# taz.de -- Ehrenamtliche Hilfe in der Ostukraine: Solidarische Tüten | |
> Seit 2014 bestimmt der Krieg den Alltag in dem Dorf Kateryniwka. Nur noch | |
> ein paar Dutzend Menschen leben dort. Und sie brauchen Hilfe. Ein Besuch. | |
KATERYNIWKA, DNIPRO UND KURACHOWE Als die Autos vorfahren, sieht man sie | |
zunächst nicht. Aber dann kommen die Dorfbewohner durch den Vorhang an der | |
Eingangstür des einstöckigen Gebäudes hinaus. Es ist Mitte September, Tag | |
563 seit Beginn von Russlands großangelegter Invasion in der Ukraine. Und | |
im Dorf Kateryniwka in der Oblast Donezk kommen an diesem späten Vormittag | |
Helfer:innen aus dem 250 Kilometer entfernten Dnipro an. Die meisten der | |
rund 30 Wartenden sind im Rentenalter. | |
Es ist leicht bewölkt, knapp unter 20 Grad. Irgendwo in der Umgebung | |
schießt die Artillerie der ukrainischen Armee. Nachdem die Tür des | |
Transporters geöffnet ist, haben es die Menschen eilig. Die Helfer reichen | |
ihnen gepackte Supermarkttüten mit Lebensmitteln. Dazu gibt es Waschmittel. | |
Aus einem Geländewagen nebenan wird Toilettenpapier verteilt, aus einem | |
anderen Hunde- und Katzenfutter. Die Menschen bedanken sich herzlich, aber | |
die meisten gehen auch schnell wieder. „Die Leute haben gelernt, dass es | |
keine gute Idee ist, in großen Gruppen herumzustehen“, erzählt eine | |
Helferin. | |
Einer der Wartenden ist Opa Kolja. So stellt er sich selbst vor. Der Mann | |
mit der Schiebermütze und dem etwas gebückten Gang lächelt, aber lange | |
erzählen will er nicht. 86 Jahre sei er alt und habe sein ganzes Leben im | |
Dorf verbracht. Er wolle nirgendwo anders hin. Von einer Helferin aus | |
Dnipro bekommt er noch eine Umarmung, dann schiebt er sein Fahrrad langsam | |
davon. Auf dem Lenker balanciert er eine Tüte mit Lebensmitteln und eine | |
Packung Toilettenpapier. | |
Kateryniwka kennt diesen Krieg schon lange. Das Dorf befindet sich rund 30 | |
Kilometer Luftlinie entfernt von der [1][Großstadt Donezk]. Seit dem Jahr | |
2014 verlief die Frontlinie im Osten des Dorfes in etwa 15 Kilometer | |
Abstand. Seit mehr als neun Jahren hören die Dorfbewohner den Lärm des | |
Krieges. Doch lange Zeit gehörten zumindest die großen Kaliber nicht dazu. | |
Seit 18 Monaten ist das anders, es wird deutlich mehr geschossen. | |
Fast 800 Menschen sollen hier mal gelebt haben, aber die letzte Zählung ist | |
mehr als 20 Jahre her. Heute sind es vielleicht noch mehrere Dutzend | |
Zivilisten. Wie in den Nachbardörfern sind die Straßen schlecht, viele | |
Häuser schon länger verlassen oder zerstört. Einige der Häuser nutzen die | |
ukrainischen Soldaten als Unterkünfte. Unter den Obstbäumen versteckt, kann | |
man hin und wieder ihre olivgrünen Jeeps sehen. | |
Größeres Gerät wie Panzer oder Artilleriegeschütze ist entweder nicht da | |
oder so gut verborgen, dass man es nicht sieht. Schon einmal wäre | |
Kateryniwka fast ausgestorben. Anfang der 1930er Jahre ließen die | |
Kommunisten [2][während des Holodomors] das Dorf wie viele andere in der | |
Ukraine abriegeln. Den Bewohnern wurden Nahrungsmittel und Saatgut | |
weggenommen. Es kam zu einer Hungersnot. | |
Ira ist eine der verbliebenen Bewohner:innen. Die 56-Jährige mit der blauen | |
Strickjacke hat schon ihre Lebensmitteltüte abgeholt. Besonders gefreut hat | |
sie sich aber über das Futter für Hündin Bljaschka, die die erste Portion | |
gleich vor Ort verspeist. Auch Ira hätte gehen können, doch sie entschied | |
