ist britisch, fährt in Tschechien und hatte einen deut… | |
Berlin taz/dpa | Lange Wartezeiten an deutschen Bahnhöfen, marodes | |
Schienennetz – dafür ein florierendes Auslandsgeschäft? Damit will die | |
Deutsche Bahn Schluss machen, zumindest teilweise: Der Konzern verkauft | |
seine Auslandstochter Arriva. „Das strategische Ziel der Deutschen Bahn ist | |
es, Rekordinvestitionen in den umweltfreundlichen Schienenverkehr im | |
deutschen Kerngeschäft zu tätigen“, sagte Bahn-Finanzvorstand Levin Holle | |
am Donnerstag. | |
Arriva betreibt Busse und Züge in Großbritannien sowie in rund einem | |
Dutzend weiterer europäischer Staaten. Einige der roten Doppelstockbusse in | |
London sind Teil des Unternehmens, allerdings auch eine Sprachschule in | |
Dänemark und ein Autohaus in Slowenien. Für 1,6 Milliarden Euro geht die | |
Bahntochter laut Medienberichten nun an den Finanzinvestor I Squared | |
Capital, der auf Infrastrukturprojekte spezialisiert ist. Offizielle | |
Angaben zum Preis gab es bis Redaktionsschluss nicht. | |
Die Bahn ließ sich Arriva im Jahr 2010 2,7 Milliarden Euro kosten. Lange | |
konnte [1][der britische Bus- und Bahndienstleister] hohe Gewinne | |
einstreichen. Vor allem während der Corona-Pandemie hat die Tochter | |
wirtschaftliche Rückschläge erlitten. Seitdem konnte sich Arriva | |
einigermaßen erholen, im ersten Halbjahr 2023 stand vor Steuern und Zinsen | |
ein operativer Gewinn von 43 Millionen Euro in der Bilanz. Dennoch galt das | |
Unternehmen kaum mehr als lukrative Investition. Die Bahn strebte den | |
Verkauf lange an – Kaufinteressenten wurden jedoch vergeblich gesucht. | |
„Es war von vornherein ein Fehler, die Auslandstochter Arriva zu kaufen“, | |
sagte der Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter (Die Grünen) der taz. Er | |
hatte der Bahnführung schon 2010 „Größenwahn“ vorgeworfen. Den Verkauf | |
begrüßte er nun. Die Aufgabe eines öffentlichen Unternehmens sei nicht, den | |
Busverkehr in anderen Ländern zu organisieren, so Hofreiter. Außerdem habe | |
die Bahn nie die Managementkapazitäten gehabt, sich ausreichend um die | |
Tochterfirma zu kümmern. „Das sieht man auch daran, dass Arriva heute | |
deutlich weniger wert ist“, sagte der Grünenpolitiker. | |
„Dass Arriva zur Deutschen Bahn AG gehörte, war schon lange nicht mehr | |
zeitgemäß“, sagte auch Carl Waßmuth vom [2][Bündnis Bahn für alle], das | |
sich für die Gemeinnützigkeit der Deutschen Bahn einsetzt. Unter Leitung | |
Hartmut Mehdorns steckte das Unternehmen Milliarden in Zukäufe. Das Ziel: | |
zum weltweiten Logistikkonzern aufzusteigen. „Aus Sicht des Klimas und der | |
Verkehrsbedürfnisse ist das Unsinn“, so Waßmuth. Der Verkauf sei richtig, | |
Waßmuth hätte sich jedoch gewünscht, dass die Tochter nicht an einen | |
Investor „verscherbelt“, sondern künftig gemeinwohlorientiert von Staaten | |
geleitet wird. | |
## Deutsche Bahn bleibt global aktiv | |
Anton Hofreiter hofft, dass der Verkaufserlös in die Lösung der deutschen | |
Schienenprobleme fließt. „Viele Jahrzehnte wurde deutlich zu wenig in das | |
System Schiene investiert“, sagte der Politiker. „Die Mittel dürfen nicht | |
wie in der Vergangenheit für nutzlose Dinge ausgegeben werden, wofür der | |
Kauf von Arriva ein gutes Beispiel ist.“ | |
Vor wenigen Wochen gab die Bahn bekannt, dass sie auch [3][den | |
erfolgreichen Logistikkonzern Schenker] verkaufen will. Außerdem bleibt sie | |
global aktiv: Über die konzerneigene E.C.O.-Gruppe laufen weiterhin | |
Beratungs- und Verkehrsprojekte in aller Welt, etwa in Ägypten, Katar oder | |
Brasilien. | |
19 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Nanja Boenisch | |
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