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# taz.de -- Edeka verbannt Kellogg's-Produkte: Es ist nicht alles supergeil
> Der Discounter Edeka will aus Preisgründen keine Kellogg’s-Produkte mehr
> verkaufen. Zum Robin Hood für Kunden macht das den Einzelhandelsriesen
> aber nicht.
Bild: Aus dieser Schüssel können Edeka-Kunden alles mögliche essen, aber kei…
Das Entsetzen war groß: Meinte die Kindergartenleiterin das ernst? Montags
sollte es Smacks geben? Für das Frühstück der Kleinkindgruppe?
Um ehrlich zu sein, habe ich selbst noch nie ein Produkt der Firma
Kellogg’s gekauft. Beim fast täglichen Besuch bei meinem Edeka um die Ecke
würde ich also gar nichts vermissen – Edeka hat mit viel Tamtam gerade die
[1][Produkte des Cornflakesriesen] aussortiert, aus Gründen. Weil Kellogg’s
einen Preisaufschlag von rund 45 Prozent, wie es heißt, verlangt hat und
Edeka und andere Supermärkte inzwischen gerne in den Konflikt mit
Markenherstellern gehen.
Einerseits, weil Letztere [2][der enorm gestiegenen Rohstoffpreise wegen
ihre Preise exorbitant erhöht] haben, was die Lebensmittelhändler nicht zu
Unrecht als „Gierflation“ monieren; andererseits, weil Edeka und andere
inzwischen verstärkt auf Eigenmarken setzen, die nicht mehr wie früher
einfach Marken ohne Marken sind, also innen ist Omo, [3][aber drauf steht
„Ja!“]. Sondern jetzt gilt eben: Können wir selbst, und zwar billiger.
## Auslöser für Depressionen
Für Kunden wie mich ändert sich erst mal nichts. Die
Bio-Fairtrade-Gesund-und-rund-Fraktion wird sich auch eher die Hände
reiben. In Sachen Kellogg’s hat sie ja recht: Die Produkte sind zu teuer.
Sie weisen viel zu hohe Salz-, Fett- und Zuckerwerte auf. In Sachen Ballast
und Vitamine können sie nichts. Sie schmecken pappig, können nicht mal mit
Babybrei mithalten und sind von der Konsistenz her so, dass der Magen seine
Tätigkeit schon vorher einstellt, weil er denkt, er hätte das doch alles
schon verdaut. Noch dazu, wie am Mittwoch in der FAZ zu lesen war, lösen
hochlebensmitteltechnisch verarbeitete Produkte wie die von Kellogg’s auf
Dauer Depressionen aus. Oder, laut anderen Quellen, sogar Krebs. Sie haben
eben nichts, aber auch gar nichts mit echter Ernährung zu tun.
Also: Kellogg’s gibt es nicht mehr? Gut so, braucht man eh nicht. Und doch
stellen sich hier Fragen. Erstens: Das Geile einer Sucht – das, was man
Gewöhnungseffekt nennt. Seit Kleinkindgruppentagen ist man es gewohnt,
Smacks auf den Teller zu bekommen, jedenfalls montags. Geht ja auch
schnell, zweimal schütten, einmal die Smacks, dann die Milch dazu, fertig.
Und jetzt nimmt der Dealer meines Vertrauens den Stoff aus dem Regal?! Darf
der das?
Zweitens: der Klassismusvorwurf. Ich möchte mich gefälligst unterschichtig
ernähren, solange ich will! Schon allein, um mich von der Bobo-Blase, in
der ich mich bewege, ein wenig abzugrenzen. Und jetzt darf ich nicht mehr
Kellogg’s? Was geht, Edeka??? Geh ich halt Lidl!
Und drittens, die Politik. Jetzt ist die korrupte Klöckner schon länger
nicht mehr da, aber in Sachen Gesundheit und Ernährung tut sich politisch
noch immer genau gar nichts. Ich soll zwar nicht mehr rauchen, durfte im
ersten Lockdown nicht einmal auf einer Parkbank sitzen, aber Kellogg’s darf
weiter für Übergewicht sorgen?
## Verschwendung, Vermüllung, miese Arbeitsverhältnisse
Am Ende relativiert sich vieles. Schließlich weiß man, dass Edeka auch
nicht gerade ein Biomarkt außerhalb des Niedriglohnsektors ist. Sie tun auf
gut – wollen sich sogar als „Robin Hood für die Kunden“ verkaufen – si…
aber auch nur, solange es opportun erscheint. Hinten heraus herrschen auch
hier Verschwendung, Vermüllung, miese Arbeitsverhältnisse. Edeka wird zwar
nicht zu den Discountern gezählt (Tochter Netto schon), aber die Grenzen
sind da ohnehin fließend. Ob sie Kellogg’s im Sortiment führen oder nicht,
macht im Grunde keinen großen Unterschied. Ihre Eigenmarkensmacks sind auch
nicht gesünder.
Essen ist ein gesellschaftlich wichtiges Thema: Man kann sich vielleicht
nicht gesund essen, krank essen aber schon. Händler dieser Welt, folgt
Edeka! Weg mit Kellogg’s! Doch: So einfach läuft es leider nicht. Es wird
ein bisschen verhandelt, am Ende steht Kellogg’s auch wieder da, wo es
immer stand. Und wenn nicht, steht es beim Wettbewerber.
Als vor ein paar Monaten nirgendwo mehr Haribo-Sachen zu haben waren, aus
denselben Gründen, musste ich hart schlucken. Bin dann auf eine Alternative
ausgewichen. Auf Dauer war das aber nicht so das Wahre.
Dabei komme ich sogar aus der Katjes-Stadt.
27 Sep 2023
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## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Frühstück
Einzelhandel
Lebensmittelindustrie
Bundestag
SO36
Schwerpunkt Klimawandel
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