sich anders. „Ich muss mich doch um die Tiere kümmern“, sagt sie. Ira hat | |
noch zwei weitere Hunde. „Meine Kinder wohnen in Kurachowe.“ Das ist eine | |
Kleinstadt etwa 10 Kilometer weiter von der Front entfernt. „Die sagen | |
auch, dass ich zu ihnen kommen soll, aber ich kann nicht.“ Sie hebt die | |
Hände, als wolle sie sich entschuldigen. „Hier ist doch mein Zuhause.“ | |
Geblieben ist auch Valentyna. Die 61-Jährige lebt seit 19 Jahren in | |
Kateryniwka. Aber ihre Geschichte ist eine andere, denn sie hat auch einen | |
Job im Dorf. Valentyna ist als Militärkaplanin für die Seelsorge der | |
stationierten Soldaten zuständig. So steht es auch auf dem Aufnäher auf | |
ihrem schwarzen Kapuzenpullover, den sie zur Militärhose trägt. „Aber | |
natürlich können auch die Einheimischen zu mir kommen“, sagt sie. Einen | |
Priester gebe es ja nicht. | |
Tatsächlich kümmert sie sich aber um mehr. Zum Beispiel hat sie den | |
Verteilungspunkt für die Lebensmittellieferung organisiert. Die Tüten, die | |
an diesem Tag noch nicht abgeholt werden, bringen die Helfer:innen in | |
das flache Gebäude. Dort werden die Lebensmittelpakete zwischen Holzkreuz | |
und Pult auf dem braun gestrichen Dielenfußboden gelagert. Eigentlich ist | |
das Valentynas Gebetsraum. „Wir haben hier jeden Tag Beschuss“, erzählt | |
Valentyna. Ein Lebensmittelgeschäft gebe es schon lange nicht mehr. Sie | |
zeigt auf das Gebäude nebenan, wo ein Plakat über vernagelten Fenstern für | |
ein Geschäft für Tierfutter wirbt. Unter den verblichenen Bildern von | |
Hühnern, Kaninchen und Schweinen steht der Werbeslogan „Alles wird gut!“ | |
Die blau lackierte Tür ist mit Löchern von Granatsplittern übersät. | |
Wer nicht mobil sei und in die nächste Stadt fahren könne, sei auf Hilfe | |
angewiesen. Und das seien viele von den verbliebenen Bewohner:innen. Die | |
Menschen, die noch im Dorf sind, hätten entweder kein Geld, eine | |
Behinderung oder seien alt. „Oder eine Kombination davon.“ Und abgesehen | |
davon wüssten sie auch nicht, wohin sie gehen könnten. Am Vorabend trifft | |
sich ein gutes Dutzend Helfer:innen in einem früheren Gewerberaum im | |
Erdgeschoss eines Plattenbaublocks in Dnipro. | |
Die meisten der Frauen und Männer sind um die 30 Jahre alt. Es herrscht ein | |
Kommen und Gehen. Auf den ersten Blick wirkt es chaotisch, doch wie in | |
einem Ameisenhaufen fügt sich alles zusammen. Der etwa 30 Quadratmeter | |
große Raum ist vollgestellt mit allerlei Lebensmitteln und | |
Hygieneprodukten. An der Wand steht mit schwarzer Farbe geschrieben | |
[3][„Slava Ukraini!“] | |
Die Lebensmittel werden in der Mitte auf Tüten verteilt. Zur Ration gehören | |
Nudeln, Reis, Mehl, Buchweizen, Kekse, Zucker, Sonnenblumenöl und Konserven | |
mit Bohnen, Fisch und Fleisch. Lebensmittel, die lange halten und nicht | |
gekühlt werden müssen. Sind die Tüten gepackt, werden sie in einen | |
Transporter verladen, der vor der Tür geparkt ist. Dazu kommen Kartons mit | |
Waschpulver und Pakete mit Toilettenpapier. Nach einer guten Stunde ist | |
alles verstaut. Es gibt Tee, Croissants aus dem Supermarkt mit | |
Erdbeerfüllung und ein Erinnerungsfoto. | |
Eine der ehrenamtlichen Helfer:innen ist Nastya Teplyakova. Sie ist | |
Philologin und arbeitet im örtlichen Literaturmuseum. Doch die 32-Jährige | |
ist auch darüber hinaus viel beschäftigt: „Es ist immer etwas zu tun“, sa… | |
sie. „Hilfe für die Dörfer, Hilfe für die Soldaten, Hilfe für die | |
