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# taz.de -- Frankreich verbietet islamische Gewänder: Laizität von Kopf bis F…
> Erziehungsminister Attal verbietet Schülern und Schülerinnen, aus
> religiösen Motiven lange Kleider zu tragen. Dafür muss er kein Gesetz
> erlassen.
Bild: Macron warnt vor einer „Epidemie“: Schülerinnen und Schüler tragen …
Paris taz | Nach einem [1][Verbot islamischer Kopftücher] und anderer
Verschleierungen will Frankreich auch das Tragen von langen Kleidern im
Stil der Abayas durch Schülerinnen untersagen. Damit reagiere die Republik
auf sich häufende Provokationen, rechtfertigt der neue Erziehungsminister
Gabriel Attal seinen Beschluss am Sonntagabend am Fernsehen TF1. Mit dem
expliziten Verbot kommt er dem eindringlichen Wunsch zahlreicher
Schulleiter entgegen, die sich über die bisherige Rechtsunsicherheit in
dieser Frage beklagt hatten.
Unklar war die Frage, ob diese bis auf die Füße reichenden Gewänder –
namentlich „Abaya“ für Frauen oder „Qami“ für Männer – auf einem r…
Gebot im Islam beruhen. Nicht dieser Meinung ist der Repräsentative Rat der
Muslime in Frankreich (CFCM), für den die Abaya keine spezifisch islamische
Kleidung darstellt. Und darum sieht der CFCM auch keinen unmittelbaren
Handlungsbedarf bei diesem Thema.
Für den zuständigen Minister muss diese Kleidung als ostentatives Zeichen
einer religiösen Zugehörigkeit betrachtet werden. Und diese sind offiziell
und per Gesetz aus den öffentlichen Schulen der Französischen Republik
verbannt. „Wenn ein Lehrer das Klassenzimmer betritt, soll er nicht auf den
ersten Blick die Religion seiner Schülerinnen und Schüler erkennen
können“, argumentiert Attal.
In diesem Sinne hat er mit dem expliziten Verbot vor allem eine von den
lokalen Schulleitungen gewünschte Klärung geliefert. Einen neuen Paragrafen
braucht es seiner Darstellung nach dazu nicht, da das Gesetz von 2004 in
dieser Hinsicht bereits ausreicht, weil darin keine ausführliche Liste der
nicht zulässigen Bekleidungen aufgeführt ist.
## Religion an Frankreichs Schulen
Die Beschwerden wegen Verstößen gegen die Laizität – die strikte religiöse
Neutralität in den staatlichen Schulen – haben sich laut einem von mehreren
Medien am Montag zitierten internen Rundschreiben des
Erziehungsministeriums mehr als verdoppelt: von 2.167 für 2021/22 auf 4.710
für das Schuljahr 2022/23. Das nationale Bildungssystem sei wegen
zunehmender islamischer Kleider in Schulen „mit einer Epidemie
konfrontiert“, warnte Staatspräsident Emmanuel Macron.
Attal kündigte den in der Sorbonne versammelten Rektoren am Donnerstag an:
„Unser Schulsystem wird getestet. Wir wissen, dass in den letzten Monaten
religiöse Bekleidungen wie Abaya und Qami in gewissen Schulen aufgetaucht
sind. Wir werden dem entschieden die Stirn bieten.“
Sein Vorgehen entspricht der Politik der letzten drei Jahrzehnte,
islamische Kopftücher in Schulen und Verwaltungen und
Integralverschleierung in der Öffentlichkeit sukzessive zu verbieten.
Zweifellos wird dem Erziehungsminister in den kommenden Tagen vorgeworfen
werden, er habe dem Druck von ganz rechts nachgegeben oder zumindest
versucht, den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, die bei
jeder Gelegenheit vor einer „Gefahr der Islamisierung“ warnen.
Positiv reagieren die Schulleitungen auf das Verbot. Sie fühlten sich
bislang auf sich gestellt. Auch die Lehrergewerkschaften begrüßen Attals
Entscheid, betonen aber, dass in jedem Fall der Dialog mit den betroffenen
Familien einer Sanktion vorzuziehen sei.
Aus eigener Erfahrung meint in der französischen Tageszeitung Le Monde der
Lehrer Rémy-Charles Sirvent, „in neun von zehn Streitfällen“ könnten die
Schulbehörden im Gespräch eine Lösung finden. Zudem müsse vermieden werden,
dass wegen solcher Konflikte Schülerinnen und Schüler aus dem
Bildungssystem der Republik ausgeschlossen und in private religiöse
Einrichtungen ausgegrenzt werden.
28 Aug 2023
## LINKS
[1] /Gesetzentwurf-in-Frankreich/!5760944
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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