# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Sumpfwesen und Landhausgespräche | |
> Das Festival of Animation zeigt 112 Filme aus 33 Ländern im Kurz- und | |
> Langformat. Das Arsenal würdigt den japanischen Meisterregisseur | |
> Yassujiro Ozu. | |
Bild: „ZOON“ läuft im Deutschen Wettbewerb beim Festival of Animation | |
Ein Mann und eine Frau sitzen auf einer Terrasse im Garten und stellen sich | |
gegenseitig Fragen: Sie redet über Sexualität und Fragen weiblicher | |
Identität, er doziert, gelegentlich in Garten-Metaphern verklausuliert, | |
über das Verlangen. | |
Wim Wenders hat 2016 das Bühnenstück „Die schönen Tage von Aranjuez“ sei… | |
Freundes Peter Handke verfilmt, das der österreichische Autor seiner | |
Lebensgefährtin widmete, der französischen Schauspielerin Sophie Semin, die | |
auch in der Verfilmung die Hauptrolle spielt. | |
Hinzuerfunden hat Wenders die Figur eines Schriftstellers, der sich in | |
seinem Landhaus jene Gespräche ausdenkt, die die Figuren anschließend | |
führen – ein Alter Ego des Regisseurs, das die reine Dialogsituation | |
aufbricht und Wenders einen persönlichen Touch – mit Wurlitzer-Jukebox und | |
Nick Cave am Piano – erlaubt. | |
Ansonsten bleibt in den intensiven Dialogszenen Handkes literarischer Text | |
gewahrt: Sanft umkreist die Kamera dabei die Figuren, das satte Grün des | |
sommerlichen Gartens spiegelt das pralle Leben des Dialogs wider, und auch | |
die Farbe der Limonade ist sehr schön (29. 9., 4. 10., 18 Uhr, Babylon | |
Mitte). | |
Insgesamt 112 Filme aus 33 Ländern präsentiert das 7. Festival of Animation | |
[1][am Wochenende im City Kino Wedding]. Wie immer liegt der Schwerpunkt | |
dabei auf animierten Kurzfilmen, die unter anderem in Programmen eines | |
deutschen und eines internationalen Wettbewerbs präsentiert werden. Das | |
Schöne: Techniken und Themen variieren von Film zu Film. | |
In „Black Slide“ (R: Uri Lotan, Israel) wird das schwarze Loch einer | |
riesigen Wasserrutsche zur Metapher für den Tod der Mutter eines kleinen | |
Jungen. Mit „O casaco rosa“ („The Pink Dress“) schuf die Portugiesin M�… | |
Santos mit Bildern von gefolterten und getöteten Kleidungsstücken eine | |
Parabel auf Aktivitäten der politischen Polizei zu Zeiten der Diktatur. Und | |
im estnischen Film „Sierra“ (R: Sander Joon) führt die automobile | |
Begeisterung eines Vaters zu einem sehr seltsamen Ergebnis. | |
Ein Favorit für den Preis im deutschen Wettbewerb könnte „Backflip“ von | |
Nikita Diakur sein, der seinen Avatar beim Versuch eines Rückwärtssaltos | |
als gruselige Slapsticknummer vorstellt und dabei gleichzeitig in Bild und | |
Ton die Animationstechnik erläutert und sichtbar macht (7. Festival of | |
Animation, 29.9.-1.10., City Kino Wedding). | |
Vier restaurierte Filme des japanischen Meisterregisseurs Yassujiro Ozu | |
sind [2][Anfang Oktober im Kino Arsenal] zu sehen. „Tokyo monogatari“ | |
(3.10., 20 Uhr) gehört zu den berühmtesten und besten Werken Ozus: Ein | |
älteres Ehepaar reist aus der Provinz nach Tokio, um seine erwachsenen | |
Kinder zu besuchen, und muss schnell feststellen, dass es eigentlich nur | |
stört. Eine ganz wunderbare melancholische Geschichte über die | |
Anforderungen und Erwartungen der verschiedenen Generationen, die | |
notwendige Abnabelung der Jungen und den Zyklus des Lebens. | |
Weniger bekannt sind „Ochazuke no aji“ (2.10., 20 Uhr) und „Soshun“ (4.… | |
20 Uhr), die jeweils von den Krisen eines älteren und eines jüngeren Paares | |
erzählen, sowie der Gangsterfilm „Hijosen no onna“ (1.10., 20 Uhr), der | |
noch aus einer Zeit stammt, ehe Ozu sich Mitte der 1930er Jahre sich auf | |
Familiengeschichten – eines der beliebtesten japanischen Genres – zu | |
spezialisieren begann. Eunice Martins wird den 1933 entstandenen Stummfilm | |
am Klavier begleiten (Yasujiro Ozu – Vier Restaurierungen, 1.-4.10., Kino | |
Arsenal). | |
28 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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