Binnenflüchtlinge, Hilfe für die Tiere, Bücher retten.“ Sie sieht müde aus | |
und ist es auch. In ihre braunen Haare hat sie sich bunte Strähnen gefärbt. | |
„Ich brauche etwas Farbe im Leben.“ | |
Die Gruppe fährt nicht nur in den Donbas. Seit Herbst vergangenen Jahres | |
organisiert sieauch Fahrten in die befreiten Gebiete in der Oblast Cherson. | |
Von Dnipro sind es bis zu den Dörfern auf dem westlichen Ufer des Dnipro | |
rund 200 Kilometer. Dort sei die Infrastruktur zerstört. „Es gibt keine | |
Geschäfte, wo die Menschen etwas kaufen könnten, selbst wenn sie Geld | |
hätten.“ Also bringe man Hilfsgüter. Ein halbes Dutzend mal sei man schon | |
dort gewesen. Finanziert werde die Hilfe aus Spenden. Die Helfer:innen | |
haben dazu eine NGO gegründet. | |
Sie nennt sich Love.UA. Fotos von den Hilfslieferungen veröffentlichen sie | |
auf Instagram. Ein bisschen Extrageld komme durch den Verkauf von | |
sogenannten Trophäen im Internet dazu. „Es gibt Leute, die zahlen gern | |
etwas für einen russischen Helm.“ Die Lieferung in den Donbas wird auch von | |
der NGO [4][Ukraine Trust Chain] aus den USA unterstützt. | |
Von der Front oder aus den befreiten Gebieten bringt Nastya Teplyakova auch | |
immer wieder Haustiere mit. Inzwischen hat sie selbst zwei Hunde und fünf | |
Katzen. „Die leisten mir Gesellschaft und muntern mich auf.“ Zudem versucht | |
sie Bücher aus zerstörten Bibliotheken zu retten. Ein paar haben es in die | |
Ausstellung im Literaturmuseum geschafft: Sie zeigt ein Buch einer | |
ukrainischen Autorin. Es hat ein Einschussloch. | |
Schon 2014 spielte Dnipro am gleichnamigen Fluss eine wichtige Rolle bei | |
der Unterstützung des Widerstands im Donbas. In seiner Neujahrsansprache | |
hat Präsident Wolodymyr Selenski die Millionenstadt als Rückgrat der Front | |
bezeichnet. Sie ist mit mehreren Eisenbahn- und Straßenbrücken über den | |
Fluss Dnipro ein logistischer Knotenpunkt. Von hier, am östlichen Ende des | |
großen Dniprobogens, sind es rund 200 Kilometer in den Donbas und nur 130 | |
Kilometer zur Front im Süden bei Saporischschija. Die großen Krankenhäuser | |
der Stadt versorgen auch viele der Verwundeten. | |
Dnipro ist zwar nicht in Reichweite der russischen Artillerie, doch es gab | |
bereits mehrere Raketenangriffe mit vielen zivilen Opfern. Der bisher | |
folgenschwerste ereignete sich im Januar. Eine ballistische Kh-22-Rakete | |
schlug in einen Wohnblock im Plattenbaugebiet Sobornaja ein. Mindestens 46 | |
Menschen wurden getötet, rund 80 verletzt.Selbst erreicht hat die russische | |
Armee die Stadt seit Beginn ihrer großangelegten Invasion nie. | |
Doch Dnipro hat einen Platz in der Erzählung vom sogenannten Neurussland: | |
Gegründet wurde die Stadt nämlich von General Potjomkin im Jahr 1776. Zu | |
Ehren von [5][Kaiserin Katharina II.] nannte er sie Jekaterinoslaw, was so | |
viel wie „zum Ruhm Katharinas“ bedeutet. Sie sollte etwas wie eine dritte | |
Hauptstadt Russlands in den seinerzeit in den Kriegen gegen das Osmanische | |
Reich eroberten Gebieten nördlich des Schwarzen Meeres werden. | |
Diese Bedeutung hat die Stadt allerdings nie erreicht. Wirklich gewachsen | |
ist sie erst mit dem Eisenbahnanschluss und der Industrialisierung, sie | |
wurde vielsprachig und multireligiös. Noch heute sieht man die Architektur | |
der prächtigen Bürgerhäuser in der auf einem Schachbrettmuster angelegten | |
Altstadt. Nachdem die Bolschewiki die erste Ukrainische Republik besiegten, | |
gaben sie der Stadt den Namen Dnipropetrowsk. Grigori Petrowski war ein | |
