| # taz.de -- Frankreichs rechte Russland-Connection: Lobbyismus im Solde Putins? | |
| > Hat Frankreichs Rechtsaußen Marine Le Pen doch nicht nur einfach einen | |
| > Kredit einer russischen Bank bekommen? Das legen neue Dokumente nahe. | |
| Bild: Die Nähe von Marine Le Pen wurde von ihren Gegnern schon im Wahlkampf 20… | |
| Paris taz | „Wenn Sie von Russland sprechen, reden Sie von von Ihrer | |
| Gläubigerbank“, entgegnete beim letzten Fernsehwahl-Duell im April 2022 | |
| Emmanuel Macron seiner Gegnerin [1][Marine Le Pen]. Er wollte damit | |
| suggerieren, dass die Präsidentschaftskandidatin der extremen Rechten wegen | |
| eines Kredits zur Vorfinanzierung ihres Wahlkampfes vom Kreml abhängig und | |
| darum in ihren Äußerungen zur russischen Politik nicht unvoreingenommen | |
| sei. | |
| Für Le Pen ist diese von ihr heruntergespielte Connection spätestens seit | |
| der (von ihr schließlich explizit verurteilten) [2][russischen Invasion in | |
| der Ukraine] im Februar 2022 eine politische Schwachstelle. | |
| Den Vorwurf, irgendwie in Putins Diensten zu stehen, wollte die Chefin des | |
| Rassemblement national (RN, Ex-Front national) wie früher schon mit dem | |
| formalen Hinweis entkräften, sie habe diese Anleihe „von einer Bank und | |
| nicht von Wladimir Putin“ erhalten. Mehr wollte sie auch im Mai 2023 vor | |
| einem parlamentarischen Ausschuss nicht zu dem Umständen und eventuellen | |
| Konditionen dieser finanziellen Großzügigkeit sagen. | |
| Die Frage, warum sie diese Abhängigkeit akzeptiert habe, war für sie durch | |
| die Tatsache beantwortet, dass keine französische Bank ihr Geld leihen | |
| wollte. Jetzt weiß man, dass diese Rechtfertigung einen Teil der Wahrheit | |
| kaschierte. Denn die Beziehungen zur russischen Staatsführung, die Le Pen | |
| auf einen Höflichkeitsbesuch bei Putin im Kreml im März 2017 reduzieren | |
| möchte, waren vor allem in der Periode nach der russischen Annexion der | |
| Krim 2014 bis 2016 viel enger, als sie dies je zugab. | |
| ## Dank von Le Pen an den „lieben Alexander Mikhailowitsch“ | |
| Das französische Online-Magazin [3][Mediapart] konnte Tausende Daten den | |
| Jahren 2008 bis 2023 aus der Mailbox des Vizepräsidenten der russischen | |
| Duma, Alexander Babakow, analysieren, die im August von der ukrainischen | |
| „Cyber Resistance“ veröffentlicht worden waren. Dieses „Babakow“-Leak | |
| belegt, dass dieser hochrangige „Sonderberater“ von Putin Kontakte | |
| vermittelte und im Eilverfahren Einreisevisa für sie besorgte. | |
| Gewisse Flüge der FN-Leute nach Moskau seien laut Mediapart aus Russland | |
| bezahlt worden. Unter den geleakten Dokumenten ist auch ein Schreiben der | |
| damaligen EU-Abgeordneten Marine Le Pen auf Briefpapier des EU-Parlaments, | |
| in dem sie ihrem „lieben Alexander Mikhailowitsch“ herzlich für seine | |
| „wertvolle Hilfe“ dankt, und speziell dafür, dass er sich „wie schon das | |
| letzte Mal“ für ein Treffen zwischen ihrem Gesandten, dem EU-Abgeordneten | |
| Jean-Luc Schaffhauser, und dem damaligen Duma-Vorsitzenden (und heutigen | |
| Auslandsgeheimdienstchef) Sergej Naryschkin einsetzte. | |
| Babakow und seine Mitarbeiter Alexander Worobyew und Mikhail Plisyuk waren | |
| sehr aktiv, um der FN-Vorsitzenden Geld zu besorgen. Im September 2014 | |
| bekam sie von der Moskauer Kleinbank First Czech-Russian Bank 9 Millionen | |
| Euro. Später folgten Verhandlungen über weitere Kredite. | |
| Gab es da wirklich keine Hintergedanken oder gar eine Verpflichtung zu | |
| politischen Gegenleistungen? Le Pens Mann für Russland, Jean-Luc | |
| Schaffhauser, bekam gleich nach seiner Wahl ins EU-Parlament von Worobyew | |
| einen Textvorschlag für eine Erklärung des FN zur Ukraine, die er prompt | |
| seiner Chefin unterbreitete und dann weitgehend in seiner Rede übernahm. | |
| ## Politisch scheint die Russland-Connection nicht zu schaden | |
| Wie gut das russische Lobbying via FN funktionierte, belegt die | |
| Organisation eines Round table in Brüssel durch Schaffhauser und Plisyuk | |
| zum Thema: „Ukraine: Information und Desinformation“. Das russische | |
| Oppositionsblatt Nowaja Gaseta bezeichnete in der Folge Le Pen als | |
| „Russlands einflussreichste Lobbyistin des Jahres 2014“. | |
| Dem jetzigen Interimsparteichef [4][Jordan Bardella], der bei den EU-Wahlen | |
| 2024 als Spitzenkandidat des RN antritt, kommen diese Enthüllungen höchst | |
| ungelegen. Er hat im Sommer erklärt, die bis 2028 gestundete Anleihe werde | |
| wenn möglich noch vor Ende des Jahres zurückbezahlt. | |
| Die Enthüllungen über ihre „Moskau-Connection“ scheinen Marine Le Pen kaum | |
| geschadet zu haben. Gemäß [5][Institut Elabe] denken 48 Prozent der | |
| Befragten, dass sie die „für eine Staatspräsidentin erforderlichen | |
| Qualitäten“ besitze. Laut derzeitigen Umfragen könnte sie 2027 beim ersten | |
| Durchgang der Präsidentschaftswahlen nicht nur mit mehr als 30 Prozent der | |
| Stimmen an erster Stelle landen, sondern sogar eine echte Chance haben, | |
| Frankreichs nächste Staatschefin zu werden. | |
| 15 Sep 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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