# taz.de -- Senatswahl in Frankreich: Eine Schlappe für Macron | |
> Bei der Senatswahl in Frankreich schneidet die Partei des Präsidenten | |
> schlecht ab – selbst in Paris. Das könnte der Regierung Gesetzesvorhaben | |
> erschweren. | |
Bild: Die Partei von Emmanuel Macron hat bei den Wahlen zum Senat schlecht abge… | |
PARIS taz | Als die ersten Ergebnisse der Teilwahlen zum Senat | |
eintrudelten, gab Präsident [1][Emmanuel Macron] gerade ein | |
Fernsehinterview. Allerdings nicht zur Abstimmung, sondern zu seiner | |
Wirtschafts- und Umweltpolitik und zu außenpolitischen Fragen. Auf das | |
Wahlergebnis, das für seine Partei eine Schlappe bedeutete, ging der | |
Staatschef nicht ein. | |
Sonia Backès, die als einziges Regierungsmitglied im Senat sitzt, musste | |
ihr Mandat in Neukaledonien an den Unabhängigkeitsbefürworter Robert Xowie | |
abgeben. In Paris, eigentlich eine Hochburg der „Macronisten“, gewann | |
Renaissance (ehemals La République En Marche!, Anm. d. Red.) keinen | |
einzigen Senatssitz. | |
Der Senat wird von 78.000 Wahlmännern und -frauen gewählt. Dabei handelt es | |
sich vor allem um Stadträtinnen und -räte. Kleine Kommunen stellen gut zwei | |
Drittel des Wahlkollegiums und nehmen deshalb auf das Ergebnis starken | |
Einfluss. | |
Auch in Zukunft hat der französische Staatschef es in der zweiten | |
Parlamentskammer mit einer Mehrheit aus Konservativen und den mit ihnen | |
verbündeten Zentristen der UDI zu tun, die rund 200 der 348 Senatorinnen | |
und Senatoren stellen dürften. Zwar verloren die konservativen Républicains | |
fünf Sitze, doch das ändert nichts an den Mehrheitsverhältnissen. | |
## Die Konservativen sind regional stark, Macron nicht | |
„Der Senat bleibt weiter eine für unsere Zwei-Kammer-Demokratie | |
unerlässliche Gegenmacht“, erklärte der konservative Senatspräsident Géra… | |
Larcher, der Anfang Oktober für eine fünfte Amtszeit gewählt werden dürfte. | |
Der konservative Fraktionschef Bruno Retailleau sprach von einer | |
„Niederlage“ für den Präsidenten, dessen Partei nicht lokal verankert sei. | |
Da die Konservativen gerade in diesen Gemeinden bei den Kommunalwahlen vor | |
drei Jahren gut abschnitten, profitieren sie nun von diesem Wahlmodus. | |
Macrons Partei Renaissance ist auf kommunaler Ebene dagegen extrem schwach. | |
Neben dem konservativen Block schnitten auch die Linksparteien gut ab und | |
dürften zusammen auf rund 100 Senatorinnen und Senatoren kommen. In 15 | |
Departements waren Sozialisten, Kommunisten und Grüne zusammen angetreten. | |
Allein in Paris gewann die linke Liste so acht Sitze. Der frühere grüne | |
Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot zieht ebenso in den Senat ein wie | |
der Stellvertreter der sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo, Ian | |
Brossat. Die Linkspartei La France Insoumise, die von dem Bündnis | |
ausgeschlossen blieb, sendet keinen Vertreter in den Senat. | |
Von der Schwäche der Präsidentenpartei profitierte Macrons einstiger | |
Regierungschef Edouard Philippe, der mit seiner Partei Horizons einige | |
Sitze hinzu gewann. Philippe, dem beliebtesten französischen Politiker vor | |
[2][der Rechtspopulistin Marine Le Pen], dürfte das für seine Ambitionen | |
auf das Präsidentenamt 2027 Auftrieb geben. Le Pens Rassemblement National | |
(RN), der zuletzt nicht im Senat vertreten war, stellt künftig drei | |
Senatoren in der zweiten Parlamentskammer. Für den Fraktionsstatus reicht | |
das allerdings nicht. In der Nationalversammlung ist der RN mit 88 | |
Abgeordneten die stärkste Oppositionspartei. | |
## Für eine Verfassungsänderung braucht es den Senat | |
Seit dem Verlust der absoluten Mehrheit des Regierungslagers in der | |
Nationalversammlung im vergangenen Jahr hat der Senat an Bedeutung | |
gewonnen. Wichtige Gesetzesvorlagen wie das Einwanderungsgesetz, das Anfang | |
November ins Oberhaus kommt, werden zuerst dort debattiert. Dadurch hofft | |
die Regierung, danach auch in der Assemblée Nationale die konservativen | |
Republikaner bei dem Projekt auf ihre Seite zu ziehen. | |
Ansonsten bleibt ihr nur, das Gesetz mithilfe des [3][Verfassungsartikels | |
49.3] ohne Abstimmung durchs Parlament zu bringen. Zu diesem Mittel musste | |
Regierungschefin Elisabeth Borne bei der unbeliebten Rentenreform greifen, | |
für die sich keine Mehrheit abzeichnete. | |
Der Senat hat bei Gesetzen zwar nicht das letzte Wort, ist aber für eine | |
Verfassungsänderung unablässig. Denn nur mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit in | |
beiden Kammern kann ein Präsident solche Einschnitte vornehmen. Außerdem | |
gibt die zweite Parlamentskammer inzwischen bei wichtigen Themen den Ton | |
vor. | |
25 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christine Longin | |
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