General der Roten Armee. | |
## Finanzzentrum der Ukraine | |
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt von der Wehrmacht erobert. Ein | |
Großteil der jüdischen Gemeinde wurde ermordet. Ab den 1960er Jahren wurde | |
Dnipropetrowsk ein Zentrum der Raketentechnologie. In der sogenannten | |
südlichen Maschinenfabrik „Juschmasch“ wurde entwickelt und teilweise | |
gebaut, was sowjetische Kosmonauten ins All brachte. Aber auch der | |
militärische Raketenbau war dort angesiedelt. Wegen der Geheimhaltung war | |
die Stadt für Ausländer tabu und nur mit spezieller Genehmigung zugänglich. | |
In der unabhängigen Ukraine wurden Fabriken nicht mehr gebraucht. | |
Stattdessen entwickelte sich [6][Dnipro zum Finanzzentrum der Ukraine.] Von | |
der gegenüberliegenden Seite des im Stadtzentrum rund 600 Meter breiten | |
Flusses kann man die Skyline der Bankentürme sehen. In der Stadt sprechen | |
viele Menschen Russisch im Alltag, doch die Moskauer Propaganda fand keinen | |
Anklang. „Im Frühjahr 2014 hing einmal eine russische Fahne vor dem | |
Rathaus“, erinnert sich Nastya. „Aber die war am nächsten Tag wieder weg.�… | |
2016 wurde dann auch die Referenz zu Petrowski aus dem Stadtnamen getilgt. | |
Im Morgengrauen treffen sich sieben der Helfer:innen an einer Tankstelle | |
am Stadtrand. Vier Autos sind es diesmal: drei Geländewagen und der | |
Transporter. Als alle ihren Kaffee getrunken haben, [7][beginnen die | |
Sirenen zu heulen:] Luftalarm. Auf dem Telegramkanal der ukrainischen | |
Luftwaffe wird vor einer Gefahr durch Drohnen gewarnt. In Dnipro keine | |
Seltenheit. Seit Kriegsbeginn gab es in der Stadt bis zu diesem Morgen | |
schon 2.028 Alarme. Fast vier am Tag. | |
Die Fahrt führt über die Europastraße 50 nach Osten. Je weiter es nach | |
Osten geht, umso mehr Tanklaster in Armeegrün sind unterwegs und umso | |
weniger zivile Fahrzeuge. Am ersten Checkpoint außerhalb von Dnipro stehen | |
noch Polizisten und winken die Autos fast beiläufig durch. Mindestens zehn | |
Checkpoints sind es auf den 250 Kilometern bis Kateryniwka. Bei den letzten | |
kontrollieren nur noch Soldaten die Fahrzeuge. Dort wird dann auch in den | |
Kofferraum geschaut. Hektisch wird es nur einmal, als sich aus der | |
Gegenrichtung zwei Ambulanzen mit Blaulicht einem Checkpoint nähern. Die | |
Autofahrer machen rasch Platz, damit die Rettungswagen ohne Verzug durch | |
das Zickzack der Betonsperren steuern können. | |
Meistens bieten die Helfer:innen den Kontrolleuren auch Tourniquets an. | |
Die Aderpressen sind begehrt, besonders die aus westlicher oder | |
ukrainischer Produktion. Sie können im Fall einer Verwundung Leben retten. | |
Denn oft ist es der Blutverlust, an dem die Soldat:innen sterben. Vor | |
dem Autofenster zieht die Landschaft mit Feldern, Kuhweiden und kleinen | |
Wäldern vorbei. „Die Russen haben uns so viel genommen“, sagt Nastya | |
Teplyakova. „Ich würde gern mal wieder auf ein Feld schauen und nur an ein | |
Feld denken. Nicht daran, wie sie sie verminen und unsere Ernten stehlen.“ | |
Im Donbas kommen zu den Feldern auch immer mehr Fördertürme und | |
Abraumhalden der Bergwerke hinzu. | |
Das Städtchen Kurachowe liegt an einem Stausee. Das Flüsschen Wowtscha ist | |
dort aufgestaut, um Kühlwasser für ein riesiges Kohlekraftwerk zu liefern. | |
Zwei Schlote speien auch an diesem Tag tiefschwarzen Rauch in den Himmel. | |
Am Strand versucht ein einsamer Angler sein Glück mit den Fischen. An einer | |
