# taz.de -- Israels Pläne für den Gazastreifen: Hamas vernichten – und dann? | |
> Bislang gibt es kein Konzept dafür, was mit dem Gazastreifen passieren | |
> soll. Eine internationale Treuhandschaft könnte ein Weg sein. | |
Bild: Die Skyline von Gaza City nach einem israelischen Luftangriff am 1. Oktob… | |
Noch hat Israels angedrohte Bodenoffensive in Gaza nicht begonnen, da gibt | |
es dort schon eine Million Fliehende und 2.750 Tote. Israels Kriegsziel | |
scheint klar: „Wir werden Hamas vernichten“, sagt Ministerpräsident | |
Benjamin Netanjahu. Umstritten sind höchstens die Mittel: Kann man | |
[1][Hamas vernichten], ohne alle Bewohner des Gazastreifens zu verjagen | |
oder zu töten? Will Netanjahu gar auf Putins Spuren wandeln, als geächteter | |
Kriegsherr auf Ruinen und Massengräbern? Es wäre das Gegenteil eines | |
Sieges. Das erklärt auch die intensive Krisendiplomatie. Mit jedem Tag, an | |
dem Israel doch nicht einmarschiert, können sich Menschen in Sicherheit | |
bringen, öffnet sich das Zeitfenster für einen Ausweg aus der Sackgasse ein | |
wenig mehr. | |
Denn auf eine Frage gibt Israel beharrlich keine Antwort: Was würde nach | |
der Vernichtung von Hamas mit dem [2][Gazastreifen] passieren? Will Israel | |
ihn besetzt halten und sich Krieg ohne Ende aussetzen? Soll die | |
inkompetente palästinensische Autonomiebehörde ihn übernehmen? Soll Israel | |
das Gebiet leeren, annektieren, planieren und darauf Militärbasen oder | |
Atomkraftwerke bauen? Es gibt kein Konzept. | |
Der völkermörderische Hamas-Terrorangriff auf Israel und Israels | |
angedrohter Gegenschlag stürzen die Region in eine Krise wie seit 75 Jahren | |
nicht. Juden fühlen sich an die Shoah erinnert, Palästinenser an die Nakba. | |
Es geht um die Existenz. Da muss neu gedacht werden. Wenn in Gaza weder | |
israelische noch palästinensische Verwaltung Sinn ergibt, muss ein dritter | |
Weg gesucht werden. | |
Vielleicht liegt der dritte Weg dort, wo er vor 75 Jahren endete: in der | |
internationalen Treuhandschaft, die in Palästina vor 1948 unter britischer | |
Verwaltung existierte, im Namen erst des Völkerbunds und dann der UNO. Nach | |
Israels Unabhängigkeitserklärung und dem arabischen Krieg gegen den | |
jüdischen Staat verblieb in Gaza das „All-Palästina-Protektorat“ der | |
Arabischen Liga unter ägyptischer Verwaltung und beherbergte Palästinas | |
arabische Politiker. Ägyptens Annexion des Gazastreifens 1959 beendete | |
dies, mit Israels Besetzung ab 1967 war es endgültig Geschichte. Heute aber | |
könnte das Erbe des Palästina-Mandats als Ausgangspunkt für eine neue | |
Debatte dienen. | |
## Osttimor als Modell | |
Internationale Treuhandschaften gab es weltweit immer wieder, bis in die | |
jüngere Gegenwart, von Namibia bis Palau, zuletzt in Osttimor unter | |
UN-Verwaltung vom Abzug Indonesiens 1999 bis zur Unabhängigkeit 2002. | |
Treuhandmodelle wurden auch immer wieder im Rahmen der Zweistaatenlösung | |
für Israel und Palästina diskutiert. | |
Wäre eine internationale Verwaltung für Gaza also ein denkbarer Weg? Wenn | |
ja, wie, unter wessen Führung und mit welchem Ziel? Wenn nicht, was dann? | |
Die Fragen mögen heute naiv erscheinen. Aber ohne [3][eine politische | |
Vision] gibt es am Ende nur Trümmer- und Leichenberge. Auf beiden Seiten. | |
Und dann muss man diese Fragen sowieso stellen, Tausende Tote später. | |
16 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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