Kreuzung treffen sich die Helfer:innen mit Soldaten. Deren Einheit ist | |
in der Nähe stationiert. Wo genau, soll nicht veröffentlicht werden, auch | |
keine Namen. Der Kontakt zur Einheit ist persönlich. „Ein enger Freund | |
gehörte mal dazu“, erzählt Nastya. „Er ist seit mehr als einem Jahr | |
vermisst.“ Man rechne nicht damit, dass er noch wiederkommt. | |
„Ich habe ihm versprochen, mich um seine Brüder zu kümmern.“ Mit Brüdern | |
meint sie die anderen Soldaten aus der Einheit. Und sie kümmert sich. Hält | |
Kontakt. Sammelt Geld, um Ausrüstung zu besorgen, die die Armeebürokratie | |
nicht oder nicht ausreichend bereitstellt. Bei dieser Tour bleiben zwei der | |
Geländewagen, die die Hilfsgüter für die Dorfbewohner transportiert haben, | |
später bei den Soldaten. „Das waren Nummer 20 und 21“, erzählt sie späte… | |
## Mobile Hilfe für alte Menschen | |
Zum Kämpfen kann man die zwar nicht benutzen. Aber sie sind hilfreich, um | |
auf den kaputten Straßen zwischen den Dörfern überhaupt mobil zu sein. Und | |
auch um im Notfall Verwundete schnell zu einem Versorgungspunkt zu bringen. | |
„Das ist nichts Abstraktes. Jeder von uns kennt jemanden in der Armee“, | |
erklärt sie. Auch ihr Ehemann ist Soldat. Er ist derzeit in der Nähe von | |
Bachmut im Einsatz. Auch den Offizier der Einheit kennt Teplyakova schon | |
länger. | |
Vor drei Monaten habe sie ihn zuletzt gesehen. „Er hat so abgenommen.“ Sie | |
mache sich Sorgen. Tatsächlich wirkt der 1,90 Meter große Offizier in der | |
Uniform mit dem sandfarbenen Tarnmuster ziemlich schlank. Er ist 24 Jahre | |
alt. Ein paar der Soldaten sind deutlich älter als er, haben graue Haare, | |
breite Schultern und auch Bäuche. Dennoch orientieren sie sich an dem | |
Offizier, ohne dass er laute Anweisungen geben muss. Er lächelt sogar | |
meistens. Die Situation an diesem Teil der Front sei stabil, erzählt er. Es | |
gebe Beschuss von beiden Seiten. „Aber heute ist ein vergleichsweise | |
ruhiger Tag, bisher.“ | |
Als die meisten Dorfbewohner in Kateryniwka am Mittag schon gegangen sind, | |
kracht es wieder zwei mal. Es klingt irgendwie lauter als zuvor und auch | |
anders als das Geräusch, wenn die Geschütze abgefeuert werden, die irgendwo | |
in der Umgebung sein müssen. „Wir sollten zusammenpacken“, sagen die | |
Helfer. Ein paar von den Hilfspaketen in den Supermarkttüten sind noch | |
übrig. „Die geben wir Leuten auf dem Weg“, sagt Nastya. Viele von den | |
Älteren seinen nicht mehr mobil genug, um zu dem Lagerraum zu gehen. Oder | |
sie haben es einfach nicht mitbekommen. | |
Über die ausgefahrenen Wege fahren die Autos wieder zurück durch Richtung | |
Kurachowe, weg von der Front. Nach ein paar Minuten Fahrt stehen zwei | |
Frauen am Straßenrand. Eine trägt Kopftuch und eine blaue Kittelschürze, | |
die andere stützt sich auf einen Gehstock. Dackelmischling Ricky ist bei | |
ihnen und nimmt auf diesem Teil der staubigen Schotterpiste offenbar sowas | |
wie die Rolle des Ordnungsamts ein: haltende Autos werden angebellt, sobald | |
sich eine Tür öffnet, nimmt der Rüde Platz auf dem Beifahrersitz. Während | |
die Dorfbewohnerinnen die Hilfspakete in Empfang nehmen wird Ricky mit | |
Hundesnacks versorgt. Dann grollt wieder das Geräusch eines | |
Granateneinschlags durch die Baumwipfel. Die Helfer steigen in die Autos | |
und fahren los. Die Dorfbewohner:innen tragen die Tüten weg. | |
16 Oct 2023 | |
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